Boston – Wissenschaftler des Massachusetts General Hospital http://massgeneral.org gehen davon aus, dass Geräusche, das Sehen oder Gerüche die Reaktion auf schmerzhafte medizinische Behandlungen fast unmerklich verändern können. Das Team um Karin Jensen denkt dabei an Reaktionen, die einem Placebo-Effekt ähnlich sein könnten. Damit werden Konzepte bestärkt, die davon ausgehen, dass unser Verhalten die Folge von unbewussten Reaktionen sein dürfte, die an frühere Ereignisse erinnern. Details der Studie wurden in den Proceeding of the National Academy of Sciences http://pnas.org veröffentlicht.
Antrainierte Konditionierung nutzen
Der Placebo-Effekt tritt ein, wenn Kranke sich besser fühlen, obwohl sie nur eine Behandlung mit Substanzen ohne aktive Wirkstoffe erhalten haben. Dazu gehören auch Zuckertabletten oder sogar das Gespräch mit einem Arzt. Man nimmt an, dass dieser Effekt funktioniert, weil die Menschen in Laufe ihres Lebens darauf konditioniert wurden, sich nach der Einnahme einer Tablette oder einem Arztbesuch besser zu fühlen.
Bisher wurde davon ausgegangen, dass dieser Effekt nur dann eintritt, wenn Menschen wissen, dass sie behandelt werden. Jetzt sieht es aber so aus, als ob unterschwellige Informationen etwas Ähnliches wie den Placebo-Effekt und seinen negativen Zwilling, den Nocebo-Effekt, auslösen können. Für die aktuelle Studie zeigten die Wissenschaftler 40 Freiwilligen am Computerbildschirm zwei verschiedene Bilder. Ein Bild entsprach einem kurzen aber schmerzhaften Wärmeimpuls am Arm. Das andere Bild entsprach einem weniger schmerzhaften Impuls.
Bilder-Experimente geben Aufschluss
Jedes Mal wenn die Bilder gezeigt wurden, musste das Ausmaß des Schmerzes auf einer Skala von schmerzfrei bis unerträglich bewertet werden. In einem nächsten Schritt wiederholten 20 Teilnehmer den Test. Dieses Mal wurden beide Bilder jedoch mit dem gleichen Ausmaß an Hitze in Zusammenhang gebracht. Da die Teilnehmer jedoch gelernt hatten, von jedem Bild ein anderes Ausmaß an Schmerz zu erwarten, bewerteten sie die Impulse mit dem schmerzvolleren Bild weiter schwerer als jene, die mit dem weniger schmerzhaften Bild assoziiert waren.
Abschließend wurden den anderen 20 Freiwilligen die Bilder erneut gezeigt und bei beiden Bildern wurde die gleiche Menge an Hitze eingesetzt. Diese Gruppe sah jedes Bild jedoch nur zwölf Millisekunden lang. Aus diesem Grund konnten die Teilnehmer nicht bewusst unterscheiden, welches der beiden Bilder sie sahen. Trotzdem konnten sie sie unterbewusst unterscheiden. Die Folge waren die gleichen Ergebnisse wie bei der ersten Gruppe.
Signale ans Unterbewusstsein steuern
Laut Fabrizio Benedetti von der Universita di Torino http://www.unito.it werden menschliches Verhalten und emotionale Erfahrungen häufig von Reizen geleitet, die außerhalb des Bewussten liegen. „Die Placebo-Reaktion erweist sich wieder einmal als exzellentes Modell für das Verstehen des Gehirns“, so der Forscher.
Jensen selbst geht davon aus, dass es das Identifizieren von Signalen, die die Heilung unterbewusst unterstützen können, ermöglichen sollte, sie auch in die tägliche medizinische Praxis zu integrieren. Gleichzeitig sollte es möglich sein, die Patienten weniger Reizen auszusetzen, die ihre Gesundung hemmen können. Joel Voss von der Northwestern University http://northwestern.edu ist skeptisch. Seiner Meinung nach ist es zu schwierig, unterbewusste Signale auch an einem Krankenhaus entsprechend einzusetzen.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Michaela Monschein
Angst vor dem Zahnarzt: Placebo im Kopf nützlich (Foto: pixelio.de, by-sassi)