Moskau/Berlin/Kassel – Der russische Energie-Gigant und Erdgasproduzent Gazprom http://gazprom.com will seine bereits knapp 50-prozentige Beteiligung am hessischen Gashändler Wingas http://wingas.de weiter erhöhen. Durch diesen Schritt plant Gazprom am deutschen Energiemarkt stärker Fuß zu fassen als es bislang der Fall war. Dies geht hervor aus einem aktuellen Agenturbericht von Interfax, der sich auf Aussagen von Brancheninsidern stützt.
Kritische Wettbewerbsbehörde
Insbesondere die Vermarktung und Lagerung von Gasbeständen spielt hierbei für Gazprom eine große Rolle. Bei Wingas handelt es sich um ein Joint Venture. Neben den Russen ist daran Deutschlands größter Erdöl- und Erdgasproduzent Wintershall http://wintershall.com beteiligt, der wiederum zu BASF gehört. Gegenüber pressetext gibt sich Wintershall zugeknöpft. Das Interesse von Gazprom an einer Anteilserhöhung sei „an sich nichts wirklich neues“, so Wintershall-Sprecher Michael Sasse: „Marktgerüchte kommentieren wir aber grundsätzlich nicht.“
Gazprom, die aufgrund ihres Naheverhältnisses zu Altkanzler Schröder und des Sponsorings des Bundesligisten Schalke 04 einer breiteren Öffentlichkeit bekannt ist, wird von der europäischen Wettbewerbsbehörde allerdings mit Argusaugen betrachtet. Diese hat erst vor wenigen Tagen ein Verfahren gegen Gazprom wegen des Verdachts auf Missbrauch seiner Marktdominanz in Ost- und Mitteleuropa eröffnet. Kritisch wird somit auch die geplante Aufstockung der Wingas-Anteile gesehen. Der russische Gasmonopolist mit Sitz in Moskau zeichnet verantwortlich für ungefähr 30 Prozent der deutschen und rund 25 Prozent der gesamteuropäischen Gasimporte.
Politisches Hick-hack
Von Unternehmensseite möchte man die möglichen Vorhaben grundsätzlich nicht kommentieren. Der deutsche Markt ist Gazprom wichtig. Erst kürzlich verhandelte der Konzern mit dem Energie-Versorger RWE über ein europäisches Kraftwerksprogramm, jedoch ohne erfolgreichen Abschluss. Zwischen Russland und der EU kommt es in der Frage der Erdgas-Versorgung immer wieder zu diplomatischen Scharmützeln. Im Zuge des jüngst eingeleiteten Verfahrens gegen Gazprom unterstellte Wladimir Putin der EU, damit von der Schuldenkrise ablenken zu wollen. Er stellte mittlerweile den Konzern mittels Dekret unter staatlichen Schutz.
Aufgrund von in der Vergangenheit zu hoch angesetzten Absatzpreisen muss Gazprom seinen europäischen Abnehmern nun Rückzahlungen zukommen lassen. Im ersten Geschäftsquartal waren dies 1,9 Mrd. Euro. Bis Jahresende soll eine weitere Milliarde folgen. Einer der Hauptprofiteure davon ist E.ON. Dies wirkt sich auf den Konzernüberschuss aus. In den ersten drei Monaten dieses Jahres schrumpfte deswegen der Quartalsgewinn um beinahe ein Viertel auf 8,8 Mrd. Euro.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Sebastian Köberl
Berliner Sitz: Gazprom hat große Pläne (Foto: gazprom-germania.de)