Cambridge – Wissenschaftler haben die bisher genaueste Analyse des menschlichen Genoms veröffentlicht. Das internationale Team um Ewan Birney vom European Bioinformatics Institute http://www.ebi.ac.uk hat dabei entdeckt, dass ein viel größerer Teil unseres genetischen Codes aktiv ist als bisher angenommen. Die Forscher hoffen, dass diese Ergebnisse zu einem besseren Verständnis und damit zu neuen Behandlungsmöglichkeiten für zahlreiche Krankheiten führen werden.
Drei Mrd. Genpaare analysiert
An dem Projekt haben mehr als 400 Wissenschaftler in 32 Forschungseinrichtungen in Großbritannien, Amerika, Spanien, Singapur und Japan teilgenommen. Ihre Forschungsergebnisse werden jetzt in insgesamt 30 wissenschaftlichen Publikationen in Nature http://nature.com Genome Biology http://genomebiology.com und Genome Research http://genome.cshlp.org veröffentlicht.
Die Encyclopedia of DNA Elements (Encode) http://de.wikipedia.org/wiki/ENCODE wurde 2003 mit dem Ziel ins Leben gerufen, alle funktionalen Elemente des menschlichen Genoms zu identifizieren. 2007 wurde ein Pilotprojekt, das ein Prozent des menschlichen Genoms untersucht hatte, veröffentlicht. Jetzt hat das Encode-Team die drei Mrd. Paare des genetischen Codes analysiert, die die menschliche DNA ausmachen.
Dabei zeigte sich, dass 80 Prozent unseres Genoms eine spezifische Funktion erfüllen. Bis jetzt konzentrierte sich die Aufmerksamkeit auf die proteinkodierenden Gene, die allerdings nur zwei Prozent des Genoms ausmachen. Gene sind kleine Bereiche der DNA, die Anweisungen enthalten, welche Chemikalien, also welche Proteine, produziert werden sollen. Das Encode-Team analysierte den großen Bereich der DNA, der fallweise als „Müll-DNA“ bezeichnet wurde, da er so wenig spezifische Funktionen zu haben schien und über den nur wenig bekannt war.
Vier Mio. Gen-Schalter identifiziert
Laut Birney gehört die Bezeichnung „Müll-DNA“ jetzt selbst auf den Müll. „Jetzt ist klar, dass ein viel größerer Teil des Genoms biologisch aktiv ist, als bisher angenommen.“ Die Wissenschaftler haben zusätzlich vier Millionen Gen-Schalter identifiziert. Dabei handelt des sich um Bereiche der DNA, die kontrollieren, welche Gene in den Zellen aktiviert werden oder auch nicht.
Diese Schalter befinden sich laut den Forschern häufig weit entfernt von dem Gen, das sie kontrollieren. Birney zeigt sich in einem BBC-Bericht davon überzeugt, dass damit ein genaueres Verständnis der menschlichen Biologie ermöglicht wird. „Viele der identifizierten Schalter stehen mit Veränderungen in Zusammenhang, die das Risiko von Herzerkrankungen, Diabetes oder psychischen Erkrankungen beeinflussen können.“
Dennoch wird es wahrscheinlich noch Jahre dauern, bis die Patienten Vorteile von den Ergebnissen haben. Ian Dunham, ein Mitglied des Encode-Teams, betonte allerdings, dass die neuen Daten letztlich Vorteile für alle Bereiche der Erforschung von Krankheiten bringen könnten. „Encode ermöglicht eine ganze Reihe sehr wertvoller Hinweise zur Entdeckung der Mechanismen, die bei Gesundheit und Krankheit eine entscheidende Rolle spielen. Sie können für die Entwicklung neuer Medikamente eingesetzt werden“, so Dunham.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Michaela Monschein
Genom: 80 Prozent haben eine bestimmte Funktion (Foto: SPL)