Birmingham/Kiel – Jeder Torrent-Nutzer wird von Abmahn-Firmen beobachtet. Zu diesem Schluss kommen Forscher der Birmingham University http://birmingham.ac.uk , die Filesharing-Portale über einen Zeitraum von drei Jahren beobachtet haben. Die Experten zeigen sich vom Ausmaß der Kontrollen „sehr überrascht“. Inhaber von Urheberrechten könnten mit den gesammelten Daten im Internet durchgreifen und eine Abmahnwelle lostreten.
Gesetze werden interpretiert
„Es gibt zwar Gesetze, die das regeln, die aber von bestimmten Interessengruppen nach Bedarf interpretiert werden. Die grundlegende Frage ist, ob es offensichtlich rechtswidrig ist. Es gibt viele Fälle von Abmahnungen gegen Minderjährige, die irgendwo im Internet eine Datei heruntergeladen haben. Weil Minderjährige keinen Vertrag mit dem Internet-Anbieter abschließen können, müssen ihre Eltern für ihre Kinder haften. Das widerspricht dem Minderjährigenschutz“, sagt Rechtsanwalt Siegfried Exner http://kanzlei-exner.de gegenüber pressetext.
Für die Studie wurde eine Programm entwickelt, das sich als Torrent-Nutzer ausgibt und dabei Zugriffe von externen Quellen protokolliert. Dabei wurde festgestellt, dass die Überwacher nicht zwischen kommerziellen und gelegentlichen Nutzern unterscheiden. „Sie müssen nicht übermäßig downloaden, um von den Kontrollmechanismen erfasst zu werden. Sobald Sie einen einzigen Film herunterladen, sind Sie auf einer schwarzen Liste“, erklärt Forschungsleiter Tom Chotia.
Unternehmen sitzen auf Daten
Vor allem aktuelle und beliebte Torrents werden von Abmahn-Firmen kontrolliert. „Wenn die Datei unter den Top-100 ist, wird man innerhalb von wenigen Stunden erfasst. Weniger populäre Inhalte werden zwar nicht so penibel bewacht, dennoch werden die Downloads in der Regel registriert.
Bei der Untersuchung wurden zehn verschiedene Überwachungs-Firmen festgestellt. Darunter befinden sich Sicherheitsunternehmen, Urheberrecht-Organisationen und Forschungsinstitute. Die größten Firmen konnten aber nicht enttarnt werden, weil sie ihren Datenverkehr auslagern. Was mit den gesammelten Daten passiert, ist unklar. „Viele Unternehmen sitzen einfach auf den Daten. Das Überwachen von Torrent-Downloads ist sehr unkompliziert. Wahrscheinlich denken sie, dass es nicht schadet, diese Daten zu sammeln, denn sie könnten ja in Zukunft sehr wertvoll sein“, beurteilt Chotia.
„Abmahnwahnsinn“ hat Methode
Die Musikindustrie steht für ihre Abmahn-Praxis auf der ganzen Welt in der Kritik. Unlängst wurde ein 25-jähriger Amerikaner zu einer Strafe von 675.000 Dollar verurteilt, weil er insgesamt 31 Lieder aus dem Internet heruntergeladen hatte. Die Recording Industrie Association of America http://riaa.com kommentiert das Urteil mit den Worten: „Wir sind darüber sehr erfreut.“
Weniger erfreut sind Organisationen und Anwälte, die sich dazu entschlossen haben, gegen den „Abmahnwahnsinn“ vorzugehen. „Die Abmahnwelle, die ständig zunimmt, basiert auf einem Gesetz aus dem Jahre 1969. Es ist an der Zeit, dass diese Regelung endgültig eingedämmt wird“, betont Exner, der eine eigene Webseite http://gegen-abmahnung.de zu dem Thema eingerichtet hat. Laut dem Anwalt hat das jetzige System keinen Sinn: „Im Wahrheit werden diese Verfahren nur für die Anwaltskosten geführt.“
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Peter Oslak
Piraterie: Musikindustrie wird heftig kritisiert (Foto: flickr.com/epicfu)