Faire Löhne und Gehälter in Ostholstein – Verurteilung von Lohndumping und sittenwidriger Bezahlung

Eutin. Faire und angemessene Löhne und Gehälter in Ostholstein fordern in einer gemeinsamen Erklärung der Landrat des Kreises Ostholstein, Reinhard Sager, Kreishandwerksmeister Ulrich Mietschke, der Vorsitzende des DEHOGA Kreisverbandes Ostholstein, Peter Lüttgens, der Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Lübeck, Wolfgang Werner, und der Geschäftsführer des Jobcenters Ostholstein, Karsten Marzian. Vor allem müssen die Arbeitgeber die allgemeinverbindlich erklärten Tarifverträge einhalten, wenigstens die Mindestlöhne nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz oder auf jeden Fall ortsübliche Entgelte bezahlen.

 

Mit einem durchschnittlichen Bruttoarbeitsentgelt für Vollzeitbeschäftigte von 2.235 Euro liegt Ostholstein nach der aktuellen Erhebung aus 2010 an fünftletzter Stelle unter allen westdeutschen Kreisen und kreisfreien Städten und letzter Position in Schleswig-Holstein.

 

Während das durchschnittliche Bruttoarbeitsentgelt für Vollzeitbeschäftigte in Westdeutschland 2.835 Euro betrug, waren es in Schleswig-Holstein 2.517 Euro. Dies ist insbesondere auf den mit 46 Prozent sehr hohen Anteil von Arbeitsplätzen im Handel, in der Gastronomie sowie in den Bereichen Gesundheit und Pflege in Ostholstein zurückzuführen.

In diesen Branchen liegen die Vergütungen bedauerlicherweise unter dem Niveau im Verarbeitenden Gewerbe und in Industriebetrieben, die in Ostholstein unterdurchschnittlich vertreten sind.

Die meisten Arbeitgeber in Ostholstein zahlen zwar die festgelegten oder ortsüblichen Löhne und Gehälter, immer wieder gibt es aber Fälle, in denen tarifliche Bezahlungen,

Mindestlöhne oder auch ortsübliche Entgelte unterlaufen werden.

Eine Kundin des Jobcenters Ostholstein legte dort einen Einkommensnachweis vor, nach dem sie bei einer wöchentlichen Arbeitszeit von 14,5 Stunden einen monatlichen Verdienst in Höhe von 160 Euro erzielte. Dies ergab einen sittenwidrigen Stundenlohn von 2,76 Euro.

Nach einem Hinweis an den Arbeitgeber wurde der Verdienst auf 400,- Euro monatlich erhöht.

Ein Gebäudereiniger beantragte beim Jobcenter Ostholstein neben seinem Einkommen Arbeitslosgeld II. Seine Verdienstbescheinigung wies einen Stundenlohn von sechs Euro aus. Da die Branche unter das Arbeitnehmer-Entsendegesetz fällt, war mindestens der gesetzliche Mindestlohn in Höhe von 8,82 Euro zu zahlen. Auch hier hat der Arbeitgeber nach Hinweis durch das Jobcenter den Stundenlohn entsprechend erhöht, so dass der Verdienst nunmehr zur Bestreitung des Lebensunterhaltes ohne Arbeitslosengeld II ausreicht.

Ein gelernter Koch, der beim Jobcenter Ostholstein Arbeitslosengeld II bezog, nahm eine Vollzeittätigkeit in seinem Beruf in einem Restaurant auf. Im Arbeitsvertrag wurde ein monatliches Gehalt in Höhe von 900 Euro vereinbart. Nach dem Tarifvertrag für das Hotel- und Gaststättengewerbe ist für diese Tätigkeit ein Gehalt von mindestens 1.434 Euro zu zahlen. Da der Tarifvertrag allgemeinverbindlich ist, gilt dieser auch für Betriebe, die nicht Mitglied im Arbeitgeberverband sind. Durch Intervention des Jobcenters Ostholstein konnte hier ebenfalls eine Erhöhung des Gehaltes auf das vorgeschriebene Mindestmaß erreicht werden.

„In Ostholstein dürfen Dumpinglöhne und sittenwidrige Gehälter keine Chance haben. Die Beschäftigten müssen für ihre Arbeit mindestens nach den tarifvertraglichen, gesetzlichen oder ortsüblichen Regelungen bezahlt werden. Wenn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wegen Lohndumping oder sittenwidriger Bezahlung zusätzlich Arbeitslosengeld II erhalten müssen, handelt es sich um nicht zu tolerierenden Sozialleistungsmissbrauch“, erklärten Sager, Mietschke, Lüttgens, Werner und Marzian.

Das Bundesarbeitsgericht hat 2009 in einem Urteil entschieden, dass bei einer Abweichung von mehr als einem Drittel zwischen dem gezahlten und dem tariflichen oder ortsüblichen Lohn Sittenwidrigkeit und damit Lohnwucher vorliegt. In allen Fällen, in denen das Jobcenter Ostholstein eine sittenwidrige Bezahlung feststellt, werden entsprechende Ansprüche beim Arbeitgeber geltend gemacht und notfalls auch gerichtlich durchgesetzt.

Faire und angemessene Löhne und Gehälter sind auch ein wichtiger Hebel, um die aktuellen und vor allem die künftigen Fachkräftebedarfe in Ostholstein zu decken. Die großen Herausforderungen auf dem Arbeitsmarkt in Ostholstein werden an folgender Prognose deutlich: Bis 2025 sinkt die Zahl der Frauen und Männer im erwerbsfähigen Alter von 15 bis 65 Jahren in Schleswig-Holstein um 6,2 Prozent, in Ostholstein dagegen um nahezu das Doppelte (minus 11,7 Prozent) oder rund 15.000 Personen. Das ist fast die aktuelle Einwohnerzahl von Neustadt in Holstein.

Unternehmen, die ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gut bezahlen, werden auch künftig attraktive Arbeitgeber sein und leichter qualifizierte Beschäftigte finden. Das Einkommen eines Arbeitnehmerhaushalts sollte ausreichen, um ohne zusätzliches Arbeitslosengeld II auszukommen.

Kreis Ostholstein