Hamburg – „Sparen oder raus“ – so der Appell von Finanzminister Wolfgang Schäuble an Griechenland. „Beides wird eine Menge Kosten verursachen“, so die Einschätzung von Carsten Klude, Chefvolkswirt bei der Privatbank M.M. Warburg http://mmwarburg.de , im pressetext-Interview. Laut einer repräsentativen Online-Umfrage vom Marktforschungs-Dienstleister Toluna und Thöring Heer & Partner http://corpnews-media.de unter 1.000 Bundesbürgern wünschen sich mehr als 70 Prozent der Deutschen, dass die Hellenen zum Schutz des Euro die Gemeinschaftswährung verlassen.
„Was wäre die Alternative? Griechenland in der Eurozone zu belassen, würde ja auch bedeuten, dass die Auflagen der Troika erreicht werden müssten, um die nächsten Kredite zu erhalten. Es müsste gelingen 11 Mrd. Euro einzusparen“, so Klude. „Das ist vor dem Hintergrund der politischen Unsicherheiten sehr schwierig. Zurzeit gibt es ja nicht mal eine Regierung.“
Verständnis für die Wut der Griechen
Es ist nicht mehr fraglich ob, sondern wann die Kosten die Steuerzahler belasten werden. „Bei einem baldigen Austritt könnten in absehbarer Zeit hohe Kosten vor der Tür stehen“, schätzt Klude und warnt: „Man sollte aber auch nicht die Augen davor verschließen, dass wenn Griechenland in der Eurozone bleibt, auch dies hohe Kosten mit sich bringen wird. Nicht sofort, aber in den nächsten Jahren.“ Wenn Griechenland es nicht schafft, wieder auf eigenen Beinen zu stehen, werde sich die Frage des Austritts so oder so stellen. Die Chancen für eine Erholung sieht der Chefvolkswirt eher kritisch.
Trotz aller Sparzwänge zeigen viele Deutsche durchaus Verständnis für die Wut der Griechen. Mehr als 43 Prozent räumen ein, die Einhaltung der Sparverträge sei für die Bürger nicht länger zumutbar. Zum Zahlmeister für die Griechen wollen die Befragten jedoch nicht werden: Weniger als 30 Prozent sind der Meinung, alle Euro-Staaten sollten für die Schulden der Mitglieder mit schwachen Haushalten einstehen. Stattdessen sprechen sich rund 70 Prozent dafür aus, dass Griechenland das Spardiktat beendet, aus der Eurozone austritt und in eine geordnete Insolvenz geht.
Schwere Versäumnisse der Regierung
Aus Sicht von Kommunikationsprofis wurden in Griechenland entscheidende Fehler begangen: „Die Entwicklung in Griechenland zeigt schwere Versäumnisse der Regierenden. Statt für eine ‚Wir-werden-es-gemeinsam-schaffen‘-Stimmung zu sorgen und sich auf die Chancen des gemeinsamen Währungsraums zu konzentrieren, stehen allein die Risiken im Vordergrund der Diskussion. Das vermittelt Ängste bei den Bürgern und schlägt sich natürlich in den Wahlergebnissen nieder. Daraus sollten die Regierungen in ganz Europa lernen“, rät Claudia Thöring, Geschäftsführerin von Thöring Heer & Partner Kommunikationsberatung, auf Nachfrage von pressetext.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Caroline Bartz
Drachmen: griechische Alternative zum Euro (Foto: pixelio.de, stefanschwarz)