GBA: Anklage gegen vier mutmaßliche Al Qaida-Mitglieder – sogenannte Düsseldorfer Zelle

Karlsruhe (ots) – Die Bundesanwaltschaft hat am 26. April 2012 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf Anklage gegen den 30-jährigen marokkanischen Staatsangehörigen Abdeladim El-K., den 32-jährigen deutschen und marokkanischen Staatsangehörigen Jamil S., den 20-jährigen deutschen und iranischen Staatsangehörigen Amid C. sowie den 27-jährigen deutschen Staatsangehörigen Halil S. wegen Mitgliedschaft in der ausländischen terroristischen Vereinigung Al Qaida erhoben (§ 129b Abs. 1 i. V. m. § 129a Abs. 1 Nr. 1 StGB).

Die Angeschuldigten sollen im Auftrag der Al Qaida-Führung geplant haben, einen Terroranschlag in Deutschland zu verüben. Der Angeschuldigte El-K. ist zudem hinreichend verdächtig, diese beabsichtigte schwere staatsgefährdende Gewalttat im Rahmen einer Ausbildung in einem Al Qaida-Lager vorbereitet zu haben (§ 89a Abs. 1, 2 Nr. 1 StGB). Dem Angeschuldigten Halil S. werden darüber hinaus zahlreiche – überwiegend gewerbs- und bandenmäßig begangene – Urkundenfälschungen und Betrugstaten sowie ein Computerbetrug vorgeworfen, mit denen er finanzielle Mittel für das Anschlagsvorhaben beschaffen wollte (§ 263 Abs. 1 und 5, § 267 Abs. 1, 3 Satz 2 Nr. 1 und Abs. 4, § 263a Abs. 1 und 2 i. V. m. § 263 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 StGB).

 

In der nunmehr zugestellten Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:

Spätestens Anfang 2010 entschloss sich die Al Qaida-Führung um den inzwischen verstorbenen Shaik Atiyatallah al-Libi, in Europa und insbesondere auch in Deutschland Terroranschläge zu verüben. In der Folgezeit rekrutierte der damalige „Außenminister“ der Organisation, Scheich Younis Al Mauretani, deshalb militante Jihadisten, die nach einer Ausbildung im Umgang mit Sprengstoff und Verschlüsselungstechniken in Europa Al Qaida-Zellen aufbauen sollten.

Mit dem Aufbau einer Zelle zur Begehung von Anschlägen in Deutschland beauftragte die Al Qaida-Führung den Angeschuldigten El-K.

El-K. hatte sich im Jahr 2009 entschlossen, am gewaltsamen Jihad in Afghanistan teilzunehmen. Er reiste deshalb im Januar 2010 in ein Al Qaida-Ausbildungslager im afghanisch-pakistanischen Grenzgebiet, wo er im Umgang mit Schusswaffen sowie in der Herstellung von Sprengstoffen und elektronischen Zündvorrichtungen unterrichtet wurde. Zudem wurde er in die Verschlüsselungsmethoden und -programme der Terrororganisation eingewiesen und erhielt Zugriff auf Bombenbauanleitungen sowie Computerprogramme zur Produktion von Bekennervideos.

Im Mai 2010 reiste El-K. im Auftrag der Al Qaida-Führung nach Deutschland und rekrutierte die ihm aus seiner Studienzeit bekannten Mitangeschuldigten Jamil S., Amid C. und Halil S. für ein Anschlagsvorhaben. Die Attentatspläne wurden zunächst durch die Ausweisung des Angeschuldigten El-K. im Juli 2010 durchkreuzt. Mit Hilfe des Angeschuldigten Jamil S. gelang es El-K. jedoch, Ende November 2010 mit falschen Ausweispapieren erneut nach Deutschland einzureisen. Nunmehr begannen die Angeschuldigten, das Anschlagsvorhaben vorzubereiten. Zunächst indoktrinierte El-K. die Mitangeschuldigten mit den Zielen und Strategien von Al Qaida. Zudem unterrichtete er sie in konspirativem Verhalten und bereitete sie durch Kampfsporttraining auf das beabsichtigte Attentat vor. Daneben informierte El-K. sich ab Dezember 2010 über die Sicherheitsvorkehrungen an öffentlichen Gebäuden, Flughäfen und Bahnhöfen. Der Angeschuldigte Jamil S. nahm El-K. in seine Wohnung in Düsseldorf auf und sorgte für dessen Lebensunterhalt. Außerdem sollte er bei der Herstellung des Sprengstoffes mitwirken. Den beiden weiteren Angeschuldigten kamen vor allem logistische Aufgaben zu. So war Amid C. dafür verantwortlich, die verschlüsselte Kommunikation der Angeschuldigten sowohl untereinander als auch mit der Al Qaida-Führung sicherzustellen. Zudem bemühte er sich gemeinsam mit El-K. darum, weitere Personen für das Anschlagsvorhaben zu gewinnen.

Der Angeschuldigte Halil S. beschaffte zahlreiche Kontodaten mit den dazugehörigen Personalien, die für Vermögensstraftaten zur Finanzierung des Anschlagsvorhabens oder für die Internetbestellung von Chemikalien für das geplante Sprengstoffattentat verwendet werden sollten.

Nach einem Aufenthalt des Angeschuldigten El-K. in Marokko von Januar bis März 2011 suchten El-K. und Jamil S. ab Anfang April 2011 nach Möglichkeiten, Wasserstoffperoxid, Aceton und weitere für die Herstellung von Sprengsätzen nötige Materialien zu beschaffen. Zudem brachte El-K. dem Angeschuldigten Jamil S. bei, aus handelsüblichen Grundstoffen Sprengstoff herzustellen. Ende April 2011 versuchten sie in der Wohnung des Angeschuldigten Jamil S. aus Grillanzündern Hexamin für Initialsprengstoff zu gewinnen. Vor diesem Hintergrund ließ die Bundesanwaltschaft die Angeschuldigten Abdeladim El-K., Jamil S. und Amid C. am 29. April 2011 in Düsseldorf und Bochum festnehmen (vgl. Pressemitteilung Nr.18/2011 vom 30. April 2011).

Nach dem Ergebnis der Ermittlungen beabsichtigten die Angeschuldigten, einen aufsehenerregenden Terroranschlag in Deutschland zu verüben. Ein konkretes Anschlagsziel hatten sie allerdings noch nicht ausgewählt.

Dem Angeschuldigten Halil S. gelang es zunächst, seine Identität zu verschleiern und einer Festnahme zu entgehen. Den Vorgaben der Al Qaida-Führung entsprechend verfolgte er die Anschlagspläne in der Folgezeit weiter. Zum einen versuchte er, Schusswaffen nebst Munition zu beschaffen, zum anderen beging er Vermögensstraftaten, um das Anschlagsvorhaben zu finanzieren. Gemeinsam mit mehreren gesondert von der Staatsanwaltschaft Kiel verfolgten Personen verübte er zahlreiche Betrugstaten über eine Internetverkaufsplattform. Um seine Entdeckung zu verhindern, verwendete er dabei gefälschte Ausweispapiere und nutzte Wohnungen, die er unter Falschpersonalien angemietet hatte. Er wurde am 8. Dezember 2011 in Bochum festgenommen (vgl. Pressemitteilung Nr. 44/2011 vom 8. Dezember 2011). Die mutmaßlichen Mittäter der Betrugstaten hatte er nicht in seine Anschlagspläne eingeweiht.

Die Angeschuldigten befinden sich weiterhin in Untersuchungshaft.

Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA)