Der Eichenprozessionsspinner (lat. Thaumetopoea processionea) breitet sich witterungsbedingt in Deutschland weiter aus. Sowohl im Forst als auch im urbanen Grün, wie zum Beispiel in Parks, an Spielplätzen oder Alleebäumen tritt er verstärkt auf. Die Raupen des wärmeliebenden Schmetterlings schädigen nicht nur die Eichen. Sie besitzen Brennhaare, die zu Hautirritationen, Augenreizungen, Atembeschwerden bis hin zu allergischen Reaktionen führen können, wenn Menschen mit ihnen in Kontakt kommen. Experten schätzen das gesundheitsschädigende Potenzial des Eichenschädlings als sehr hoch ein.
Nicht nur aus Sicht des Waldschutzes ist das Insekt daher zu bekämpfen. Vom 6. bis 7. März 2012 hatten das Julius Kühn-Institut (JKI) und das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) i n Berlin Vertreter der zuständigen Bundes- und Landesbehörden, aber auch Experten aus Wissenschaft und Praxis zu einem Fachgespräch eingeladen.
Ausgangspunkt für die Diskussion waren neben der Schädigung der Eichen zunehmende Berichte über gesundheitliche Probleme von Forst- und Gartenarbeitern, aber auch von Anwohnern und Spaziergängern. Es wurde deutlich, dass die Brennhaare, die die Raupe ab dem dritten Larvenstadium ausbildet, eine direkte Gesundheitsgefährdung darstellen, die wegen ihres Verbleibs in den befallenen Flächen über lange Zeit anhält.
Der Schädling muss sowohl im Forst als auch im städtischen Grün aus Gesundheits- und Waldschutzgründen bekämpft werden. Darüber waren sich die versammelten Experten einig. „Der Eichenprozessionsspinner ist jedoch ein Wanderer zwischen den Welten – Einerseits ist er ein Pflanzenschädling, der z. B. im Forst auf Grundlage des Pflanzenschutzrechts grundsätzlich mit Insektiziden bekämpft werden kann“, erläutert Dr. Georg F. Backhaus, Präsident des Julius Kühn-Instituts. „Andererseits schädigt er die Gesundheit der Menschen. In solchen Fällen greift das Biozidrecht“, so Backhaus weiter.
Professor Dr. Dr. Andreas Hensel vom Bundesinstitut für Risikobewertung brachte es auf den Punkt: „Was ist schlimmer, die Wirkung der Brennhaare des Eichenprozessionsspinners oder Nebenwirkungen einer Insektizid-Anwendung?“ Hier müssen die für die Produktzulassung Verantwortlichen abwägen zwischen dem Risiko der Gesundheitsgefährdung durch den Schaderreger und den Nebenwirkungen, die von einem Insektizid ausgehen können.
Ein Problem, vor dem die Behörden stehen, ist, dass es bisher nur wenige wissenschaftlich belastbare umweltmedizinische Datenerhebungen über die Wirkung der Brennhaare gibt, wie sie im Fachgespräch von Ärzten der Kreisverwaltungen Teltow-Fläming in Brandenburg und Kleve in Nordrhein-Westfalen vorgestellt wurden.
Es wurde deutlich, dass die zu ergreifenden Maßnahmen zur Bekämpfung des Schädlings an die jeweilige Situation vor Ort angepasst sein müssen. Die Spanne reicht hier von der Sperrung befallener Areale, über den Einsatz von Insektiziden etwa aus der Luft, bis hin zu lokalen Maßnahmen, bei denen Raupennester und -haare von Spezialisten mit Vollschutz und Maske von Einzelbäumen abgesaugt werden. Von der Veranstaltung geht das Signal aus, dass alle beteiligten Behörden an einer gemeinsamen Strategie arbeiten müssen, um künftig Lösungen zum Schutz der Bürger, für das urbane Grün und den Erhalt der Eichenwälder anzubieten.
Zur Veranstaltung wird ein Berichtsheft erscheinen. Die Beiträge werden auf den Webseiten von BfR und JKI einsehbar sein.
Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)