Köln, 12.08.19 – Geht es den Ostdeutschen im Vergleich zur DDR heute besser oder schlechter? forsa hat dazu fast 30 Jahre nach dem Mauerfall 1.500 über 45 Jahre alte frühere DDR-Bürger befragt, die heute in den fünf neuen Bundesländern leben…Zwei Drittel der ehemaligen DDR-Bürger (65%) sind überzeugt, es gehe den Menschen heute besser als damals. 13 Prozent dagegen bewerten die Lebenssituation der Bevölkerung als schlechter, 14 Prozent sehen keinen Unterschied zum Leben in der DDR.
Für die eigene Person sehen 9 Prozent der über 45-Jährigen eine Verschlechterung. 18 Prozent sagen, heute gehe es ihnen persönlich „genauso wie früher“, für 69 Prozent hat sich die eigene persönliche Lage verbessert.
Die Männer beurteilen die Entwicklung positiver als die Frauen: 74 Prozent der Männer und 65 Prozent der Frauen erklären, dass sich ihr Leben seit dem Ende der DDR verbessert hat. Eine Verschlechterung der persönlichen Situation sehen überdurchschnittlich häufig die 55- bis 60-Jährigen (14%), die Hauptschüler und Befragten mit mittlerem Schulabschluss (11%) sowie vor allem die Bezieher niedriger Einkommen (29%).
Von den Anhängern der CDU, SPD, FDP und Grünen empfinden nur zwischen 1 und 3 Prozent, dass es ihnen heute schlechter geht als früher. Verhältnismäßig stärker ist diese negative Einschätzung unter den Anhängern der Linken (14%), der AfD (15%) und bei den Nichtwählern (18%).
Tief greifende Verlustgefühle bei früheren DDR-Bürgern Was beklagen die Menschen, die sich heute schlechter gestellt sehen als zur Zeit der DDR? 32 Prozent von ihnen sehen ihren Arbeitsplatz – anders, als zu DDR-Zeiten – nicht mehr als sicher an und haben Angst vorm Job-Verlust. 27 Prozent geben an, dass ihre Einkommen und ihre Renten heute niedriger seien als in der DDR. 23 Prozent macht es zu schaffen, dass die finanziellen Belastungen (wie Lebenshaltungskosten und Mieten) zu hoch geworden sind. 21 Prozent beklagen den Verlust von Stabilität und Sicherheit sowie eine generelle Zukunftsangst, die sie in der DDR nicht gekannt hätten. 17 Prozent hadern mit dem „Verlust von Zwischenmenschlichkeit“. In der DDR habe es nicht so viel Egoismus und Neid gegeben, dafür aber ein größeres Maß an ‚Miteinander‘. 16 Prozent bemängeln die schlechte Infrastruktur – Kinderbetreuung sowie Gesundheits- und Wohnungs-Versorgung hätten in der DDR besser funktioniert. 10 Prozent äußern ihren Unmut über die Politiker; einige äußerten sogar, die Politiker von heute seien „so korrupt wie in der DDR“. Nur 4 Prozent empfinden, dass es „zu viele Ausländer, Flüchtlinge“ gäbe.
1.820 Euro beträgt das durchschnittliche Haushaltsnettoeinkommen bei denen, denen es heute schlechter geht als während des SED-Regimes. Diejenigen, die ihre Situation positiv bewerten, haben im Durchschnitt 3.000 Euro netto zur Verfügung. Von denen, die es heute schlechter finden als damals, würden 30 Prozent AfD wählen. Von denen, die es heute besser finden als damals, würden 18 Prozent AfD wählen. Von denen, deren Situation sich verbessert hat, leben 90 Prozent gern in ihrer Heimat. Von denen, deren Leben sich verschlechtert hat, fühlen sich nur 68 Prozent wohl in ihrem Wohnort.
forsa-Chef Prof. Manfred Güllner gegenüber der Mediengruppe RTL: „Dass ein Teil der früheren Bürger der DDR die eigene Lebenssituation heute im Vergleich zu der Zeit vor 1989 als schlechter einschätzt, hat nur zum Teil objektive ökonomische Ursachen: Geringes oder geringeres Einkommen bzw. niedrigere Rente, Angst vorm Verlust des Arbeitsplatzes etc. Hinzu kommen generelle in der DDR nicht erlebte Gefühle der Verunsicherung und ausgeprägte Ängste vor der Zukunft. Diese Statusängste und das Empfinden subjektiver Benachteiligung treiben viele derer, die ihre Lebenssituation heute im Vergleich zur DDR als schlechter einschätzen, in die Arme der AfD.“
Die Daten zur Befindlichkeit früherer DDR-Bürger wurden vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut forsa vom 6. 8. – 9.8. 2019 erhoben. Datenbasis: 1.500 frühere DDR-Bürger, die heute immer noch in den fünf neuen Bundesländern leben und über 45 Jahre alt sind.
Aussender: Alessia Gerkens, Dr. Peter Matuschek
Redaktion: Torben Gösch