- Amnesty International fordert Google dazu auf, Pläne für eine zensierte Suchmaschine für den chinesischen Markt aufzugeben
- Andernfalls macht sich der Internetkonzern mitschuldig an den systematischen Menschenrechtsverletzungen und verstößt gegen internationale Standards sowie gegen seine eigenen Richtlinien
BERLIN, 27.11.18 – Der Internetkonzern Google plant offensichtlich kommendes Jahr mit einer Such-App mit dem Codenamen „Dragonfly“ (Libelle) auf den chinesischen Markt zurückzukehren…
Aufgrund bekannt gewordener Informationen befürchtet Amnesty International, dass Dragonfly die massiven Zensurvorgaben der chinesischen Regierung übernimmt und auch die staatliche Überwachung ihrer Nutzer ermöglicht. „Falls die geplante Such-App nur eine streng zensierte Online-Suche möglich macht, kommt das einer Zusammenarbeit Googles mit einer der repressivsten Regierungen gleich“, sagt Markus N. Beeko, Generalsekretär von Amnesty International in Deutschland.
2010 hatte sich Google aus China zurückgezogen, als Grund nannte das Unternehmen damals die Beschneidung der Meinungsfreiheit im Internet. „In den vergangenen Jahren hat die chinesische Regierung ihre Kontrolle über den digitalen Raum massiv verstärkt“, sagt Beeko. „Die Zensur-Mechanismen sind noch wirkungsvoller geworden:
Es gibt keinen einfachen Zugang zu unzensierten Medien, es gibt keine freie Meinungsäußerung, es gibt keine Chance, sich frei im Internet zu bewegen. Und die systematische Überwachung im Digitalen wird zunehmend verknüpft mit weiteren Überwachungsmaßnahmen in der gesamten Lebenswelt der Menschen.“
„Der Grund, aus dem Google 2010 dem chinesischen Suchmaschinenmarkt den Rücken kehrte, ist heute gültiger denn je“, sagt Beeko. „Damals lautete Googles Leitspruch ‚Don’t be evil‘, tu nichts Böses. Google zog sich damals konsequenterweise aus China zurück, denn wer in China Internetdienste anbieten will, muss sich zum Komplizen weitgehender Einschränkungen der Menschenrechte machen. Heute lautet das Credo ‚Do the right thing‘, tu das Richtige. Wenn Google CEO Sundar Pichai das Richtige tun will, muss er das Projekt Dragonfly umgehend stoppen.“
Im August bereits hat Amnesty gemeinsam mit anderen Menschenrechtsorganisationen Google-Chef Sundar Pichai dazu aufgefordert, die Internetzensur in China nicht durch eine Suchmaschine zu fördern, die sich den einschneidenden Vorgaben der chinesischen Regierung unterwirft. Google reagierte bisher nur mit der wenig sagenden Antwort „man respektiere die Rechte seiner Nutzer“. Fragen zu Dragonfly wurden nicht beantwortet. Amnesty hofft, dass Pichai bei der anstehenden Anhörung vor dem Gesetzgebungsausschuss des US-Repräsentantenhauses erklären wird, wie er verhindern will, dass Dragonfly dazu beiträgt, Meinungsfreiheit und Privatsphäre in China zu verletzen.
Aussender: AMNESTY INTERNATIONAL DEUTSCHLAND e. V.
Redaktion: Torben Gösch