Deutsche lehnen mehr Streit in der Politik ab

  • CDU/CSU verliert über eine Million Wähler an die Grünen, aber nur 220.000 an die AfD
  • Politischer Streit stößt die Bundesbürger ab

Köln, 12.11.18 – Viele Politiker, Journalisten und Politikwissenschaftler fordern, dass nach dem Ende der Ära Merkel in der deutschen Politik wieder mehr gestritten werden solle…

Nach den Ergebnissen des aktuellen RTL/n-tv-Trendbarometers sieht die überwiegende Mehrheit der Deutschen dies anders: Nur 18 Prozent der Bundesbürger würden begrüßen, wenn es „mehr Streit und Auseinandersetzungen zwischen den politischen Parteien“ gäbe. 79 Prozent sind dagegen. Die Ablehnung einer auf Konfrontation angelegten Politik hat bei den Anhängern aller Parteien eine große Mehrheit. Eine etwas größere Streitlust gibt es nur bei Anhängern der Linken (30%) und der AfD (32%).

forsa-Chef Prof. Manfred Güllner gegenüber der Mediengruppe RTL: „Die meisten Deutschen wollen, dass die Parteien wieder zu mehr Übereinstimmung in politischen Fragen finden. Der seit 2015 von Horst Seehofer und seiner CSU inszenierte Dauerstreit innerhalb der Union hat die Menschen abgestoßen.“

Die meisten Unions-Abwanderer wählen grün

In der öffentlichen Diskussion wird häufig angenommen, dass die Unions-Parteien bei den Landtagswahlen in Hessen und Bayern etwa gleich viele ihrer Wähler an AfD und Grüne verloren hätten. Eine Analyse der Wählerbewegungen zwischen der Bundestagswahl 2017 und den Landtagswahlen 2018 zeigt aber: In Bayern und Hessen haben – wie sich aus forsa-Wählerbefragungen an den Wahltagen ergibt – rund viermal mehr Unions-Wähler von 2017 Grüne als AfD gewählt. Von 100 Unions-Abwanderern haben in Bayern 26, in Hessen 41 grün gewählt. Zur AfD wechselten in Bayern hingegen nur 7, in Hessen 9 von 100 der Unions-Abwanderer.

Wenn jetzt Neuwahlen für den Bundestag stattfänden, würde der Wähleranteil der Union um rund 6 Prozentpunkte von 32,9 auf 27 Prozent (das entspricht einem Minus von rund 2.8 Millionen Wählern) schrumpfen. 36 Prozent dieser Abwanderer (oder rund eine Million) würden sich momentan für die Grünen entscheiden, aber nur 220.000 für die AfD. forsa-Chef Prof. Manfred Güllner gegenüber der Mediengruppe RTL: „Angesichts dieses im Vergleich zur Abwanderung zu den Grünen geringen Wählerverlustes an die AfD scheint die von Teilen der Union, insbesondere von Jens Spahn, geforderte Offensive zur Rückholung der AfD-Sympathisanten wenig sinnvoll. Eine Rückgewinnung der Abwanderungen zu den Grünen ist dagegen erfolgversprechender, zumal diese Abwanderer der politischen Mitte zuneigen.“

50 Prozent für schwarz-grüne Koalition

Im Vergleich zur Vorwoche bleiben die Umfragewerte der Parteien weitgehend unverändert. Im RTL/n-tv-Trendbarometer kann sich die SPD um einen Prozentpunkt verbessern (auf 14%), die Grünen verlieren einen Prozentpunkt (auf 23%). Bei allen anderen Parteien ändert sich nichts. Union und Grüne kämen derzeit bei einer Bundestagswahl zusammen auf 50 Prozent und hätten damit eine regierungsfähige Mehrheit. Die derzeit regierende „Große Koalition“ käme nur noch auf 41 Prozent und wäre damit ebenso wenig regierungsfähig wie Rot-Rot-Grün (46%).

Die Ergebnisse im Detail: CDU/CSU 27 Prozent (Bundestagswahl 32,9%), SPD 14 Prozent (20,5%), FDP 9 Prozent (10,7%), Grüne 23 Prozent (8,9%), Linke 9 Prozent (9,2%), AfD 13 Prozent (12,6%). 5 Prozent würden sich für sonstige Parteien entscheiden (5,2%). 23 Prozent aller Wahlberechtigten sind derzeit unentschlossen oder würden nicht wählen (Nichtwähler 2017: 23,8%).

Die Meinungen zum politischen Streit in Deutschland wurden vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut forsa im Auftrag der Mediengruppe RTL am 8. und 9.11.2018 erfragt. Datenbasis: 1.003 Befragte. Statistische Fehlertoleranz: +/- 3 Prozentpunkte.

Die Daten zur Abwanderung der Wähler von der CDU/CSU basieren auf einer Analyse von Wählerbefragungen von forsa am Wahltag in Bayern (3.146 Wähler) und in Hessen (2.853 Wähler) sowie 11.685 zwischen dem 2. Oktober und 9. November 2018 im Rahmen des RTL/n-tv-Trendbarometers befragten Wahlberechtigten im Bundesgebiet.

Die Daten zur Parteienpräferenz wurden vom Markt- und Meinungsforschungsinstitut forsa vom 5. – 9.11.2018 im Auftrag der Mediengruppe RTL erhoben. Datenbasis: 2.504 Befragte. Statistische Fehlertoleranz: +/- 2,5 Prozentpunkte.

Aussender: Lisa Fröhlig, Dr. Peter Matuschek, RTL/n-tv-Trendbarometer
Redaktion: Torben Gösch