Bremen, 28.10.18 – Wie politisch ist der Sport, wie politisch können oder sollen Sportvereine sein? Viele Themen der Vollversammlung der Deutschen Sportjugend (dsj) in Bremen streiften diese Frage…
Eine Antwort darauf gab Thomas Krüger, der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung. „Der Sport kann Gemeinschaften, Zugehörigkeiten und Identitäten schaffen. Er kann zur lokalen Verortung, ohne die es keine politischen Gemeinschaften geben kann, beitragen“, sagte Krüger in seinem Impulsvortrag vor dem höchsten Gremium der Jugendorganisation im Deutschen Olympischen Sportbund. „Fakt ist, dass Sportvereine eine politische Dimension haben, ob sie wollen oder nicht. Die Frage ist, ob sie sie wahrnehmen.“ Die großen Zahlen und der Stellenwert, den der Sport in unserem Gemeinwesen einnehme, machten deutlich, „wie zentral die Stellung der Aktiven und der Ehrenamtlichen für unsere Demokratie ist“. Krüger stellte heraus: „Sportvereine und -verbände sind wichtige Bausteine der sozialen DNA. Sie stehen im Austausch mit vielen anderen gesellschaftlichen Handlungsfeldern, werden von diesen beeinflusst und wirken selbst in die Gesellschaft hinein.“ Die Frage, wie politisch der Sport sein kann, drehte Krüger um und entgegnete: „Wie unpolitisch darf der Sport sein?“ Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung machte dabei klar: „Rassismus und Homophobie gehören nicht in unsere Gesellschaft, und ich bin froh, dass die Sportjugend hier zu den aktiven Akteuren gehört.“
Der wiedergewählte dsj-Vorsitzende Jan Holze skizzierte bei der Vollversammlung einige Fakten des Sports in Deutschland, bei deren Lösung die Unterstützung der Politik gefordert ist: Dass in Deutschland in den vergangenen 17 Jahren alle vier Tage ein Schwimmbad geschlossen worden ist, dass jedes fünfte Kind übergewichtig ist, dass die Sportanlagen unter dem Sanierungsstau leiden und dass es nicht ausreichend Freiwilligendienstplätze im gemeinnützigen, organisierten Sport für alle daran Interessierten gibt. „Die Freiwilligendienste“, betonte Holze, „sind ein Fundament unseres Sports und können gar nicht genug Unterstützung verlangen.“
Andreas Vroom, Präsident des Landessportbundes Bremen, skizzierte die Lage im Bundesland und stellte eine klare Forderung: „Jedes dritte Mitglied in unserem Landessportbund ist unter 19 Jahre, und jedes zweite Kind ist hier im Sportverein.“ Gleichwohl sei diese positive Situation „kein Selbstläufer. Es bedarf des Umdenkens, um diesen Pfeiler der Gesellschaft aufrecht zu erhalten. Wir brauchen bessere Rahmenbedingungen, die die Politik schaffen muss.“
Dr. Carsten Sieling, Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen, erinnerte an die ehrenamtliche Leistung der Engagierten in den Vereinen und bestätigte: „Wenn man einen gut organisierten Sport und seine Leistungen haben will, dann muss man auch politisch dafür etwas tun.“
Klare Bekenntnisse gab die Vollversammlung mit den einstimmigen Beschlüssen zu zwei neuen Positionspapieren ab: Sie unterstreichen zum einen die Forderung an die Politik, die Freiwilligendienste im Sport auszubauen und ihre Finanzierung sicherzustellen, und setzen zum anderen ein Zeichen für die Partner inner- und außerhalb des Sports, beim Thema „Prävention sexualisierter Gewalt im Sport“ mit einer klaren Stimme zu sprechen. Auch hier wird die Politik dringend gebeten, die Aktivitäten zum Kinder- und Jugendschutz zielgerichtet zu unterstützen.
Neue Veranstaltungsformate
Geprägt wurde die dsj-Vollversammlung auch von zwei neuen Veranstaltungsformaten. Zunächst vom „dsj-Campus“ mit 19 einstündigen Workshops, Diskussionen und Vorträgen, die am Samstagnachmittag in drei Blöcken die gesamte Bandbreite der Arbeitsbereiche und Aufgabenfelder der dsj aufzeigten. „Dieses Format bot den Delegierten die Möglichkeit, einen Teil der Vollversammlung aktiv mitzugestalten und einerseits Anregungen mit nach Hause zu nehmen und andererseits Impulse für die weitere Arbeit der dsj zu geben. Die ersten Reaktionen zeigen großes Interesse an dieser Möglichkeit“, freute sich der dsj-Vorsitzende Jan Holze.
Vor dem zweiten parlamentarischen Teil am Sonntagmorgen bot das neue „dsj-Frühstückscafé“ drei moderierte Gesprächsrunden zu den Themenfeldern „Olympia und Jugend“, „Sport und Politik“ sowie „E-Sport“ mit renommierten Persönlichkeiten. Gesprächspartner waren Willi Lemke, früher Sonderberater des UN-Generalsekretärs, der Kommunikationsspezialist Christian Klaue vom IOC, die künftige dsj-Geschäftsführerin Christina Gassner, der frühere DOSB-Vorstandsvorsitzende Dr. Michael Vesper sowie Thomas Krüger.
Ehrungen für verdiente Persönlichkeiten
Ihre Mitgliederversammlung nutzte die Deutsche Sportjugend, um verdiente Persönlichkeiten zu ehren. Die höchste dsj-Auszeichnung, den Diskus, erhielten Thomas Dyszack (Sportjugend Niedersachsen), Burkhard Knopp (Deutsche Sporttaucher-Jugend), Michael Leyendecker (DJK-Sportjugend), Harald Steckelbruck (Deutscher Hockey-Bund), Eckhard Stender (Deutscher Fußball-Bund) und Dr. Michael Vesper (DOSB).
Die Ehrengabe der Deutschen Sportjugend erhielten Lisa Druba (Sportjugend NRW), Corine Gambier (Deutsch-Französisches Jugendwerk), Jörg Gresch (Kegler- und Bowling-Jugend), Tamara Hernandez (CVJM), Volker Löschhorn (Luftsport-Jugend), Traude Mandel (Bayerische Sportjugend), Dr. Thomas Poller (Jugend trainiert für Olympia), Heike Rockahr (Triathlon-Jugend), Karin Scheinhardt, Wolfgang Thom (Basketball-Jugend) und Sascha Wunderlich (Sportjugend Sachsen-Anhalt).
Mit der Jugend-Ehrennadel ausgezeichnet wurden Katharina Ahlers (Sportjugend Nordrhein-Westfalen), Oliver Axthelm (Sporttaucher-Jugend), Laura Hantke (Sportjugend Nordrhein-Westfalen), Julia Jansen (Luftsport-Jugend), Lisa Kreth (Judo-Jugend), Friederike Lammert (Pferdesport-Jugend), Fabian Lerch (Bayerische Sportjugend), Lars Mittkowksi (Sportjugend Nordrhein-Westfalen), Jan Papenfuss (Leichtathletik-Jugend) sowie Paul Rathke (Sportjugend Sachsen-Anhalt).
Jan Holze einstimmig wiedergewählt
Bei den Vorstandswahlen am Samstag (siehe Pressemitteilung vom 27. Oktober 2018) war der seit 2016 amtierende Jan Holze (37 Jahre, Schwerin, Sportjugend Mecklenburg-Vorpommern) einstimmig für weitere zwei Jahre zum dsj-Vorsitzenden gewählt worden. Die weiteren Vorstandsposten nehmen nach den Neuwahlen Benjamin Folkmann (39, München, Deutsche Fußball-Jugend), Stefan Raid (48, Hamburg, Deutsche Basketball-Jugend), Tobias Dollase (45, Berlin, Sportjugend Berlin), Kirsten Hasenpusch (26, Dortmund, Deutsche Motorsport-Jugend), Luca Wernert (20, Tübingen, Special Olympics) und Christin Wunderlich (29, Halle, Sportjugend Sachsen-Anhalt) ein. Zudem gehört Martin Schönwandt (65, Frankfurt am Main) als dsj-Geschäftsführer zum Vorstand.
Aussender: Jan Holze, Deutsche Sportjugend
Redaktion: Torben Gösch