Berlin, Kiel, 13.09.18 – „Mehr Bildungsgerechtigkeit für ALLE Kinder durch tatsächliche Lernmittelfreiheit“ – mit dieser Forderung traten der DKSB-Bundesverband und der Landesverband Schleswig-Holstein gemeinsam mit der GEW in Kiel vor die Presse…
Der Schulbedarf müsse endlich realistisch und transparent ermittelt werden. Lernmittelfreiheit dürfe keine Mogelpackung bleiben.
„Es ist nicht länger hinnehmbar, dass viele Kinder und Jugendliche immer noch langfristig auf ihrem Bildungsweg benachteiligt werden, weil ihre Eltern sich die Ausgaben rund um den Schulbesuch nicht leisten können“ kritisierte Irene Johns, die Landesvorsitzende des DKSB in Schleswig-Holstein.
Eine vor drei Jahren vom Landtag in Kiel in Auftrag gegebene Studie habe längst bestätigt, dass die Kosten zu hoch seien, so Johns weiter. „Allein die Ausgaben für die für den Schulunterricht notwendige Grundausstattung, die alle Eltern leisten müssen, liegen mit durchschnittlich 400 Euro weit über den dafür vorgesehenen Leistungen des Bildungs-und Teilhabepakets (BuT) von 100 Euro. Und rechnen wir noch die Kosten für Sportschuhe, Taschenrechner, Schulausflüge oder Nachhilfeunterricht dazu sind wir schnell beim Zehnfachen des BuT- Basissatzes“, mahnte Johns.
Die sogenannte Lernmittelfreiheit, wie sie in Schleswig-Holstein und sieben weiteren Bundesländern besteht, reicht nach Ansicht des DKSB bei Weitem nicht aus. Anlässlich des Weltkindertages am 20. September setzt sich der Verband bundesweit für eine tatsächliche Lernmittelfreiheit ein.
„Die Bundesregierung muss endlich dafür sorgen, dass Bildungs- und Teilhabeleistungen bei allen Kindern ankommen, die einen Anspruch darauf haben“, forderte DKSB-Präsident Heinz Hilgers. „Aktuell leben mehr als 4,4 Millionen Kinder in Armut, aber nur ein Bruchteil von ihnen bekommt das Bildungs- und Teilhabepaket. Das liegt vor allem an der unglaublichen Bürokratie. Zudem sind einzelne Leistungen viel zu niedrig und willkürlich festgesetzt, so wie der Schulbedarf von 100 Euro“, so Hilgers weiter.
Astrid Henke, Landesvorsitzende der Bildungsgewerkschaft GEW, machte deutlich: „Eine echte Lernmittelfreiheit muss endlich auf den Weg gebracht werden. Arbeitsheft, Lektüre, Taschenrechner oder Tuschkasten sind notwendige Lernmittel, um erfolgreich in der Schule mitzuarbeiten. Es muss Schluss damit sein, Kinder und Jugendliche zu beschämen, die das nötige Geld nicht oder erst am nächsten 1. haben. Es muss Schluss damit sein, dass Lehrkräfte mit dem Abkassieren von Kopier- oder Zeichengeld beschäftigt sind statt mit den Unterrichtsinhalten.“
Unterstützt wird das Anliegen auch von der Arbeitsgemeinschaft der Landeselternbeiräte in Schleswig-Holstein sowie von Landesschülervertretern der Gymnasien und Gemeinschaftsschulen: „Tagtäglich erleben wir als Schülerinnen und Schüler in Schleswig-Holstein, was an Kosten für Schule anfällt. Das heißt, dass wir im Dialog zum Thema Schulkosten unbedingt angehört werden müssen, da wir konkrete Beispiele und somit Verbesserungsvorschläge nennen können. Zum Beispiel müssen oft in den Kernfächern sogenannte Arbeitshefte angeschafft werden. Das Problem jedoch ist, dass diese mindestens zehn Euro kosten und in den meisten Fällen kaum, beziehungsweise gar nicht genutzt werden“, so die 16jährige Christin von der LSV Gymnasien.
Nach Ansicht von DKSB und GEW ist die aktuelle Ausgestaltung von Lernmittelfreiheit und Bildungs- und Teilhabepaket nicht geeignet, um wirkliche Bildungsgerechtigkeit zu erreichen. Auch die von der Union kürzlich in dem Entwurf eines Bildungspapiers für eine Klausurtagung des Fraktionsvorstandes geforderte Erhöhung des Schulbedarfs im BuT um 20 Euro im Jahr lehnt der DKSB als deutlich zu gering ab.
Nach der UN-Kinderrechtskonvention hat jedes Kind ein Recht auf Bildung und Teilhabe. Das hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil zur Regelsatzermittlung 2010 noch einmal bekräftigt. Das Existenzminimum umfasse neben dem rein physischen Existenzminimum auch Bildungs- und Teilhabebedarfe. Diese müssten „in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren bemessen“ werden, so das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil.
Der Kinderschutzbund fordert deshalb:
1. Der tatsächliche Schulbedarf muss transparent und nachvollziehbar ermittelt und nicht willkürlich festgelegt werden.
2. Der Schulbedarf im Bildungs- und Teilhabepaket muss entsprechend angepasst werden und diese Anpassung muss an die Anhebung der Regelsätze gekoppelt werden, damit die Gewährleistung von Bildung- und Teilhabe nicht je nach Kassenlage verhandelbar ist.
2. ALLE Materialien, die für den Schulalltag notwendig sind, müssen kostenfrei zur Verfügung stehen. Lernmittelfreiheit darf keine Mogelpackung bleiben.
Aussender: Deutscher Kinderschutzbund Bundesverband e.V.
Redaktion: Torben Gösch