Rendsburg, 22.06.18 – Schleswig-Holsteins Innenstaatssekretär Torsten Geerdts und Landespastor Heiko Naß haben sich heute für den Aufbau einer flächendeckenden unabhängigen und freiwilligen Rückkehrberatung ausgesprochen…
Auf diese Weise könnten in vielen Fällen Abschiebungen von Migrantinnen und Migranten ohne Bleiberecht vermieden werden, betonten beide. In den vergangenen drei Jahren hatten Diakonie und Landesamt für Ausländerangelegenheiten im Rahmen eines AMIF-Projektes ein strategisches Konzept für die Rückkehrberatung erarbeitet. Dazu wurde heute bei einem Fachtag in Kiel Bilanz gezogen.
In Schleswig-Holstein fehlte lange Zeit ein landesübergreifendes Konzept für die Rückkehrberatung. Die Beratungsstellen verfolgten daher ganz unterschiedliche Strategien. Vor diesem Hintergrund riefen die Diakonie und das Landesamt für Ausländerangelegenheiten vor drei Jahren das Projekt „Strategisches Rückkehrberatungs- und Managementkonzept“ ins Leben, das vom Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der Europäischen Union mit 600.000 Euro gefördert wurde.
In der Folge wurden zunächst Daten und Fakten über die Personengruppen und Herkunftsländer zusammentragen, die von einem Rückkehrberatungskonzept profitieren könnten. Außerdem ermittelten die Partner, was Migrantinnen und Migranten für eine freiwillige Rückkehr benötigen und welche Voraussetzungen in den Herkunftsländern geschaffen werden müssen. In einem zweiten und dritten Schritt wurde das Konzept erarbeitet und in einer ersten Beratungsstelle getestet.
Im Ergebnis haben sich die Projektteilnehmenden auf bestimmte Prinzipien für eine Rückkehrberatung geeinigt, die beim Fachtag erneut hervorgehoben wurden. Demnach sollen rückkehrpflichtige und -willige Migrantinnen und Migranten ergebnisoffen und individuell beraten werden. Ihre Rückkehr soll in Würde und geschützt erfolgen. Darüber hinaus ist eine organisatorische und finanzielle Unterstützung der Ausreise vorgesehen sowie nachhaltige Hilfen für eine Reintegration in den Herkunftsländern.
Aus Sicht von Innenstaatssekretär Torsten Geerdts ist das Projektergebnis eine gute Grundlage für die Gesamtkonzeption einer flächendeckenden Rückkehrberatung. „Wenn nach einem langen und belastenden asyl- oder aufenthaltsrechtlichen Verfahren nicht das Aufenthaltsrecht, sondern die Verpflichtung steht, wieder ausreisen zu müssen, ist die Enttäuschung für die Betroffenen groß“, so Geerdts. „Der Staat muss die getroffene Entscheidung durchsetzen. Doch staatlicher Zwang kann immer nur das letzte Mittel sein. Betroffenen sollte eine Perspektive aufgezeigt werden, wenn ein Verbleib im Bundesgebiet nicht mehr möglich ist.“
Die Diakonie würde sich am Aufbau einer landesweiten unabhängigen und freiwilligen Rückkehrberatung beteiligen. „Ein menschenwürdiger Umgang mit Flüchtlingen bemisst sich auch daran, wie wir mit den Menschen umgehen, die hier keine Bleibeperspektive mehr haben“, sagte Landespastor Heiko Naß. „Wenn wir mit dem neuen Beratungskonzept eine Kultur der freiwilligen Rückkehr etablieren und ein gutes Leben im Herkunftsland nachhaltig sichern könnten, wäre das ein Gewinn für alle Seiten, für die ausführenden Behörden, die Ausreisepflichtigen und die Herkunftsländer.“
Unter dem Dach des Diakonischen Werkes Schleswig-Holstein arbeitet bereits eine erste mobile Rückkehrberatungsstelle. „Unsere bisherigen Erfahrungen zeigen, die freiwillige Rückkehrberatung ist wirksamer als Zwangsmaßnahmen und für die Betroffenen nachhaltiger“, so Heiko Naß weiter. „Diese Erfahrungen bringen wir gerne ein.“
Die Finanzierung der Rückkehrberatung ist allerdings noch unklar. Innenstaatssekretär Torsten Geerdts bedauerte, dass es nach der dreijährigen Projektphase nicht gelungen sei, weitere Fördermittel aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der Europäischen Union einzuwerben. „Im nächsten Schritt müssen die Projektergebnisse in ein Gesamtkonzept für Rückkehrberatung in Schleswig-Holstein sowie Förderung nachhaltiger Rückkehr und Reintegration einfließen. Von ausschlaggebender Bedeutung ist die regionale Kooperation der Migrationsfachdienste und Ausländer- bzw. Zuwanderungsbehörden – im Interesse der Betroffenen, um deren Zukunft es geht“, so Geerdts. Nach Angaben von Diakonie und Innenministerium laufen zurzeit auf Landes- und Bundesebene Gespräche, um doch noch eine Finanzierung der flächendeckenden Rückkehrberatung in Schleswig-Holstein auf den Weg zu bringen.
Aussender: Friedrich Keller, Diakonisches Werk Schleswig-Holstein; Dirk Hundertmark, Tim Radtke, Ministerium für Inneres, ländliche Räume und Integration (SH)
Redaktion: Torben Gösch