Scharbeutz, 13.06.18 – „Moin, moin“ höre ich hinter mir…wieder einmal! Es schaudert mich leicht…wieder einmal! Ein etwas beleibter, älterer Herr mit Schnauzer und einem schrecklichen Dialekt kommt direkt, und dazu lächelnd, auf mich zu…
Es ist Montag und ich bin beim Bäcker,…wie fast jeden Morgen. Eigentlich möchte ich mir doch nur etwas zu Essen für das Frühstück besorgen. Mein Magen knurrt und das Wetter watet bereits am Morgen mit stolzen 25° Grad und schwüler Luft auf. Ohne mich umzudrehen, antworte ich etwas unwirsch: „Entschuldigung, aber ich habe leider gar keine Zeit für ein Gespräch!“
Der quietschfidele Mann, dem Dialekt nach vermutlich ein Schwabe, schaut mich etwas verdutzt und fragend an. „Ja, aber,…ich habe Sie ja gar nicht angesprochen?!“ Scheinbar war mein Versuch, diesen etwas abzubremsen, mit Erfolg gekrönt, zumindest kurzfristig. Der Dialekt des vermeintlichen Schwaben wandelte sich nun auch spürbar in Richtung des Hochdeutschen, vermutlich weil er über meine Reaktion bemerken konnte, dass ich diese Art der Aussprache durchaus ebenfalls beherrsche. Als die Mundwinkel und übrige Gestik des Mannes die Drohungen übergaben, dass sich hier eventuell gleich eine mittelschwere Urlaubsdepression entwickeln könnte, klärte ich den Mann dann auf – „aber zum allerletzten Mal“, dachte ich bei mir.
„Wenn Sie in ein Geschäft kommen und nur grüßen möchten, dann heißt es bei uns einfach nur Moin, zu jeder Tages- und Nachtzeit. Möchten Sie aber einen Klönschnack provozieren, dann ist der korrekte Gruß MoinMoin, denn es bedeutet die Bereitschaft sich kurz und unverbindlich unterhalten zu wollen.“ Die Miene des Mannes hellte sich wieder auf, und das vorherige Lächeln breitete sich erneut über seinem Gesicht aus. Er murmelte vermutlich noch einen Dank, welchen ich aber nicht mehr ordnungsgemäß auffangen konnte und bestellte dann…“WECKEN“!
Die Fahrer eines neuen Audi- und eines Mercedes-Kombis, welche mittlerweile die gesamte Auffahrt, inklusive meines PKWs blockierten, unterhalten sich währenddessen lauthals über das Zechgelage am Vortag. Ob es nun an den kompletten Camp-David-Dresses der beiden lag, oder vielleicht auch nur an der etwas dekadenten Art zu Parken, im Resultat standen mir nun die Galle bis in den Hals und die Haare bis zu den Bergen.
„Auf keinen Fall Wecken, ich bin doch schon wach“, gab ich zum Besten. „Und wenn man morgens in Norddeutschland zum Bäcker geht, heißt es Moin und bestellt werden Brötchen oder Brot. Ach ja, und falls wir versäumt haben es auf Hochdeutsch zu erklären…die STVO gilt auch hier bei uns!“
Leider fühlt man sich im Sommer an der Ostsee manchmal wie ein kleiner Don Quijote, denn nur einige Minuten später reihte sich eine ähnliche Situation an. Ein paar Straßen weiter musste ich beobachten, dass ein PKW die halbe Spur der Bundesstraße zwischen Scharbeutz und Timmendorfer Strand zuparkte. Der Fahrer, laut Nummernschild ein Hamburger, stieg aus seinem Fahrzeug und überquerte schlendernd die Fahrbahn. Trotz der, direkt daneben zur Verfügung stehenden Fußgängerbrücke, hielt der Passant es nicht für passend, sich an die Verkehrsregeln zu halten und als Vorbild für die zahlreichen Kinder zu handeln, welche zur gleichen Zeit die Brücke benutzten. Da der „Schlendrian“ über den halben Körper tätowierte Schriftzüge spazieren trug, hielt ich in der Seitenstraße an und rief diesem hinterher: „Hey, wie wäre es mit einem neuen Tattoo? Liebe Kinder, Zweitligisten müssen sich nicht mehr an Regeln halten!“
Auch wenn das Nummernschild des Tätowierten „HH-SV…“ lautet, ist das noch lange kein Grund gewesen mir mit der Anzeige seines Mittelfingers zu antworten. Als Anwohner an der schönen Ostsee ist man zwar einiger Dialekte mächtig, aber diese spezielle, vorzugsweise scheinbar hamburger Zeichensprache kann ich bis heute nicht richtig verstehen.
Also liebe Urlauber,…natürlich sind alle Besucher an der Ostseeküste weiterhin herzlich willkommen. Generell wäre es aber zu begrüßen, wenn sich jeder auch im Urlaub an die üblichen Regeln hält, wenn Gehirne nicht zu Hause vergessen werden und man sich überall als eine Art „gutes“ Vorbild verhält. Wenn sich keiner als ein rüpelhaftes und gleichgültiges Gefahrenpotential für unsere Heimat und teilweise Kinder entpuppt, dann übersetzen wir Euch auch gerne jeden Tag die Unterschiede zwischen „Moin“ und „MoinMoin“, gerne auch mit einem frischen, norddeutschen Lächeln.
Aussender: TG
Zeichnung: (c) nichtlustig.de
Redaktion: Hallo-Holstein