Kiel, 18.12.17 – In Zusammenarbeit mit den Ländern führt das
Bundeskriminalamt (BKA) in diesen Wochen bundesweit Schulfahndungen
zur Identifizierung von Tätern und Opfern kinderpornografischer
Bildserien durch…
Auch Schleswig-Holstein ist in sieben sogenannte
Identifizierungsverfahren eingebunden. Das Landeskriminalamt (LKA)
fahndet mit richterlichem Beschluss und der Unterstützung des
Instituts für Qualitätsentwicklung an Schulen Schleswig-Holstein
(IQSH) noch bis zum 19. Januar 2018 an insgesamt 631 Grundschulen.
Damit die Fahndung nach gesicherten Standards läuft, ist der enge
Schulterschluss zwischen Innen- und Bildungsministerium sowie den
ausführenden Behörden LKA und IQSH – für die öffentlichen Schulen –
besonders wichtig.
Die Schulfahndung kommt als letztes Mittel zum Einsatz, wenn die
bisherigen Ermittlungen des BKA in Kooperation mit den
Polizeidienststellen der Länder nicht zur Identifizierung der Opfer
und/oder Täter geführt haben. „Aufgrund der Schulpflicht in
Deutschland gehen wir davon aus, dass es irgendwo im Land einen
Lehrer oder eine Lehrerin gibt, die eines der abgebildeten Kinder
erkennt „, sagt Torsten Heine, Leiter der Ansprechstelle
Kinderpornografie im LKA Schleswig-Holstein.
Der Aufwand der „zielgruppenorientierten Öffentlichkeitsfahndung“
ist enorm, aber der Erfolg gibt den Ermittlern recht: Nach Angaben
des BKA werden fast alle Missbrauchsopfer aufgespürt. In
Schleswig-Holstein hat es im Sommer 2017 den ersten Treffer gegeben.
Nach Hinweisen konnte in Lübeck ein inzwischen erwachsenes
mutmaßliches Opfer ermittelt werden. Der Stiefvater steht in
Verdacht, die Frau als Minderjährige sexuell missbraucht zu haben.
Jahre später hat ein Lehrer im Rahmen der letzten Schulfahndung seine
ehemalige Schülerin wiedererkannt.
„Das Fahndungsmittel ist an den Schulen sehr akzeptiert, obwohl es
zu einer erheblichen Mehrbelastung vor allem der Schulleiterinnen und
Schulleiter führt“, sagt Jürgen Sievers vom IQSH. “ Schließlich
müssen alle Lehrkräfte und alle pädagogischen Fachkräfte auf dem
Rechner der Schulleitung das Bildmaterial begutachten.“ Dennoch seien
alle Beteiligten vom Sinn der Maßnahme überzeugt. Sobald
LKA-Ermittler Torsten Heine die Daten der einzelnen
Ermittlungsverfahren persönlich bei ihm abgegeben hat und die
technischen Voraussetzungen erfüllt sind, gibt Sievers den
Startschuss für die Schulfahndung an den öffentlichen Schulen.
Weggucken geht nicht: Die Schulleiterinnen und Schulleiter sowie ihr
Kollegium sind per dienstlichem Erlass des Bildungsministeriums dazu
verpflichtet, die Schulfahndung zu unterstützen. Sie müssen jedoch
nicht befürchten, mit kinderpornografischem Bildmaterial konfrontiert
zu werden, sondern bekommen unverfängliche Fotos mit Gesichtern der
Kinder gezeigt.
„Sollte jemand meinen, ein Kind erkannt zu haben, muss er sich
keine Sorgen machen, dass die potenziell betroffene Familie durch
unsere Ermittlungen stigmatisiert wird“, sagt Torsten Heine. „Sie
können darauf vertrauen, dass wir das äußerst umsichtig abklären und
versuchen, den Verdacht zu verifizieren.“ Umgekehrt dürfen auch die
Lehrerinnen und Lehrer kein Bildmaterial oder Informationen an Dritte
weitergeben oder gar persönlich an mögliche Opfer herantreten. „Das
im Rahmen der Schulfahndungen engagierte Zusammenwirken der Polizei
mit den Lehrerinnen und Lehrern der schleswig-holsteinischen Schulen
für das gemeinsam angestrebte Ziel erlebe ich als besonders positiven
Aspekt meiner Tätigkeit in diesem besonderen Deliktsbereich“, betont
Heine.
Seit 2012 arbeiten LKA und IQSH bei Schulfahndungen eng zusammen.
Diese werden mittlerweile zweimal im Jahr durchgeführt – aktuell an
551 öffentlichen Schulen und 80 Privatschulen, darunter 42 dänische
Schulen des dänischen Schulvereins für Südschleswig. Datenschutz und
technische Sicherheitsvorkehrungen werden dabei groß geschrieben:
IT-Experte Tim Jungjohann vom IQSH schafft für die öffentlichen
Schulen eine gesicherte Plattform im Landesnetz, auf die
ausschließlich die jeweiligen Schulleiterinnen und Schulleiter
Zugriff haben. Jedes einzelne Verfahren ist verschlüsselt und kann
nur mit einem Passwort geöffnet werden. Die Bilder sind so
bearbeitet, dass sie nicht ausgedruckt werden können. Gemäß
Dienstanweisung dürfen die Bilder auch nicht kopiert oder
weitergeleitet werden. Die Privatschulen, die untereinander nicht
vernetzt sind, werden persönlich von einem Polizeibeamten aufgesucht,
der die Fahndungsunterlagen an die Schulleitung übergibt.
Auch wenn niemand im Kollegium eines der Missbrauchsopfer erkennt,
sind die Schulen angewiesen, bis Fristende eine Rückmeldung an das
LKA zu geben. Eine kleine schleswig-holsteinische Besonderheit: Die
Hallig-Schulen sind nicht an das Landesnetz angeschlossen und finden
andere Wege, an der Schulfahndung teilzunehmen, zum Beispiel, indem
sie mit Schulen auf dem Festland kooperieren.
Aussender: Landeskriminalamt Schleswig-Holstein, Carola Jeschke
Redaktion: Torben Gösch