KIEL, 15.12.17 – Anlässlich der heutigen (15.12.17) Landtagsbefassung mit dem Antrag „Haftpflichtproblematik für in der Geburtshilfe tätige Belegärzte“ erklärt Gesundheitsminister Dr. Heiner Garg: „Die Situation der Belegärzte am Marienkrankenhaus in Lübeck bestätigt als jüngstes Beispiel, dass das Thema Geburtshilfe dauerhaft unsere Aufmerksamkeit verlangt…
Ich begrüße das hier gezeigte Interesse deshalb sehr und kann sagen, dass wir uns selbstverständlich insgesamt die Bedarfslage und -entwicklung an allen Standorten samt sich ergebenden politischen Handlungsbedarfen sehr genau ansehen. Insbesondere mit Blick auf die schwierig zu versorgenden Regionen.
Was das Marien-Krankenhaus betrifft, sind mein Staatssekretär und ich im laufenden Austausch mit dem Geschäftsführer des Marien-Krankenhauses, Herrn Krüger. Ich will an dieser Stelle gerne wiederholen, dass ich außerordentlich dankbar bin, dass der Träger des Krankenhauses klipp und klar erklärt hat: die Geburtshilfe im Marien-Krankenhaus steht in keiner Weise zur Disposition. Dies ist eine entscheidende Botschaft. Das ist wichtig für die Menschen vor Ort.
Wie ich schon im Sozialausschuss berichtet habe, prüft das Marien-Krankenhaus, wie die bestehende Kostenproblematik infolge der steigenden Berufshaftpflicht-Prämien für belegärztlich tätige Ärzte in der Geburtshilfe gelöst werden kann. Grundsätzlich ist dazu natürlich eine angemessene Vergütung erforderlich. Also eine Vergütung, von der Haftpflichtprämien auch bezahlt werden können. Hier ist die Selbstverwaltung gefordert, ein befriedigendes Ergebnis zu finden. Dies sind die Kassenärztliche Bundesvereinigung und die Kassen.
Ich habe mich, um eine schnelle Lösung des Problems zu befördern, sowohl an den Bewertungsausschuss als auch an den Vorstandsvorsitzenden der KBV, Herrn Dr. Andreas Gassen, gewandt. Klar ist: wenn die Selbstverwaltung hier zu keinem Ergebnis kommt, muss dies die Politik auf den Plan rufen. Ich habe in diesem Sinne bereits zu Bundesgesundheitsminister Gröhe, als auch zu meiner Bayerischen Kollegin Huml, Kontakt aufgenommen.
Mit der Kollegin bin ich darüber einig, dass wir hier zu einer Lösung kommen müssen. Dies gilt unbeschadet der Tatsache, dass bundesweit nur wenige Geburtshilfen mit Belegärzten arbeiten. Vor allem in Bayern und bei uns, wo dies neben dem Marien-Krankenhaus noch für das DRK-Krankenhaus in Ratzeburg gilt. Was im Übrigen die Situation in Lübeck nicht weniger relevant macht, zumal es sich beim Marien-Krankenhaus um die drittgrößte Geburtsklinik im Land handelt (rund 1.600 Geburten in 2016). Dennoch ist es für die Menschen an anderen Orten im Land wichtig zu wissen, dass ihren Geburtshilfen kein vergleichbares Problem droht, da dort keine Belegarztmodelle in der Geburtshilfeverfolgt werden.
Nach Einschätzung meines Hauses kommen kurzfristig zwei systemkonforme Lösung in Betracht. Einerseits eine Neubewertung der EBM-Ziffer 08411, die die Betreuung und Leitung einer Geburt regelt. Hier wäre die Berücksichtigung der aktuellen Kosten für die Haftpflichtversicherung von geburtshilflich tätigen Belegärzten einzubeziehen. Dies könnte allerdings dazu führen, dass Belegärzte, die sehr viele Geburten betreuen, eine erheblich größere Refinanzierung ihrer Haftpflichtprämien erfahren, als die Ärzte mit wenigen Geburten. Eine solche Regelung ist also keineswegs trivial.
Alternativ wäre auch die Einführung eines Sicherstellungszuschlages denkbar, der zur Ergänzung des Honorars für die geburtshilfliche Tätigkeit zur Finanzierung der Haftpflichtversicherung dient. Dieser könnte quartalsweise abrechenbar sein und – analog zur Regelung bei den Hebammen – an eine bestimmte Zahl von Geburten und die Einhaltung von Qualitätsvorgaben gekoppelt sein.
Um auch eine langfristig tragfähige Lösung des Problems steigender Beiträge zur Berufshaftpflichtversicherung von Hebammen sowie in der Geburtshilfe tätigen Ärztinnen und Ärzten zu finden, sollten auch neue ergänzende Möglichkeiten der Absicherung überprüft werden. Hier ist der Bundesgesetzgeber gefragt
Die im Antrag angesprochene Möglichkeit einer Konkretisierung bzw. Klarstellung der bundesrechtlichen Regelungen dahingehend, dass eine anteilige Bezuschussung oder Kostenübernahme der Berufshaftpflichtprämien von in der Geburtshilfe tätigen Belegärztinnen und -ärzte durch Kliniken rechtlich unbedenklich ist, wird durch das Ministerium gerade geprüft. Auch in diesem Fall müsste letztlich der Bundesgesetzgeber tätig werden.
Für mich ist klar: die Sicherstellung eines bedarfsgerechten Angebotes in der Geburtshilfe darf nicht am Geld scheitern, und ich bin sicher, dies wird nicht geschehen.“
Aussender: Christian Kohl, Ministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend, Familie und Senioren (SH)
Redaktion: Torben Gösch