München, 09.03.17 – Das Gefühl weggetreten zu sein oder neben sich zu stehen – fast jeder hat schon einmal solch eine dissoziative Empfindung erlebt. Meist als Folge traumatischer Erlebnisse oder psychisch stark belastender Ereignisse treten dissoziative Störungen als eine Art Schutzmechanismus auf. Die Wahrscheinlichkeit mindestens einmal im Leben an einer dissoziativen Störung zu erkranken, liegt bei etwa zwei bis vier Prozent und ist vor dem 30. Lebensjahr am höchsten…
Psychoanalytische Konzepte gehen davon aus, dass bei einer Dissoziation unerträgliche Erlebnisse aus dem Bewusstsein verdrängt werden. Darüber hinaus werden Gefühle und Erfahrungen, die nicht in das Selbstbild integrieren werden können, abgespalten. Daher gehen dissoziative Symptome oftmals mit anderen psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angststörungen, der Posttraumatischen Belastungsstörung (PTBS), Borderline oder Schizophrenie einher. Schätzungen zufolge haben neunzig Prozent der Personen mit schweren dissoziativen Störungen im Vorfeld traumatische Erfahrungen durchlebt.
Die Ausprägung und Art der Symptome variieren dabei ebenso wie die Häufigkeit der Störungsbilder. Während Gedächtnisverlust und Empfindungsstörungen sogar in teilweise selbstschädigendes Verhalten münden können, ist die dissoziative Amnesie als eine Form der Dissoziation relativ verbreitet. Laut Schätzungen trifft sie sieben Prozent der Bevölkerung mindestens einmal im Leben. Weitere Typen sind die dissoziative Fugue, das Depersonalisations- und Derealisationssyndrom und die dissoziative Identitätsstörung. Ein wesentliches Merkmal aller dissoziativen Störungen ist der fehlende Nachweis organischer Ursachen für die Symptome.
Dissoziative Störungen werden sehr häufig entweder nicht erkannt oder falsch diagnostiziert, da die Symptome anderen Krankheitsbildern ähneln. Daher sind gute Anhaltspunkte das Verhalten des Patienten im Gespräch und insbesondere der Bericht über Gedächtnislücken. Die erste Wahl für eine Behandlungsmethode fällt in der Regel auf die Psychotherapie, die sich stark an der Traumatherapie für PTBS-Patienten orientiert. Oftmals ist auch eine multimodale Behandlung sinnvoll, die den Einsatz von Medikamenten und weitere Verfahren wie Bewegungs-, Kunst- oder Musiktherapie miteinschließt.
Aussender: Ulrike Propach, therapie.de; Dipl.-Psych. Fritz Propach, pro psychotherapie e.V.
Redaktion: Torben Gösch