Gute Pflege in Schleswig-Holstein – Sozialministerin Alheit: Die Stärkung des Pflegeberufes ist Basis für eine gute Pflege im Land – Ministerin eröffnet Pflegefachtag „Mit Blick nach vorn“ in Kiel

KIEL, 16.02.17 – Die Verbesserung der Pflege für Pflegebedürftige und Pflegekräfte gehört zu den Schwerpunkten der Landesregierung. Die erstmalig erreichte kostenfreie Pflegeausbildung, der Abbau unnötiger Pflegebürokratie, die Stärkung des Pflegeberufes durch die Pflegekammer, die Stärkung der Hospizversorgung oder die gemeinsame Entwicklung des Demenzplans sind Beispiele dafür. Der Pflegeberuf steht dabei oft im Mittelpunkt. Denn gute Arbeitsbedingungen sind essentiell für eine gute Pflege…

Sozial- und Gesundheitsministerin Kristin Alheit eröffnet heute (16.2.) gemeinsam mit Iris Gebh, Vorsitzende des Pflegerats die Fachtagung 2017 des Pflegerates Schleswig-Holstein. Der Pflegerat Schleswig-Holstein ist die Dachorganisation der Pflegeberufsverbände im Land. In ihrem Grußwort zur Tagung mit dem Titel „Mit Blick nach vorn“, die in Kooperation mit dem Sozialministerium durchgeführte wird, betont Sozialministerin Kristin Alheit:

„Mit Blick nach vorn – Pflege wählt Zukunft: Das ist ein kluges und selbstbewusstes Motto, das Sie gewählt haben! Ein Motto, dass den Anspruch von in der Pflege Tätigen ausdrückt, die Bedingungen ihrer Tätigkeit mit-zu-gestalten. Dieser Anspruch ist nur zu berechtigt. Haben doch Pflege und die Pflegenden eine ganz herausgehobene – leider noch immer nicht von allen hinreichend gewürdigte – Bedeutung. Für Pflegebedürftige und für die Gesellschaft insgesamt. Das „System Pflege“ entscheidet darüber, wie weit es uns gelingt, Selbstbestimmung und Menschenwürde trotz Pflegebedürftigkeit zu verwirklichen. Das ist eine der elementaren Funktionen unseres Sozialstaats.

Pflegende, die diese wichtige Aufgabe übernehmen. Sie sind diejenigen, die dem „System Pflege“ ein Gesicht geben. Die mit Herz, Hand und Verstand dafür sorgen, dass Pflegebedürftige täglich menschliche Zuwendung erfahren und die Unterstützung, die sie benötigen.

Dabei nimmt die Zahl der altersbedingt Pflegebedürftigen zu. Die Zahl der beruflich Pflegenden wird dem infolge der demografischen Entwicklung nicht in gleichem Umfang folgen können. Die berechtigten Erwartungen von Menschen mit Pflegebedarf werden vielfältiger. Als Einheitsmodell mit Monopolstellung hat die stationäre Pflege ausgedient, mehr Menschen wollen und werden zukünftig zuhause gepflegt werden.

Das zu ermöglichen ist Ziel der Landesregierung. Und um das noch besser zu ermöglichen, haben wir in dieser Legislaturperiode mit der Einführung einer Pflegeberichterstattung den Kreisen und Gemeinden entsprechende Planungsgrundlagen an die Hand gegeben. Im Zuge dieser Entwicklung werden Angehörige, Nachbarn und Ehrenamtliche eine noch wichtigere Rolle spielen: Pflegeprofis werden dabei – zunehmend in ambulanten Settings und zunehmend vernetzt mit anderen Akteuren im Sozialraum – weiter gebraucht, keine Frage. Insofern kommen neue, durchaus anspruchsvolle Managementfunktionen auf die Pflege zu.

Das Verständnis unserer Gesellschaft von Pflegebedürftigkeit und den damit verbundenen Ansprüchen und Anforderungen wandelt sich. Ich denke etwa an die Pflegestärkungsgesetze und den neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff, der wichtigsten Reform in der Pflegeversicherung seit ihrer Etablierung. Sie nun gut umzusetzen, das ist eine weitere Herausforderung – gerade für die Pflegenden. Aber: Ich kenne niemanden, der nicht zustimmen würde, dass diese Entwicklung lange überfällig war und dazu beiträgt, Pflege zukunftsfähig zu machen. Das war und ist auch Ziel unserer Landes-Pflegepolitik.

Wenn wir wollen, dass Menschen trotz Pflegebedarf möglichst lange in ihrem vertrauten Wohnumfeld bleiben können, bedarf es unterschiedlicher Angebote. Angefangen mit qualifizierten und niedrigschwelligen Informations- und Beratungsangeboten. Da haben wir mit den Pflegestützpunkten schon viel erreicht. Im letzten Jahr konnten wir das Angebot weiter ausbauen, 13 haben wir inzwischen – in fast allen kreisfreien Städten und Kreisen. In diesem Jahr wird der 14. Pflegestützpunkt im Kreis Steinburg seinen Betrieb aufnehmen.

Zweite Säule unserer Pflegepolitik neben der Informationsinfrastruktur ist die Weiterentwicklung flächendeckender und sektorenübergreifender Unterstützungs- und Versorgungsangebote für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen. Dabei markiert die Erarbeitung unseres Demenzplans in einem breiten, partizipativen Prozess einen echten Meilenstein. Wir sind damit bundesweit Vorreiter. Die Umsetzung des Plans wird viele Akteure direkt angehen: sowohl in gesellschaftlichen Bereichen, die bisher das Thema noch nicht so prominent wahrgenommen haben als auch und insbesondere in Gesundheitsversorgung und Pflege. Ich bin sehr froh, dass wir diese Entwicklung auf den Weg bringen konnten – und allen dankbar, die daran mitgewirkt haben.

Die Weichen für Zukunft der Pflege werden aber auch und entscheidend gestellt in der Berufsausbildung der Pflegeberufe. Da war es für mich ein ganz zentraler Erfolg, dass es uns in dieser Wahlperiode erstmals gelungen ist, die schulische Ausbildung in der Altenpflege gebührenfrei zu stellen. Wir haben das gemacht! Dazu haben wir die Förderung der schulischen Ausbildungsplätze kontinuierlich stärker gefördert. In diesem Jahr geben wir rd. 7,3 Mio. Euro für die Ausbildung aus – 75 % mehr als im Jahr 2012.

Und wir haben den monatlichen Förderbetrag von 290 Euro auf 310 Euro erhöht – als Beitrag zur Qualitätsverbesserung im Unterricht.

Wobei klar ist, dass die Gewinnung von geeigneten Auszubildenden – übrigens in allen Pflegeberufen – nicht leichter wird. Was neben Arbeitsmarktsituation und Standortfragen sicher mit den Rahmen- und Arbeitsbedingungen zu tun hat. Aber auch mit sich bietenden Entwicklungsperspektiven. Damit bin ich bei der Debatte über die generalistische Pflegeausbildung. Über die – typisch Deutschland – seit fast 15 Jahren intensiv und hitzig diskutiert wird. In zahlreichen Modellvorhaben wurde eine Zusammenlegung der getrennten Pflegeausbildungen erfolgreich erprobt. Schleswig-Holstein hat sich von Anfang an für eine Modernisierung der Pflegeausbildung ausgesprochen, die den Anforderungen der Praxis gerecht wird, die Antworten auf demografischen Wandel, Fachkräftemangel und zunehmende Überschneidungen von Aufgaben gibt.

Ich bin überzeugt: eine generalistische Pflegeausbildung mit einem einheitlichen Berufsabschluss für alle Pflegenden wäre eine richtige Lösung. Ich bin auch überzeugt, dass das Modell notwendige Spezialisierung zulässt – zugleich aber für mehr Durchlässigkeit und Entwicklungsmöglichkeiten bis hin zur Möglichkeit eines primärqualifizierenden Studiums. All das bedeutet bessere Job-Perspektiven. Und einen wichtigen Beitrag, damit Pflege auf dem Arbeitsmarkt von morgen ausreichend Nachwuchs gewinnen kann.

Allerdings, das wissen Sie alle, liegt der Gesetzentwurf seit längerem in den Ausschüssen des Bundestages. Seine Verabschiedung in dieser Legislaturperiode ist ungewiss.

Ich fürchte: Scheitert die Reform in dieser Legislaturperiode, ist für einen langen Zeitraum nicht mit einer Ausbildungsreform in der Pflege zu rechnen. Das wäre schlecht:

Stillstand ist sicher nichts, was die Pflegeberufe stärkt angesichts ihrer wachsenden Bedeutung in unserer Gesellschaft. Wir brauchen Pflegeberufe, die im Wettbewerb attraktiv sind und inhaltlich fit sind für die Dynamik der Entwicklungen in den Arbeitsfeldern – einige davon hatte ich angesprochen.

Ich nehme heute schon immer wieder wahr, dass die Pflegenden diese Dynamik sehr engagiert aufgreifen und umsetzen in ihrer täglichen Praxis. Aber – diesen berechtigten Anspruch drückt das Tagungsmotto aus: Sie wollen nicht nur reagieren, sondern aktiv sein. Sie wollen Ihre Zukunft selbst wählen und mitgestalten.

Und das werden sie in Zukunft in Schleswig-Holstein tun können – im Rahmen der Pflegeberufekammer, mit der die Schleswig-Holstein-Koalition ein zentrales pflegepolitisches Versprechen verwirklicht. Nicht zuletzt, weil das aus der Gruppe der beruflich Pflegenden und aus dem Pflegerat immer wieder mit Nachdruck eingefordert wurde. Mit Errichtung der Pflegekammer gehören wir in Schleswig-Holstein – nach Rheinland-Pfalz – bundesweit zu den Vorreitern. Auch in Niedersachsen wurde im Dezember 2016 die Errichtung einer Kammer beschlossen. Wir sind bereits auf dem Weg der Umsetzung.

Im Dezember 2015 hat der Errichtungsausschuss der Pflegeberufekammer Schleswig-Holstein seine Arbeit aufgenommen. Er hat sehr erfolgreich begonnen, die Mitglieder der Kammer zu registrieren und wird – bis Sommer 2018 – die erste Kammerwahl vorbereiten und durchführen.

Mit voraussichtlich mehr als 25 000 Mitgliedern wird die Pflegeberufekammer die größte Kammer im Gesundheitswesen des Landes sein. Sie wird es den Pflegenden ermöglichen, „Zukunft zu wählen“ – indem sie Ihnen, den Pflegenden, erstmals institutionalisierte Mit- und Selbstbestimmung über Ihre beruflichen Belange ermöglicht. Sie bildet einen Meilenstein auf dem Weg zur weiteren Professionalisierung der Pflege – und zur Stärkung der Pflegeberufe und derer, die sie ausüben. Eine Stärkung, die in unserer älter werdenden Gesellschaft dringend auf die Tagesordnung gehört. Dafür braucht die Pflegeberufekammer Sie alle! Setzen Sie das Motto dieser Tagung um: Bitte registrieren Sie sich, zum Beispiel über das Portal „www.pflegeberufekammer-sh.de“, werben Sie auch in ihrem Umfeld dafür. Und beteiligen Sie sich an der Wahl zur ersten Kammerversammlung.

2017 wird ein spannendes, herausforderndes, aber auch ermutigendes Jahr – nicht zuletzt, weil mit der Pflegeberufekammer der Weg zu mehr Selbstbestimmung bereitet wird. Ich freue mich, dass wir heute über die Zukunftsperspektiven der Pflege diskutieren werden und wünsche eine erfolgreiche Tagung mit vielen interessanten Anstößen für die Zukunft!“

Aussender: Christian Kohl, Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung (SH)
Redaktion: Torben Gösch