KIEL. Justizministerin Anke Spoorendonk begrüßt die Ankündigung der Bundesregierung, den Paragrafen 103 des Strafgesetzbuchs abzuschaffen, welcher die Beleidigung eines ausländischen Staatsoberhaupts unter Strafe stellt. Der Fall des Satirikers Jan Böhmermann habe die kaum beachtete Vorschrift ins Rampenlicht befördert und gezeigt, dass die Norm und das Verfahren nicht mehr zeitgemäß seien…
Zugleich kündigte die Ministerin an, sie werde bei der Justizministerkonferenz Anfang Juni für eine grundlegende Überprüfung der Strafvorschriften über Taten gegen ausländische Staaten und ihre Repräsentanten eintreten. „Ein Sonderstrafrecht zum Schutz von Staatsoberhäuptern vor Beleidigungen wirkt in unserer modernen Zivilgesellschaft wie aus der Zeit gefallen. Die für jedermann geltenden Beleidigungstatbestände schützen auch Staatsoberhäupter und sind dazu vollkommen ausreichend. Wir sollten unser Strafgesetzbuch deshalb von solchen vordemokratischen Relikten befreien. Die Streichung des Paragrafen 103 Strafgesetzbuch wäre insofern ein erster wichtiger Schritt. Allerdings gehören die Tatbestände zum Schutz ausländischer Staaten und Regierungsvertreter insgesamt auf den Prüfstand. Sie stammen aus einer Zeit, in der Nationalstaaten um ihrer Ehre willen Krieg zu führen bereit waren“, sagte Spoorendonk.
Es sei fraglich, ob es einer Strafnorm über „beschimpfenden Unfug“ an einer ausländischen Flagge (Paragraf 104 Strafgesetzbuch) heute wirklich noch bedürfe. Auch sei es in einem Rechtsstaat Aufgabe der Justiz, über die Strafbarkeit von Bürgerinnen und Bürgern zu entscheiden. „Das politische Weisungsrecht gegenüber den Staatsanwaltschaften wird zu Recht kritisch gesehen. Schon gar nicht sollte die Arbeit der Staatsanwaltschaften und Gerichte von einer Ermächtigung durch die Regierung abhängen, wie sie bei Taten gegen ausländische Staaten vorgeschrieben ist“, so die Ministerin.
Nachdem die Bundesregierung heute dem Verlangen Erdogans entsprochen und die Staatsanwaltschaft zu Ermittlungen gegen den Satiriker Jan Böhmermann im Zusammenhang mit dessen „Schmähgedicht“ ermächtigt hat, sei es nun Aufgabe von Staatsanwaltschaften und Gerichten, eine Strafbarkeit zu prüfen. Sie habe großes Vertrauen in die deutsche Justiz und den hohen Stellenwert, den die deutsche Rechtsordnung der Kunst-, Meinungs- und Pressefreiheit beimesse, betonte Spoorendonk.
Aussender: Oliver Breuer, Ministerium für Justiz, Kultur und Europa
Redaktion: TG