Berlin – Der NABU hat dem heute vom Bundeskabinett beschlossenen Programm zum Schutz der natürlichen Ressourcen (ProgRess II) brillante Leitideen bestätigt, kritisiert aber eine klaffende Lücke bei den notwendigen Maßnahmen. Nach den Leitideen sollen Innovationen und Chancen genutzt werden, um ökologische Grenzen beim weltweiten Wirtschaften einzuhalten, indem der Fokus auf Lebensqualität und nicht auf Wachstum des Bruttoinlandsprodukts gelegt wird…
NABU-Präsident Olaf Tschimpke: „Deutschland braucht kein weiteres Förderprogramm für mittelständische Betriebe, sondern eine Idee und konkrete Maßnahmen, die den Naturverbrauch verringern. Genau das bleibt an vielen Stellen unberücksichtigt. Wer den Indikator ‚Rohstoffverbrauch pro Einwohner‘ auf den letzten Drücker aus dem Programm herausstreicht, handelt verantwortungslos.“ Nur was messbar sei, könne auch zielsicher beeinflusst werden. Es sei Teilen der Bundesregierung offensichtlich wichtiger, die Ideologie des Wirtschaftswachstums unangetastet zu lassen, als Informationen über einen verschwenderischen Lebensstil zu sammeln und diesen zum Wohle aller zu beeinflussen.
Nach Einschätzung des NABU ist ProgRess II darüber hinaus finanzpolitisch weit hinter den Notwendigkeiten zurückgeblieben. So finden sich weder Steuerermäßigungen für umweltschonende Produkte, noch Fördervorhaben für gemeinschaftliche und ressourcenschonend Konsumformen. Ähnliche Maßnahmen gibt es für das produzierende Gewerbe seit Jahren.
„Dass sämtliche politische Gestaltungsansätze unter den Haushaltsvorbehalt der zuständigen Ministerien gestellt sind, schwächt die Wirkung des Programms. So hängt es vom Gusto von Ministern ab, ob die öffentliche Hand zukünftig auf Ressourcenschonung setzt. Und: der aufkommensneutrale Umbau des Steuersystems hin zur Besteuerung von Rohstoffverbrauch ist noch nicht einmal in Forschungsvorhaben vorgesehen. Das lässt das Desinteresse der Regierung an einem gesunden Mix von ressourcenpolitischen Instrumenten in der Marktwirtschaft offensichtlich werden“ so NABU-Leiter Ressourcenpolitik Benjamin Bongardt. Positiv sei, dass im letzten Jahr erstmalig eine Nachhaltigkeitsprüfung der staatlichen Subventionen durchgeführt wurde. Diese sei der Öffentlichkeit allerdings weitgehend unbekannt. Eine zusätzliche Chance sei, dass Steuerentlastungen für Unternehmen vorgesehen sind, die Ressourcenschonung in ihr Umweltmanagementsystem integrieren.
Weitere Kritikpunkte des NABU am Ressourceneffizienz-Programm der Bundesregierung:
· Einen Bruch mit der Systematik des Programms vollzieht das Kabinett, indem es Ressourceneffizienz im Baubereich gänzlich uminterpretieren lässt. Dort sollen zukünftig simple betriebswirtschaftliche Produktivitätssteigerungen die Ressourceneffizienz auf dem Papier steigen lassen können, selbst wenn kein Gramm Rohstoff eingespart wird.
· Die bekannte Nutzungskonkurrenz zwischen energetischer und stofflicher Nutzung von Pflanzen bleibt unerwähnt, obwohl eine nachhaltige Landnutzung mit einem stumpfen Ausbau der stofflichen Nutzung von Biomasse nicht leicht zu bewerkstelligen ist.
· Die verbliebenen Indikatoren, die zur Überprüfung des Programms beschlossen wurden, formulieren teilweise lediglich ein Ziel für das Jahr 2020 oder 2030, ohne dass Perspektiven darüber hinaus adressiert werden bzw. Zwischenziele ausgegeben werden.
· Der Bundesregierung gelingt es mit ProgRess nicht, andere Politikstrategien und Programme auf Ressourcenschonung auszurichten. Eine entsprechende Prüfung der High-Tech Strategie, der Rohstoffstrategie, des Programms für nachhaltigen Konsum sowie des Abfallvermeidungsprogramms hätte als leichte Maßnahme innerhalb von zwei Jahren umgesetzt werden können.
· Mindest- und Informationsanforderungen an Produzenten waren in den Entwurfsversionen zu ProgRess II vorgesehen und im Einklang mit aktuellen Verbesserungsanstrengungen bei der Fortentwicklung der EU-Ökodesignrichtlinie. Dazu zählen Vorgaben zur Erhöhung derMaterialeffizienz, Lebensdauer, Recyclingfähigkeit. Nun sollen sie nur noch geprüft werden, was eigentlich schon längst auf EU-Ebene abgeschlossen ist.
· Das Prämien- und Bonuszahlungen in Unternehmen zukünftig an Umweltschutz- und Ressourcenschonungsziele geknüpft werden sollen, findet sich nicht mehr im Programm wieder. Gleiches gilt für die eigentlich überfällige Pflicht für Unternehmen, über ihre Ressourcenschonungsperformance in den Geschäftsberichten zu informieren, um Anlegern eine Investition in nachhaltige Unternehmen zu ermöglichen.
Weitere Infos: https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/ressourcenschonung/
Aussender: Kathrin Klinkuschl, NABU-Pressestelle
Redaktion: TG