Berlin/Kopenhagen – Im Zuge der kontroversen Diskussion um die geplante feste Fehmarnbeltquerung tauchen immer neue Planungsmängel auf: Erst in dieser Woche erklärte der dänische Transportminister Hans Christian Schmidt, das Vorhaben vor allem durch Straßengüterverkehr refinanzieren zu wollen. Nach Ansicht des NABU ein klarer Verstoß gegen die EU-Verkehrspolitik und gegen die Vereinbarungen zur Erreichung des 1,5 Grad-Ziels im Pariser Klimaabkommen. Um das Ziel zu erreichen, muss der Verkehr erheblich reduziert werden…
In einem Kommentar in der dänischen Zeitung Börsen schrieb der Minister, dass wenn allein ein Bahntunnel gebaut würde, die Mehrheit der Einnahmen verloren ginge. Die dänische Strategie verstößt damit gravierend gegen den in der EU gemeinsam vereinbarten und sinnvollen Ansatz „From Road to Rail“ Die Verlagerung des Güterverkehrs von der Straße auf die Bahn ist Konsens europäischer Verkehrspolitik, um gesundheitsgefährliche Emissionen auf Autobahnen zu reduzieren. „Dänemarks Verkehrspolitik ist leider so anachronistisch wie das Mammut-Vorhaben selbst. Seit Jahrzehnten wird in Europa für saubere Luft im Straßenverkehr gekämpft. Aber das angeblich so wichtige Aushängeschild europäischer Verkehrsplanung soll ausgerechnet durch qualmende LKW refinanziert werden. Dieses Vorhaben ist ein Auslaufmodell“, so NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
Zuschüsse für Projekte des europäischen Transportnetzes TEN-T, zu dem die feste Fehmarnbeltquerung gehört, werden ausschließlich für den Bahnanteil gewährt. Dänemark hofft auf insgesamt 1,7 Milliarden Euro aus Brüssel. Im ersten Schritt hat das Königreich jedoch nur 600 Millionen Euro unter der Voraussetzung gewährt bekommen, bis 2019 anzufangen, die Mittel auch auszugeben. Angesichts erheblicher Verzögerungen ist das jedoch unwahrscheinlich – die Zuschüsse drohen ganz zu verfallen. „Angesichts des verkehrspolitisch sowie ökonomisch völlig überflüssigen Mammut-Projekts wäre ein Verfall der Gelder das Beste, was passieren kann. Wenn die EU eine solch schädliche Verkehrspolitik auch noch mit Milliarden fördert, macht sie sich lächerlich“, so der NABU-Bundesgeschäftsführer.
Aktuell steht das Projekt finanziell auf tönernen Füßen. Die Durchleitungsgebühren der Bahn durch den geplanten Tunnel sind so gering wie das zu erwartende Schienenverkehrsaufkommen insgesamt. Zudem wurden unter anderem wesentliche Finanzierungsfragen – wie etwa die Konkurrenz durch den parallelen Fährverkehr oder Billigflieger – von der dänischen Bau- und Betreibergesellschaft Femern A/S ausgeblendet. Die Gesamtkosten steigen seit Planungsbeginn stetig, die Verkehrsprognosen blieben gering. „Die systematische Schönrechnerei zwingt die Dänen dazu zu pokern und klaffende Finanzierungslücken möglichst durch Straßengüterverkehr zu schließen. Das ist eine hochriskante Wette auf Kosten von Natur, Umwelt und Klima. Und ein ökonomisches Desaster für die sensible Tourismusregion Ostholstein“, so Siegert.
Deutschland ist staatsvertraglich dazu verpflichtet, eine Hinterlandanbindung für die Querung zwischen Puttgarden und Lübeck sicherzustellen. Dort stiegen die Kosten bereits von rund 850 Millionen auf drei Milliarden Euro. Der NABU fordert die Bundesregierung abermals auf, mit der dänischen Regierung kritisch über das Vorhaben zu sprechen. Das schreibe der 2008 geschlossene Staatsvertrag ohnehin vor, sollte es zu Änderungen innerhalb des Projektes kommen.
Aussender: Kathrin Klinkusch, NABU-Pressestelle
Redaktion: TG