Hamburg – 27. Januar 2016. Der französische Energiekonzern Electricité de France (EDF) hat laut übereinstimmenden Medienberichten seine für heute geplante Investitionsentscheidung für den Bau des Atomkraftwerks Hinkley Point C in Großbritannien erneut vertagt. Damit verzögert sich abermals der Baubeginn für das umstrittene AKW, dessen Betrieb der britische Staat mit umfangreichen Subventionen finanzieren will. Es kommentiert Sönke Tangermann, Vorstand von Greenpeace Energy.
„Zum neunten Mal hat das EDF-Management seine Entscheidung darüber verschoben, ob man Hinkley Point C denn nun bauen will oder nicht. Farce oder Taktik – diese Nicht-Entscheidung überrascht nicht wirklich: Dem hochverschuldeten Konzern fehlt derzeit schlicht das Geld, um das teure Prestige-Projekt alleine zu stemmen. Auch die chinesischen Partner wollen weniger investieren als erwartet – und das alles trotz der versprochenen üppigen Milliarden-Subventionen. Rating-Agenturen, Gewerkschafter oder Aufsichtsbehörden warnen längst vor den finanziellen, technischen und juristischen Risiken des Projektes. Dazu gehört auch die Klage des deutschen Energieversorgers Greenpeace Energy gegen das vorgesehene Subventionspaket. Ursprünglich sollte Hinkley Point C bereits 2017 Strom liefern. Doch ob und wann das umstrittene AKW jemals gebaut wird – diese Frage ist mit der erneut verschobenen Investitionsentscheidung weiter in die Ferne gerückt. Die Unsicherheiten am Projekt dürften damit aber noch wachsen, und auch das geht letztlich zu Lasten zu der britischen Bevölkerung. Denn das Land braucht jetzt dringend ein Konzept für eine sichere Energieversorgung, weil alte Kraftwerke in den nächsten Jahren vom Netz gehen. Die EDF-Manager sollten endlich den Mut aufbringen, sich vom Projekt Hinkley Point C zu verabschieden – um in Großbritannien den Weg für saubere, sichere und kostengünstigere Energie-Alternativen frei zu machen.“
Hintergrund: Hinkley Point C soll 2025 ans Netz gehen. Die britische Regierung will mit dem geplanten Atomkraftwerk die Versorgungssicherheit des Landes sicherstellen und hat den AKW-Investoren für die Laufzeit von 35 Jahren eine garantierte Einspeisevergütung von umgerechnet 120,51 Euro für jede in Hinkley Point C produzierte Megawattstunde versprochen. Das sind rund 40 Prozent mehr, als z.B. ein neuer Windpark in Deutschland an Vergütung erhält. Laut Berechnungen des Berliner Analyseinstituts Energy Brainpool summiert sich die Garantie-Vergütung für Hinkley Point C über die Förderlaufzeit von 35 Jahren unter Berücksichtigung der Inflation auf rund 108 Milliarden Euro. Greenpeace Energy klagt gemeinsam mit neun weiteren Unternehmen gegen dieses Subventionspaket, weil es den Wettbewerb auf dem europäischen Energiemarkt zu Lasten der Erneuerbaren verzerrt. Auch Österreich, unterstützt von Luxemburg, hat vor dem Gericht der Europäischen Union in Luxemburg geklagt. Beide Verfahren laufen derzeit.
Aussender: Christoph Rasch, Greenpeace Energy eG
Redaktion: TG