KIEL. Kürzere Fristen für Baugenehmigungen, eingeschränkte Prüfverfahren und materialrechtliche Erleichterungen: Das Land will im Zusammenhang mit der Unterbringung von Flüchtlingen bauordnungsrechtliche Standards senken. Das sieht ein Gesetzentwurf der Landesregierung vor, der am Dienstag (15. Dezember 2015) vom Kabinett beschlossen wurde. In den nächsten Wochen haben die Verbände Gelegenheit zur Stellungnahme.
„Gutes Wohnen fördert Integration“, sagte Innenminister Stefan Studt . „Es ist wichtig, den Flüchtlingen jetzt so schnell wie möglich entsprechende Unterkünfte jenseits der Erstaufnahmeeinrichtungen zur Verfügung zu stellen. Um schneller in den Bau zu kommen, wollen wir Prüf- und Genehmigungsverfahren beschleunigen, ohne wichtige bauliche und sicherheitsrelevante Standards außer Kraft zu setzen.“
Der Gesetzentwurf sieht eine Änderung der Landesbauordnung durch Schaffung einer bis zum 31. Dezember 2019 befristeten Sonderregelung vor. Diese gilt sowohl für Sonderbauten wie Erstaufnahmeeinrichtungen, Sammel- oder Gemeinschaftsunterkünfte als auch für Wohngebäude bis zu fünf Geschossen mit einem Anteil von mindestens 20 Prozent Flüchtlingen oder Asylbegehrenden. Für beide Gruppen soll die Frist zur Erteilung einer Baugenehmigung grundsätzlich auf zwei Wochen nach dem Vorliegen des gemeindlichen Einvernehmens verkürzt werden. Bei Sonderbauten sollen zur Verfahrensbeschleunigung nur noch die Bereiche Brandschutz und Standsicherheit auf Einhaltung der gesetzlichen Anforderungen geprüft werden. Für die Einhaltung aller anderen Anforderungen, wie zum Beispiel des Abstandflächenrechts, trägt der Entwurfsverfasser die Verantwortung.
Materiellrechtlich müssen bei Sonderbauten die Anforderungen zur Herstellung der Stellplätze und an die Barrierefreiheit nicht mehr erfüllt werden. Zudem ist eine Reduzierung der Deckenhöhe in Aufenthaltsräumen von mindestens 2,40 m auf mindestens 2,30 m in nicht Dachgeschossen sowie in Dachgeschossen von mindestens 2,30 m auf mindestens 2,20 m zulässig.
Bei Wohngebäuden mit bis zu fünf Geschossen ist ebenfalls eine Reduzierung der Deckenhöhe in den vorstehend genannten Maßen möglich. Statt wie bisher müssen Wohnungen in diesen Gebäuden nicht mehr über Abstellflächen von mindestens 6 m², sondern nur noch von mindestens 3 m² verfügen. Eine feste Stellplatzquote von 0,5 Stellplätzen für KFZ sowie von 0,75 Abstellanlagen für Fahrräder ist pro Wohnung ausreichend.
Die Regelung, dass in den Wohngebäuden in mindestens 20 Prozent der Wohnungen des gesamten Gebäudes Flüchtlinge oder Asylbegehrende unterzubringen sind, soll gewährleisten, dass der zu schaffende bezahlbare Wohnraum auch anderen Mietern zur Verfügung steht. Mit diesem Ansatz wird vermieden, dass neuer Wohnraum ausschließlich für Flüchtlinge und Asylbegehrende entsteht. Er zielt zudem auf eine gut durchmischte und stabile Nachbarschaftsstruktur ab. „Wir sind der Überzeugung, dass ein Wohnumfeld mit einer sozial durchmischten Nachbarschaft die besten Voraussetzungen für eine gelingende Integration bietet“, sagte Studt: „In Schleswig-Holstein soll es keine Flüchtlingssiedlungen geben.“
Aussender: Patrick Tiede, Ministerium für Inneres und Bundesangelegenheiten
Redaktion: TG