Berlin – Die Europäische Kommission hat heute (Dienstag) ein euroraumweites Einlagensicherungssystem vorgeschlagen und weitere Maßnahmen zum gleichzeitigen Abbau noch verbleibender Risiken im Bankensektor vorgestellt.
„Die Vollendung der Bankenunion ist für eine krisenfeste und prosperierende Wirtschafts- und Währungsunion unverzichtbar. Das von der Kommission vorgeschlagene Europäische Einlagensicherungssystem baut auf den nationalen Einlagensicherungssystemen auf und würde nur dann zur Verfügung stehen, wenn zuvor die gemeinsam vereinbarten Regeln zur Gänze umgesetzt wurden“, erklärte Vizepräsident Valdis Dombrovskis in Straßburg. „Parallel dazu müssen wir weitere Maßnahmen zum Abbau der Risiken im Bankensektor ergreifen. Wir müssen die Verbindung zwischen Banken und Staaten lösen und die vereinbarten Regeln, wonach bei Bankenausfällen nicht als erstes der Steuerzahler herangezogen werden darf, in die Praxis umsetzen.“
Die jüngste Krise hat gezeigt, dass das Vertrauen in das Bankensystem durch größere wirtschaftliche und finanzielle Schocks erschüttert werden kann. Die Bankenunion wurde errichtet, um das Vertrauen in die teilnehmenden Banken zu stärken: Ein Europäisches Einlagensicherungssystem (European Deposit Insurance Scheme, kurz: EDIS) wird die Bankenunion unterstützen, den Einlegerschutz stärken, die Finanzstabilität erhöhen und die Verbindung von Banken und Staaten weiter lösen.
Nach dem Gesetzesvorschlag der Kommission wären die Einlagen der Bürgerinnen und Bürger künftig auf Euroraum-Ebene abgesichert. Zusammen mit dem Vorschlag wird eine Mitteilung vorgelegt, die parallel zu den Arbeiten an der Einlagensicherung Maßnahmen zur weiteren Verringerung der noch verbleibenden Risiken im Bankensystem vorsieht.
Die Europäische Einlagensicherung würde schrittweise in drei Stufen entstehen. Zunächst würde sie eine Rückversicherung der nationalen Einlagensicherungssysteme beinhalten, aus der dann nach drei Jahren eine Mitversicherung würde, bei der der Beitrag des Europäischen Einlagensicherungssystems mit der Zeit immer stärker anwachsen würde. In der letzten Stufe ist dann für 2024 ein vollumfängliches Europäisches Einlagensicherungssystem geplant.
Das System enthält verschiedene wirkungsvolle Absicherungen gegen unverantwortliches Handeln („Moral Hazard“) und Missbrauch, damit die nationalen Einlagensicherungssysteme einen Anreiz haben, umsichtig mit ihren potenziellen Risiken umzugehen. Insbesondere wird ein nationales Einlagensicherungssystem nur dann auf das EDIS zurückgreifen können, wenn es dem einschlägigen Unionsrecht uneingeschränkt entspricht.
Sparkassen und Genossenschaftsbanken gehören einem institutsspezifischen Haftungsverbund an. Gerät ein Institut aus dem Verbund in Schwierigkeiten, springt die von den Mitgliedern gemeinsam finanzierte Institutssicherung ein und unterstützt das in Schwierigkeiten geratene Mitglied frühzeitig finanziell, beispielsweise indem sie einen Zusammenschluss mit einem ähnlichen Institut finanziert. Dieses auf Frühintervention angelegte System hat sich während der Krise in einigen Fällen bewährt.
Allerdings kann es sein, dass das System bei schweren Schocks, beispielsweise wenn mehrere Banken gleichzeitig in Schieflage geraten, nicht mehr in der Lage ist, die betreffenden Institute vor Schwierigkeiten zu bewahren.
Die betreffenden Institute können ihre Sicherungseinrichtung für Frühinterventionsmaßnahmen nutzen und dürfen deshalb die Rücklagen, die für Entschädigungen von Einlegern vorgesehen sind, geringer halten. Damit wird dem Umstand Rechnung getragen, dass durch frühe Interventionsmaßnahmen der Sicherungseinrichtung das Risiko eines Entschädigungsfalls sinken dürfte.
Gehört eine Sparkasse einer Institutssicherung an, die im Rahmen des EU-Bankenaufsichtsrechts spezielle Risikomanagement-Vorgaben erfüllt, gelten für sie darüber hinaus auch geringere Eigenkapitalanforderungen.
Sparkassen und Genossenschaftsbanken beteiligen sich schon heute an einem Einlagensicherungssystem gemäß der geltenden Richtlinie. Das EDIS wird den Sparkassen und anderen Instituten keine höheren Beitragskosten verursachen, da die Beiträge zum EDIS von den Beiträgen zur nationalen Einlagensicherung abgesetzt werden können.
Der Vorschlag der Kommission folgt der Logik der Bankenunion, wonach Banken, die dem Einheitlichen Aufsichtsmechanismus unterliegen, automatisch einbezogen werden. Alle unter die derzeitige Einlagensicherungsrichtlinie fallenden Banken werden in das EDIS eingeschlossen, denn es bietet ein über die nationalen Systeme hinausreichendes zusätzliches Sicherheitsnetz. Eine automatische Ausnahmeregelung für eine bestimmte Art von Einlageninstitut im Euroraum wird es nicht geben.
Aussender: Reinhard Hönighaus, Europäische Kommission – Vertretung in Deutschland
Redaktion: TG