Berlin, 16. Oktober 2015. Nach der Großdemonstration gegen das geplante transatlantische Freihandelsabkommen ist die Zustimmung zu TTIP in der Bevölkerung auf einem neuen Tiefststand angekommen. 46 Prozent der Bürgerinnen und Bürger halten TTIP für „eine schlechte Sache“, wie eine repräsentative Befragung von TNS Emnid im Auftrag der Organisationen foodwatch und Campact ergab.
Nur noch 34 Prozent halten TTIP demnach für „eine gute Sache“ – es ist der niedrigste Wert in einer Serie von Umfragen, innerhalb derer seit Februar 2014 insgesamt sechs Mal mit identischer Fragestellung die Haltung der Bevölkerung in Deutschland gegenüber dem Abkommen abgefragt wurde.
Am vergangenen Samstag waren in Berlin rund 250.000 Menschen gegen TTIP und das geplante europäisch-kanadische Abkommen CETA auf die Straße gegangen – es war die größte politische Demonstration seit dem Irak-Krieg. Vizekanzler Sigmar Gabriel hatte am selben Tag in ganzseitigen Anzeigen in verschiedenen Zeitungen für TTIP geworben. Diese Werbekampagne stößt auf Kritik in der Bevölkerung: TNS Emnid zufolge glauben 6 von 10 Befragten (60 Prozent), dass der SPD-Vorsitzende damit seiner eigenen Partei schade.
„Auch durch millionenschwere Werbekampagnen von BDI und Wirtschaftsministerium lassen sich die Menschen nicht irreführen. Die Zustimmung zu TTIP sinkt auf ungeahnte Tiefen. Gabriels Schmusekurs mit den Konzernen führt die SPD in eine Sackgasse“, sagte Felix Kolb, geschäftsführender Vorstand von Campact.
„Sigmar Gabriel hat sich mit seinem Pro-TTIP-Kurs völlig verrannt. Er darf seine Augen nicht länger vor den Sorgen der Menschen verschließen – diese sind so groß wie nie und sie sind berechtigt: TTIP und CETA sind ein Angriff auf unsere Demokratie und deshalb abzulehnen“, so Lena Blanken, Volkswirtin bei der Verbraucherorganisation foodwatch.
In der Emnid-Befragung schätzen die Menschen auch die Folgen des transatlantischen Abkommens kritisch ein. Rund zwei Drittel gehen davon aus, dass TTIP den Umwelt- und Verbraucherschutz (69 Prozent) und die Arbeitnehmerrechte (62 Prozent) „eher verschlechtern“ werde. 73 Prozent glauben, dass sich der Vertrag negativ auf das Datenaschutzniveau in Deutschland auswirken werde. 4 von 10 Befragten (40 Prozent) gehen sogar davon aus, dass TTIP schlecht für die Beschäftigungssituation und das Wirtschaftswachstum wäre.
Besonders kritisch bewertet die Bevölkerung zudem einzelne Aspekte des geplanten Abkommens: So sehen 57 Prozent der Befragten in den möglichen Schiedsgerichten für ausländische Investoren „eine schlechte Sache“. 62 Prozent halten es für schlecht, dass TTIP als völkerrechtlicher Vertrag den Spielraum der Gesetzgeber einengen kann.
Für die Befragung hat das Meinungsforschungsinstitut TNS Emnid 1.013 Bürgerinnen und Bürger im Zeitraum vom 13.-14.10.2015 – also nach der Großdemonstration vom 10.10. – repräsentativ im Auftrag von Campact und foodwatch befragt.
Eine Übersicht über aller Ergebnisse der Emnid-Befragungen im Verlauf („Ist dieses Handelsabkommen Ihrer Ansicht nach eine gute oder eine schlechte Sache für Deutschland?“):
• Feb. 2014: gute Sache 55 Prozent / schlechte Sache 25 Prozent
• Okt. 2014: gute Sache 48 Prozent / schlechte Sache 32 Prozent
• Feb. 2015: gute Sache 39 Prozent / schlechte Sache 40 Prozent
• Juni 2015: gute Sache 47 Prozent / schlechte Sache 36 Prozent
• Juli 2015: gute Sache 42 Prozent / schlechte Sache 36 Prozent
• Okt 2015: gute Sache 34 Prozent / schlechte Sache 46 Prozent
Aussender: Martin Rücker, foodwatch
Redaktion: TG