Hamburg – Die Bevölkerung in deutschen Städten muss auch in den ersten neun Monaten dieses Jahres unter Stickoxid-Belastungen leiden, die deutlich über den zugelassenen Grenzwerten liegen. Jede zweite der bislang ausgewerteten 137 Luftmessstationen in Städten überschreitet im Neun-Monats-Mittel den erlaubten Jahreswert von 40 Mikrogramm.
Dies ergab die Greenpeace-Auswertung der jüngsten Daten des Umweltbundesamts (UBA). Das Gesamtergebnis dürfte sich bis Ende des Jahres deutlich verschlechtern. „Wir haben nicht alleine einen Manipulationsskandal bei VW, sondern einen handfesten Abgasskandal“, sagt Greenpeace-Verkehrsexperte Daniel Moser. „Die massiv überhöhten Innenstadtwerte bedrohen die Gesundheit der Menschen. Verkehrsminister Dobrindt muss uns endlich vor den Abgaslügen der Autoindustrie schützen.“
Der jüngste Skandal über manipulierte Stickoxidwerte in Millionen von VW-Dieselwagen unterstreicht, dass die Politik handeln muss. Obwohl der NOx-Ausstoß von PKW in den vergangenen Jahren schrittweise gesenkt wurde, werden die innerstädtischen Luftgrenzwerte seit Jahren massiv überschritten. Im Jahr 2014 meldeten etwa zwei Drittel der innerstädtischen Messstationen höhere Durchschnittswerte als zugelassen. Im Gesamtjahr 2015 drohen ähnlich schlechte Ergebnisse.
Zum einen liegen in den Wintermonaten die Werte der Stickoxide (NOx) aus dem Verkehr erfahrungsgemäß höher. Zum anderen haben die noch ausstehenden Messstationen in der Vergangenheit zu fast drei Viertel überschrittene Grenzwerte gemeldet.
Abgastests müssen realistischer werden
Erhöhte Stickoxidbelastungen können zu Lungenerkrankungen wie Asthma und Herzinfarkten und vorzeitigen Todesfällen führen. Verkehr ist die mit Abstand größte Stickoxid-Quelle in Deutschland. „Das Verursacherprinzip muss auch für die Autoindustrie gelten. Die Hersteller müssen künftig für die massiven Gesundheitsfolgen insbesondere von schmutzigen Dieselwagen aufkommen“, so Moser.
Derzeit wird der Abgasausstoß von PKW im Labor getestet, unter Bedingungen, die mit dem alltäglichen Gebrauch von Autos nur wenig zu tun haben. Entsprechend klaffen die offiziellen Werte der Hersteller und die tatsächlichen weit auseinander. Um diese seit Jahren bekannte legalisierte Manipulation der Hersteller zu unterbinden, sollen die Tests künftig realistischer werden. Ab 2016 soll der Abgasausstoß in so genannten RDE-Tests („Real Driving Emissions“) gemessen werden, also im Straßenverkehr – allerdings nur zu Informationszwecken. Neuzugelassene Fahrzeuge sollen die RDE-Testwerte erst ab 2018 einhalten müssen. „Die viel zu hohen NOx-Werte in den Städten und der VW-Betrug zeigen, dass wir realistische Untersuchungen brauchen – nicht erst 2018, sondern schon ab dem nächsten Jahr“, fordert Moser.
Aussender: Greenpeace e.V.
Redaktion: TG