Karlsruhe – Die Bundesanwaltschaft hat am 3. Juli 2015 vor dem Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts Düsseldorf Anklage gegen den 39-jährigen tunesischen Staatsangehörigen Kamel Ben Yahia S., den 40-jährigen deutschen und marokkanischen Staatsangehörigen Mounir R., den 28-jährigen deutschen und marokkanischen Staatsangehörigen Azzedine Ait H. sowie den 28-jährigen russischen Staatsangehörigen Yusup G. erhoben.
Die Angeschuldigten sind hinreichend verdächtig, die ausländische terroristische Vereinigung „Islamischer Staat Irak und Großsyrien“ (ISIG) unterstützt zu haben (§ 129b i.V.m. § 129a StGB), der Angeschuldigte Kamel Ben Yahia S. in zehn Fällen, der Angeschuldigte Mounir R. in fünf Fällen, der Angeschuldigte Azzedine Ait H. in drei Fällen und der Angeschuldigte Yusup G. in einem Fall.
In der nunmehr zugestellten Anklageschrift ist im Wesentlichen folgender Sachverhalt dargelegt:
Die ausländische terroristische Vereinigung „Islamischer Staat Irak und Großsyrien“ (ISIG) ist eine radikal-islamistische Organisation, deren Ziel es ist, auf dem Gebiet des Irak und der heutigen Staaten Syrien, Libanon, Jordanien und Palästina einen allein auf der Sharia basierenden Gottesstaat zu errichten. Hierzu will sie die Regierung im Irak sowie das Regime des syrischen Machthabers Assad stürzen. Dies versucht sie, im offenen militärischen Bodenkampf gegen Regierungstruppen und konkurrierende Widerstandsgruppen zu erreichen. Zudem ist sie für Sprengstoff- und Selbstmordanschläge, Entführungen sowie für Kriegsverbrechen, wie Massenexekutionen und Verbrennen von Gefangenen oder medial inszenierte Hinrichtungen, verantwortlich. Im Sommer 2014 rief die Vereinigung das Kalifat aus und benannte sich in „Der Islamische Staat“ (IS) um. Muslime weltweit sind aufgefordert, sich ihrem Befehlshaber Abu Bakr al-Baghdadi zu unterwerfen. Die Organisation erhebt damit den Führungsanspruch innerhalb der globalen jihadistischen Bewegung.
Der Angeschuldigte Kamel Ben Yahia S. unterstützte im Zeitraum von Juli 2013 bis Oktober 2014 den ISIG dadurch, dass er bei drei verschiedenen Gelegenheiten Personen, die sich für den ISIG als Mitglied betätigen wollten, zuletzt einen 17-jährigen Jugendlichen aus Deutschland, nach Syrien schleuste, indem er die Reisen dorthin organisierte und die Flugtickets beschaffte. In einem weiteren Fall bereitete er eine ebenfalls zur Teilnahme am Jihad entschlossene Person auf die Reise nach Syrien vor, indem er dieser Verhaltenshinweise erteilte, Kontaktpersonen und Ansprechpartner nannte sowie durch Gespräche mit einem Verantwortlichen des ISIG für die Aufnahme der Person vor Ort sorgte. In einem weiteren Fall beschaffte der Angeschuldigte für vier in der Türkei wegen illegalen Aufenthalts inhaftierte Mitglieder des ISIG ebenfalls Flugreisen zur Ausreise in Drittstaaten, damit diese aus der Haft entlassen wurden und sich anschließend zumindest teilweise wieder dem ISIG anschließen konnten. Außerdem ließ er bei insgesamt fünf verschiedenen Gelegenheiten Verantwortlichen des ISIG Geldbeträge in einer Gesamthöhe von mindestens 4.981,50 Euro zur Finanzierung der dortigen Aktivitäten sowie in einem Fall davon auch Bekleidungsgegenstände mit einem Gesamtwert von 1.129 Euro zukommen.
Die Angeschuldigten Mounir R., Azzedine Ait H. und Yusup G. beteiligten sich gemeinschaftlich an den Unterstützungshandlungen des Angeschuldigten Kamel Ben Yahia S. in unterschiedlicher Zusammensetzung. Der Angeschuldigte Mounir R. war in zwei Fällen und der Angeschuldigte Azzedine Ait H. in einem Fall in die Übermittlung von Geldbeträgen und Bedarfsgütern an den ISIG eingebunden. Darüber hinaus waren der Angeschuldigte Mounir R. in zwei Fällen, die Angeschuldigten Azzedine Ait H. und Yusup G. jeweils in einem Fall an der Schleusung von Personen nach Syrien beteiligt. Die Angeschuldigten Mounir R. und Azzedine Ait H. beschafften außerdem zusammen mit dem Angeschuldigten Kamel Ben Yahia S. die Flugtickets für die vier in der Türkei in Haft befindlichen Mitglieder des ISIG.
Die Angeschuldigten Kamel Ben Yahia S., Mounir R. und Yusup G. befinden sich derzeit weiterhin in Untersuchungshaft.
Aussender: Der Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof (GBA), Stefan Schmidt
Redaktion: TG / Hallo-Holstein