© M Stock, Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN)

Kabinett beschließt Strategie Wattenmeer 2100– Umweltminister Robert Habeck: „Wir müssen das Wattenmeer vor den Folgen des Klimawandels schützen. Sonst ertrinkt das Watt.“

KIEL. Angesichts des Klimawandels und des dadurch bedingten Meeresspiegelanstieges hat die Landesregierung heute (30. Juni 2015) die Weichen für die Zukunft des Wattenmeeres in Schleswig-Holstein gestellt. Dazu beschloss das Kabinett auf Vorschlag von Umweltminister Robert Habeck die Wattenmeerstrategie 2100. Der knapp 100 Seiten lange Bericht soll dazu beitragen, das Wattenmeer bei den zu erwartenden Veränderungen durch den Klimawandel zu erhalten.

© M Stock, Landesbetrieb für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz Schleswig-Holstein (LKN)

„Ziel ist der langfristige Erhalt des Wattenmeeres mit seinen Funktionen und möglichst in seiner Größe“, sagte Habeck.

„Das Wattenmeer ist ein einzigartiger Naturraum, es ist Welterbe und Nationalpark, und es ist unwiederbringlich für den Schutz der Westküste Schleswig-Holsteins. Für etwa 150.000 Menschen bietet das Wattenmeer einmalige Lebensbedingungen, für viele auch die Lebensgrundlage“, betonte der Minister. „Der Klimawandel wird diese Lebenswelt aber grundlegend verändern, wenn wir dem nicht entgegenwirken. Steigt der Meeresspiegel, tauchen im schlimmsten Fall Wattflächen und Salzwiesen unter dem Wasser ab und verschwinden. Sie ertrinken förmlich. Das hätte enorme Auswirkungen auf die einmalige Tier-und Pflanzenwelt genauso wie auf den Küstenschutz. Schließlich wird im Wattenmeer mit seinen Inseln und Halligen die Energie der Sturmfluten so gebrochen, dass die Menschen an der Küste besser geschützt sind.“

Habeck: „Wir greifen in die Natur ein, um die Natur zu schützen.“

Daher müssten Gegenmaßnahmen ergriffen werden, forderte Habeck. Die Weichen dafür stelle die Strategie 2100. Dabei habe die Sicherheit der Küstenbevölkerung oberste Priorität. „Wichtigste Voraussetzung ist endlich ein wirksamer globaler Klimaschutz“, betonte der Minister. Aber zusätzlich seien in der Region jedoch spätestens in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts Klimaanpassungsmaßnahmen erforderlich. „Es geht darum, in die Natur einzugreifen, um die Natur zu schützen. Das ist ein sehr sensibler Prozess, der gemeinsam mit Natur- und Küstenschutz gestaltet wird.“

Herausforderung und Chance des Wattenmeeres ist das Sediment. Wenn der Meeresspiegel stärker steigt, braucht das Wattenmeer mehr Sediment zum Mitwachsen. Daher setzt die Strategie besonders auf ein Management, das entstehende Sedimentdefizite im Wattenmeer ausgleicht. „Die wichtigste Anpassungsoption nach heutigen Erkenntnissen ist es, Sand aus der vorgelagerten Nordsee und möglicherweise aus weiteren geeigneten externen Quellen einzubringen“, sagte Habeck. Bei Küstenschutzmaßnahmen ist bereits heute darauf zu achten, dass sie einem Sedimentmangel im Wattenmeer keinen Vorschub leisten.

Darüber hinaus bleibt es erforderlich, den technischen Küstenhochwasserschutz, insbesondere an den Deichen, immer wieder anzupassen und zu verbessern. Schließlich müssen Kommunikation, Raumplanung, Denkmalschutz und Bewusstseinsbildung die Maßnahmen begleiten.

Erste Schritte für neues Sediment-Management gemacht

„Erste Schritte, um die Strategie umzusetzen, sind bereits jetzt zu gehen“, betonte Habeck. So ist ein numerisches Wattenmeer-Modell auf den Weg gebracht, das die morphologische Entwicklung des Wattenmeeres abbilden kann. Das hilft, die möglichen Veränderungen besser zu erkennen und ihnen begegnen zu können.

Zudem wird ein neues Sedimententnahmegebiet in der Nordsee vor Eiderstedt außerhalb des Wattenmeeres erkundet. „Bei allen Sedimenten, die wir nutzen wollen, wird es sich um eiszeitliche Sandablagerungen am Meeresgrund oder Untergrund handeln, die natürlich schadstofffrei sein werden“, betonte der Leiter des Landesbetriebs für Küstenschutz, Nationalpark und Meeresschutz, Dr. Johannes Oelerich. Beantragt ist darüber hinaus ein INTERREG-Projekt, das untersucht, in welchem Umfang sich die Sandvorspülungen vor Sylt nachhaltig und positiv auf das Watt auswirken.

Strategie zeigt Gemeinsamkeit von Küsten- und Naturschutz

Die Wattenmeerstrategie 2100 ist im Rahmen eines zweijährigen Projektes von Fachleuten aus der Küstenschutz- und Nationalparkverwaltung des Landes Schleswig-Holstein unter Beteiligung von nichtstaatlichen Organisationen – Insel- und Halligkonferenz, Schutzstation Wattenmeer und WWF – erstellt worden. Begleitet wurden die Arbeiten durch einen Beirat, um auch Erfahrungen und Kenntnisse eines erweiterten Kreises von regionalen Institutionen und Wissenschaftlern in die Projektarbeit einfließen zu lassen.

Robert Habeck erklärte: „Der Erarbeitungsprozess von den ersten Ideen bis zum Abschlussbericht hat gezeigt, dass ein gemeinsames Verständnis von Küsten- und Naturschutz für den Erhalt und die Entwicklung des Wattenmeeres zum Wohl der Natur und der Menschen vorhanden ist.“

Hintergrund

Das Wattenmeer ist ein einmaliger Küstenraum mit vielfältiger Funktion und Bedeutung für Menschen, Tiere und Pflanzen. Für die etwa 150.000 Menschen der Region bietet das Wattenmeer einmalige Lebensbedingungen, für viele auch die Lebensgrundlage. Die besondere Schönheit und Ästhetik dieser Landschaft prägen das Heimatgefühl der hier lebenden Menschen. Auch erfüllt das Wattenmeer eine wichtige Schutzfunktion, weil hier bei Sturmfluten ein Großteil der Seegangsenergie vor Erreichen der Küsten unschädlich gemacht wird. Bereits vor 30 Jahren wurde das schleswig-holsteinische Wattenmeer zum Nationalpark erklärt. Die weitgehend erhaltenen ökologischen und geologischen Prozesse und die Bedeutung dieses Lebensraumes für die weltweite Biodiversität waren wesentliche Gründe für die Auszeichnung als Weltnaturerbe im Jahre 2009.

Den Bericht finden Sie unter: http://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/N/nationalpark_wattenmeer/bericht_strategie_wattenmeer2100

Aussender: Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume, Nicola Kabel
Redaktion: TG / Hallo-Holstein