Das Institut für Weltwirtschaft hat heute, gemeinsam mit seinen Partnern, der Landeshauptstadt Kiel und der Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein, im Kieler Rathaus den elften Weltwirtschaftlichen Preis verliehen. Ausgezeichnet als Vordenker einer weltoffenen, marktwirtschaftlichen und sozialen Gesellschaft wurden:
Michail Gorbatschow, ehemals sowjetischer Politiker und Staatsoberhaupt der UdSSR, Friedensnobelpreisträger
Jeffrey Immelt, CEO von General Electric und Wirtschaftsberater von US-Präsident Barack Obama
Kristine und Douglas Tompkins, Textilunternehmer (The North Face, Esprit, Patagonia) und Gründer privater Nationalparks in Patagonien
Sir Christopher A. Pissarides, zypriotisch-britischer Wissenschaftler und Professor für Volkswirtschaftslehre und Politik an der London School of Economics, Wirtschaftsnobelpreisträger
„Mithilfe einer lösungsorientierten Herangehensweise globale Perspektiven zu finden – das ist das zentrale Anliegen des Weltwirtschaftlichen Preises. Ausgezeichnet wird, wer den Blick in die Zukunft wagt und dabei über den lokalen Tellerrand hinausschaut. Immer mit dem Ziel, neue Wege zu entdecken, um ein vereinendes Wertegerüst zu erzeugen und die globalen Probleme unserer Zeit zu lösen“, sagte der Präsident des Instituts für Weltwirtschaft, Prof. Dennis Snower, in seiner Eröffnungsrede. Treibende Kraft sei dabei immer eine neue Vision ethischer und moralischer Werte sowie sozialer Normen in der Gesellschaft. Michail Gorbatschow habe den Mut gehabt, diese Vision mit Glasnost („Offenheit“) und Perestroika („Umgestaltung“) in die Tat umzusetzen und damit die deutsche Wiedervereinigung und das Ende der Sowjetunion einzuleiten. Michail Gorbatschow erhält den Weltwirtschaftlichen Preis in der Kategorie Politik. Auch heute sollte man Gorbatschows mahnenden Worten zum Konflikt in der Ukraine Gehör schenken, es drohe ein neuer kalter, sogar heißer Krieg, so Snower. Beide Seiten, der Westen und Russland, müssten sich besser ineinander hineinversetzen, den Standpunkt des jeweils anderen erkennen und vor allem auch anerkennen. „Wir müssen ein genügend gemeinsames Wertegerüst finden, um zu kooperieren und unsere globalen Probleme zu lösen“, so Snower.
Den Mut haben für Werte einzustehen – dadurch hätten sich auch Jeffrey Immelt sowie das Ehepaar Kristine und Douglas Tompkins hervorgetan, alle drei werden als Unternehmer ausgezeichnet. Immelt, ein glühender Verfechter freier Märkte, sei überzeugt davon, dass der Staat in der Umweltpolitik die Initiative ergreifen müsse, um die Werte, auf die sich die Gesellschaft verständigt hat, auch gegenüber der Wirtschaft durchzusetzen. Zugleich habe Immelt Investitionen von General Electric in umweltfreundliche Technologien veranlasst – was sich auch ökonomisch als Erfolg herausstellen sollte.
Umgekehrt hätten Kristine und Douglas Tompkins mit ihrem Kampf für ein neues Wertegerüst, das Ökonomie und Ökologie miteinander vereine, gezeigt, dass private Initiative manchmal unerlässlich sei, um kollektive Werte gegen kurzfristige nationale Interessen zu verteidigen. Die beiden Textilunternehmer („The North Face“, „Esprit“, „Patagonia“) hätten gegen den Widerstand von konservativen Kräften und Interessengruppen, die die Ausbeutung der Regenwaldgebiete vorantreiben wollten, private Nationalparks in Patagonien geschaffen, um die einzigartige Natur dieser Region Südamerikas zu schützen.
Christopher Pissarides, der als Wirtschaftswissenschaftler ausgezeichnet wird, habe es zusammen mit seinen Kollegen und dem Begriff der Sucharbeitslosigkeit geschafft, den ökonomischen Mainstream zu verändern und den Wind, der über die Campusse der Welt wehte, zu drehen. „Jeder, der das schon mal versucht hat, weiß, was das für eine Leistung ist“, so Snower. Bis dahin habe es unter Ökonomen als unzweifelhaft gegolten, dass einzig die Höhe der Löhne für Arbeitslosigkeit verantwortlich sei. „Die Idee, dass Angebot und Nachfrage aufgrund des fehlenden Wissens voneinander nicht zusammenfinden, war völlig neu und hat die Ökonomie verändert“, so Snower. Damit habe Christopher Pissarides den Weg für neue Möglichkeiten des wirtschaftspolitischen Handelns bereitet – wie auch die anderen Preisträger den Weg für neue Werte und neue Lösungen bereitet hätten.
Prof. Dennis Snower, Ph.D., Präsident des Instituts für Weltwirtschaft:
„Mithilfe einer lösungsorientierten Herangehensweise globale Perspektiven zu finden – das ist das zentrale Anliegen des Weltwirtschaftlichen Preises. Ausgezeichnet wird, wer den Blick in die Zukunft wagt und dabei über den lokalen Tellerrand hinausschaut. Immer mit dem Ziel, neue Wege zu entdecken, um ein vereinendes Wertegerüst zu erzeugen und die globalen Probleme unserer Zeit zu lösen.“
Torsten Albig, Ministerpräsident des Landes Schleswig-Holstein:
„In seiner über 100-jährigen Geschichte hat das Institut für Weltwirtschaft Kiel und Schleswig-Holstein national und international profiliert. Der Weltwirtschaftliche Preis, heute zum elften Mal verliehen, ist inzwischen fester Bestandteil der Kieler Woche.
Alle Preisträger eint: Sie haben mit althergebrachten Konventionen gebrochen und sind neue Wege gegangen. Die Nominierung von Michail Gorbatschow erklärt sich da von selbst. Schließlich heißt Perestroika nichts anderes als Umbau oder Umgestaltung. Mitte der 80er eine mutige Politik, die die friedlichen Revolutionen in Mittel- und Osteuropa erst möglich gemacht hat.“
Dr. Ulf Kämpfer, Oberbürgermeister der Stadt Kiel:
„Die Verleihung des Weltwirtschaftlichen Preises ist eines der überragenden Ereignisse im Kieler-Woche-Programm. Sie hat sich schon längst als wichtige Plattform für den intellektuellen Dialog zwischen Wirtschaftswissenschaft, Politik, Unternehmen und Gesellschaft etabliert. Und sie zeigt die Bedeutung des Wirtschaftsstandortes Kiel, der mit dem Institut für Weltwirtschaft ein herausragendes ökonomisches Forschungszentrum beheimatet.
Die Verleihung des Weltwirtschaftlichen Preises leistet einen Beitrag zu Fragen von globaler Bedeutung. Die Preisträger dieses Jahres haben alle auf ihre ganz individuelle Art Antworten auf diese Fragen gegeben. Die Landeshauptstadt Kiel fühlt sich geehrt, diese Vordenkerinnen und Vordenker in unserer Stadt begrüßen zu dürfen.“
Klaus-Hinrich Vater, Präsident der IHK zu Kiel:
„Gegenseitige Inspiration, Wissenstransfer und gemeinsame Projekte der drei Partner Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung sind die Chance für unseren Standort. Daher freue ich mich, dass der Weltwirtschaftliche Preis eine Idee und ein Kind aus Schleswig-Holstein ist, denn Ideen verändern ja bekanntlich die Welt und Kinder sind unsere Zukunft.“
Aussender: Landeshauptstadt Kiel, Arne Ivers
Redaktion: TG / Hallo-Holstein