Gravierende Mängel bei der Luftsicherheit – Lücken in der Passagierkontrolle und der sicheren Lieferkette

Der Luftverkehr ist eine Wachstumsbranche. Der Flugzeughersteller Airbus geht davon aus, dass sich der globale Luftverkehr in den kommenden 15 Jahren verdoppeln wird. Mit diesem Wachstum einher geht nach Einschätzungen der Bundespolizei ein Vielfaches an zu kontrollierenden Passagieren und Gepäckstücken in einer immer kleiner werdenden Zeitspanne.

Wie der Behörden Spiegel in seiner am Freitag erscheinenden Ausgabe berichtet, bestehen im Rahmen der Sicherheitskontrollen an deutschen Flughäfen jedoch erhebliche Lücken. Diese existieren nicht nur bei der Passagierkontrolle, sondern auch bei der Warenüberprüfung.

So gelang es unserem Autor etwa, mit einer handgeschriebenen Bordkarte durch die Sicherheitskontrolle des Flughafens Frankfurt am Main in den Sicherheitsbereich zu gelangen. Hauptursache für die aktuellen Probleme ist nach Meinung von Experten vor allem die mangelhafte Ausbildung der Luftsicherheitsassistenten durch die privaten Firmen, die im Auftrag der Bundespolizei die Passagierkontrollen durchführen. In Frankfurt am Main bedient man sich dabei verschiedener Dienstleister, die sich die Kontrolltätigkeit in einigen Fällen sogar noch teilen. Zudem verlautete aus informierten Kreisen, dass die privaten Sicherheitsdienste niemanden einstellen würden, der nicht arbeitslos sei, da man ansonsten auf den vom Staat gezahlten Einarbeitungszuschuss verzichten müsse. Des Weiteren weist die Bundespolizei regelmäßig auf das Problem der sogenannten „Wannenrückführer“ hin. Dabei handelt es sich um Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirmen, die die Prüfung zum Luftsicherheitsassistenten nicht bestanden haben und aufgrund der fehlenden Beleihung eigentlich keine Passagierkontrollen durchführen dürfen. Da es jedoch oftmals an zertifizierten Luftsicherheitsassistenten mangele, würden diese mit einer gelben Warnweste ausgestatteten Personen in Spitzenzeiten, wie etwa im Ferienreiseverkehr, dennoch Reisende kontrollieren, kritisiert die Behörde. Eine weitere offene Flanke der Luftsicherheit in Deutschland ist die sogenannte „sichere Lieferkette“. Und auch bei der Kontrolle des Flughafenpersonals, für die der jeweilige Airport-Betreiber zuständig ist, konstatieren Fachleute gravierende Probleme.

Der komplette Bericht…

Im vergangenen Jahr nutzten nach Angaben des Bundesinnenministeriums (BMI) 208 Millionen Passagiere deutsche Flughäfen. Zudem wurden dort 2014 fast 4,5 Millionen Tonnen Luftfracht abgefertigt. Doch nicht zuletzt die aufgedeckten Schwächen in der Passagierkontrolle am Flughafen Frankfurt am Main haben wieder Zweifel an der perfekten Luftsicherheit in der Bundesrepublik aufkommen lassen.

Im Rahmen dieser Überprüfungen war es vier Prüfern der Europäischen Union (EU) sowie vier nationalen Kontrolleuren in jedem zweiten Fall gelungen, Waffen oder andere gefährliche Gegenstände an den Luftsicherheitsassistenten am größten deutschen Flughafen vorbei zu schmuggeln. Daraufhin drohte die Europäische Kommission damit, den Frankfurter Flughafen im Wiederholungsfalle als sogenannten „Non-Schengen-Airport“ einzustufen. Zwar ließ der Flughafenbetreiber Fraport anschließend 2.500 Mitarbeiter nachschulen, das BMI nannte die Ergebnisse der Inspektionen dennoch „alarmierend“.

Qualifizierungsproblem bei Mitarbeitern

Derartige Vorfälle könnten sich nach Prognosen des Flugzeugherstellers Airbus in Zukunft durchaus häufen, da es sich beim Luftverkehr um eine Wachstumsbranche handele. So geht das Unternehmen davon aus, dass sich der globale Luftverkehr in den kommenden 15 Jahren verdoppeln und die Anzahl der sogenannten Personenkilometer (RPK) jedes Jahr um etwa 4,7 Prozent zunehmen werde. 2033 würden demnach weltweit mehr als 14 Billionen RPK zurückgelegt. 2013 waren es zum Vergleich nur rund sechs Billionen. Mit diesem Wachstum einher gehe nach Einschätzungen der Bundespolizei ein Vielfaches an zu kontrollierenden Passagieren und Gepäckstücken in einer immer kleiner werdenden Zeitspanne. Hauptursache für die aktuellen Probleme ist nach Meinung von Experten jedoch vor allem die mangelhafte Ausbildung der Luftsicherheitsassistenten durch die privaten Firmen, die im Auftrag der Bundespolizei die Passagierkontrollen durchführen. In Frankfurt am Main bedient man sich dabei verschiedener Dienstleister, die sich die Kontrolltätigkeit in einigen Fällen sogar noch teilen. So kontrolliert die Fraport AG den Bereich A des Terminals eins, wohingegen der Bereich B des Gebäudes in der Zuständigkeit der einhundertprozentigen Fraport-Tochter Frasec sowie des Unternehmens I-Sec liegt. Frasec kontrolliert des Weiteren noch den Bereich C des Terminals eins, I-Sec übernimmt diese Aufgabe im Terminal zwei. Die Kontrollgeräte werden dabei – ebenso wie die Qualifikationskriterien für das Personal – vom Bund gestellt beziehungsweise vorgegeben. Dieser bedient sich dazu der Bundespolizei, die den Inhalten und Konzepten zur Schulung der Luftsicherheitsassistenten ihre Zustimmung erteilt und am Ende der Ausbildung die Prüfung abnimmt. Die Qualifikationsrichtlinien für Luftsicherheitsassistenten sind übrigens EU-weit identisch. So muss jeder private Sicherheitsanbieter seine Mitarbeiter mindestens 260 jeweils 45-minütige Unterrichtseinheiten absolvieren lassen, bevor er sie an der Passagierkontrolle an einem Flughafen einsetzen darf. Ungeachtet dessen besteht in diesem Bereich offenbar noch hohes Verbesserungspotenzial. So verlautete aus informierten Kreisen, dass die privaten Sicherheitsdienste niemanden einstellen würden, der nicht arbeitslos sei, da man ansonsten auf den vom Staat gezahlten Einarbeitungszuschuss verzichten müsse. Auch die Tatsache, dass an einigen deutschen Flughäfen neue Arbeitsgemeinschaften geplant sind, die das Ziel verfolgen, die Verantwortung für die Kontrollen am Flughafen von den Privatfirmen hin zur jeweiligen Betreibergesellschaft zu verlagern, bereitet Experten Sorgen. Zudem weist die Bundespolizei regelmäßig auf das Problem der sogenannten „Wannenrückführer“ hin. Dabei handelt es sich um Mitarbeiter der privaten Sicherheitsfirmen, die die Prüfung zum Luftsicherheitsassistenten nicht bestanden haben und aufgrund der fehlenden Beleihung eigentlich keine Passagierkontrollen durchführen dürfen. Da es jedoch oftmals an zertifizierten Luftsicherheitsassistenten mangele, würden diese mit einer gelben Warnweste ausgestatteten Personen in Spitzenzeiten, wie etwa im Ferienreiseverkehr, dennoch Reisende kontrollieren, kritisiert die Behörde.

Lückenhafte Personalüberprüfung

Aber nicht nur im Bereich der Passagierüberprüfung konstatieren Fachleute gravierende Probleme. Auch bei der Kontrolle des Flughafenpersonals, für die der jeweilige Airport-Betreiber zuständig ist, existieren anscheinend große Lücken. Zwar finden am größten deutschen Flughafen in Frankfurt am Main pro Tag etwa 27.500 Kontrollen von anderen Personen als Fluggästen statt. Auch durchläuft jeder Flughafenmitarbeiter einmal jährlich oder in größeren Abständen eine Sicherheitsüberprüfung durch die Landespolizei. Sofern diese ohne Beanstandungen absolviert wird, erhält der Betroffene einen Bedienstetenausweis, der ihm gegebenenfalls auch den Zugang zum Sicherheitsbereich erlaubt. Aus zuverlässigen Quellen verlautete jedoch, dass es in Frankfurt diesbezüglich bereits Probleme bei der Kontrolle vollverschleierter, muslimischer Putzkräfte gab. Hier war es dem Sicherheitspersonal offenbar nicht möglich, einen Abgleich zwischen der vor ihnen stehenden Person und dem Foto auf dem Lichtbildausweis vorzunehmen. Die Bundespolizei soll in diesem Zusammenhang bereits in der Vergangenheit vorgeschlagen haben, eine Muslima als Sicherheitskraft einzustellen, die in einem begründeten Verdachtsfall hinter einem Vorhang die Entfernung des Schleiers verlangen könnte. Bisher wurde diese Idee wohl jedoch noch nicht umgesetzt.

Einfallstor „sichere Lieferkette“

Eine weitere offene Flanke der Luftsicherheit in Deutschland ist die sogenannte „sichere Lieferkette“. Hierunter sind laut Auskunft des Luftfahrtbundesamtes (LBA) „alle Akteure und Maßnahmen zu verstehen, die mit dem Versand von Luftfracht unter Einhaltung der gesetzlichen Sicherheitsanforderungen in Verbindung stehen“ zu verstehen. Dazu gehören unter anderem „bekannte Versender“ und „reglementierte Beauftragte“. Bei Ersteren handelt es sich um Unternehmen, die Fracht für Flugzeuge oder Waren für den Duty-Free-Shop erstmals in den Verkehr bringen. Ende März gab es deutschlandweit 2.427 solche Betriebsstätten. Sie müssen ihre Waren dabei vor unbefugten Eingriffen schützen und ihre Angestellten entsprechend schulen, um eine Zulassung durch das LBA zu erhalten. „Reglementierte Beauftragte“ hingegen sind beispielsweise Spediteure, die entweder Röntgenkontrollen der Luftfracht vornehmen oder die Waren von einem „bekannten Versender“ übernehmen. Um eine behördliche Erlaubnis zu bekommen, sind auch hier Vor-Ort-Kontrollen aller Betriebsstätten vonnöten. In der gesamten Bundesrepublik existierten neuesten Zahlen zufolge 1.808 derartige Betriebsstandorte. Der Vorteil dieses Systems liegt für die Firmen insbesondere darin, dass die Verladung der Fracht oder die Lieferung in den Duty-Free-Shop ohne eine erneute Überprüfung der Ware am Flughafen stattfinden kann. Auch wird dort nur noch das anliefernde Personal kontrolliert. Allein in Frankfurt werden übrigens, wie die Fraport mitteilte, täglich mehrere Tausend Lieferungen in den Sicherheitsbereich vorgenommen. Genau hier liegt aber das Kernproblem: Wie aus Sicherheitskreisen zu erfahren war, „verplombt“ in Frankfurt nur ein

Anbieter die Waren mit einer straffen Kunststofffolie, die das Erkennen von Eingriffen möglich macht. Zahlreiche andere „sichere“ Lieferanten brächten ihre Waren hingegen in Kartons, Kisten oder ungeschützten Paletten in den Frankfurter Flughafen. Dort würden auch diese Güter, trotz des deutlich erhöhten Manipulationspotenzials, teilweise in den Sicherheitsbereich weitergebracht. Solche Systemlücken böten für Terroristen zahlreiche Möglichkeiten, Materialien zur Begehung von Anschlägen in diesen Beständen zu verstecken. Zu einem späteren Zeitpunkt könnten sie dann als „normaler“ Passagier die Sicherheitskontrolle passieren und schließlich im Duty-Free-Shop exakt die präparierte Ware erwerben, um damit ein Attentat zu begehen, warnen Experten (BS/Marco Feldmann/R. Uwe Proll).

Aussender: Behördenspiegel, R. Uwe Proll (V.i.S.d.P)
Redaktion: TG / Hallo-Holstein