Bundesdatenschutzbeauftragte: Krankenkassen dürfen Auskunfteien nicht nach Versicherten fragen

Hamburg – Gesetzliche Krankenkassen dürfen nach Auffassung der Bundesdatenschutzbeauftragten Andrea Voßhoff keine Auskünfte über Versicherte bei privaten Wirtschaftsauskunfteien und Adresshändlern einholen. Darauf weist Voßhoff in einem Mitte April an Krankenkassen verschickten Schreiben hin, das dem Radioprogramm NDR Info vorliegt.

Nach einer Erhebung der Bundesdatenschutzbeauftragten nutzt bisher „eine kleine Zahl“ von Krankenkassen die Dienste von Auskunfteien, um Informationen zur Zahlungsfähigkeit von freiwillig Versicherten oder deren Adresse zu ermitteln. Dies sei unzulässig und verletze das Sozialdatengeheimnis, so Voßhoff. Sie forderte die Kassen auf, die Praxis einzustellen.

Nach Recherchen von NDR Info arbeiten derzeit noch mindestens zwei große Betriebskrankenkassen mit Auskunfteien zusammen, die Deutsche BKK und die mhplus Krankenkasse. Bei beiden Kassen sind insgesamt 1,7 Millionen Menschen versichert. Die Deutsche BKK hat ihren Vertrag mit der Schufa nach eigenen Angaben nun fristgerecht gekündigt und will bis zum Eintritt der Kündigung keine Daten mehr abfragen. Die mhplus dagegen prüfe, ob eine Zusammenarbeit mit der Auskunftei Creditreform in engem Rahmen weiterhin möglich sei, so eine Sprecherin. Im Gegensatz zu Abfragen über Versicherte, so die Bundesdatenschutzbeauftragte in ihrem Schreiben, seien Auskünfte zu Daten von Arbeitgebern, die Beiträge schuldig blieben, zulässig.

Thomas Riemann vom Branchenverband der Wirtschaftsauskunfteien bezeichnete das Schreiben der Bundesdatenschutzbeauftragten als „geschäftsschädigend.“ Einige Krankenkassen hätten die Kooperation umgehend eingestellt: „Es fällt natürlich zunächst mal ein ganzer Teil von Auskünften weg, die wir sonst an die Krankenkassen erteilen. Und wir versuchen natürlich bei den Krankenkassen das Bewusstsein herzustellen, dass wir hier nichts Unerlaubtes tun.“ Das von der Bundesdatenschutzbeauftragten unterstellte Problem „existiert nicht“. „In dem Schreiben der Bundesbeauftragten hört es sich so an, als würde der gesamte Datensatz, der dort gespeichert ist, uns, also den Auskunfteien, übermittelt. Das ist natürlich nicht der Fall“, so Riemann.

Christine Richter vom BKK Dachverband sprach von einem „Dilemma“ für die Krankenkassen, die verpflichtet seien, ausstehende Beiträge von freiwillig Versicherten einzutreiben. Die Kassen würden regelmäßig von ihren Aufsichten geprüft: „Und dann steht im Prüfbericht: Diese Kasse hat noch Beitragsrückstände, die sie nicht eingetrieben hat. Das hört sich sehr nach Nachlässigkeit hat.“ Deshalb versuchten wenige Kassen auch über Auskunfteien Schuldnern habhaft zu werden.

Aussender: NDR Norddeutscher Rundfunk, Ralph Coleman
Redaktion: TG / Hallo-Holstein