Internationales Jahr des Bodens: Schleswig-Holstein will besseren Schutz von Böden

KIEL. Schleswig-Holsteins Umwelt- und Landwirtschaftsminister Robert Habeck will das Internationale Jahr des Bodens nutzen, um den Schutz der Böden in Schleswig-Holstein zu stärken. „Böden sind unverzichtbare und unvermehrbare Lebensgrundlage für uns alle, und sie sind enorm wichtige Klimaschützer.

Schleswig-Holstein hat eine Vielzahl von guten, ausgesprochen fruchtbaren Böden. Aber sie werden intensiv genutzt und sind so Belastungen ausgesetzt. Wir müssen das Augenmerk verstärkt auf den Schutz richten, um weiterhin fruchtbare Böden zu haben, durch die unser Grundwasser geschützt wird und auf denen gesunde Nahrungsmittel produziert werden können. Das ist im Interesse aller – der Landwirte, der Bürgerinnen und Bürger und von Umwelt und Natur“, sagte Habeck heute (27. April 2015) in Kiel.

Die Vereinten Nationen haben 2015 zum Internationalen Jahr des Bodens erklärt, um die grundlegende Bedeutung des weltweiten Schutzes der Böden für die Menschheit, für die Ernährungssicherung, die Armutsbekämpfung, die Sicherung der Ökosystemfunktionen und den Klimaschutz herauszustellen.

Böden sind einer Reihe von Belastungen ausgesetzt

In Schleswig-Holstein werden zwei Drittel des Landes landwirtschaftlich genutzt. Gesunde Böden und ein ausgeglichenes Klima bilden dabei die Grundlage für die Gunststandorte. Eine nicht standortangepasste Bewirtschaftung dagegen birgt Gefahren, die zu Bodenerosion, Verdichtung und Humusabbau führen können. Auch der Eintrag von Schadstoffen sowie der starke Flächenverbrauch sind Gefahren für die Böden.

„Wir wollen das Jahr des Bodens nutzen, um auf die verborgenen Schätze unter unseren Füßen aufmerksam zu machen und für einen nachhaltigen Umgang mit dem Boden zu werben“, sagte Habeck. Dazu organisieren das MELUR und weitere Partner eine Reihe von Veranstaltungen – von Fachseminaren über Aktionstage bis hin zu Exkursionen. Auftakt bildet eine durch Umweltminister Habeck moderierte Podiumsdiskussion zum kontrovers diskutierten Bodenatlas der Heinrich Böll Stiftung unter dem Titel „Schutz.Gut.Boden“ am 29. April im AudiMax der CAU, Abschluss ist eine Festveranstaltung in der Berliner Landesvertretung im Dezember (siehe auch Flyer im Anhang).

Neue Untersuchungsprogramme auf Schadstoffbelastungen

„Der Bodenschutz hat in unserer politischen und täglichen Arbeit einen hohen Stellenwert. Wir werden ihn aber auch den neuen Herausforderungen anpassen“, sagte Habeck. So legt das Land neue Untersuchungsprogramme für Schadstoffbelastungen in den Böden auf. „Bislang ist die flächenhafte Schadstoffbelastung in Schleswig-Holstein zum Glück gering. Aber es geraten immer wieder neue Stoffe, über die bisher zu wenig bekannt sind, in den Blick: Dazu gehört das vor allem radio-toxische Schwermetall Uran, das von Natur aus in unterschiedlichen Konzentrationen in Rohphosphaten enthalten ist und so durch Düngung auf die Felder gelangt. Auch auf Rückstände von Tierarzneimitteln und Antibiotika sowie die als krebserregend verdächtigten Per- und polyfluorierten Chemikalien (PFC) sollen die Böden in den kommenden Jahren untersucht werden.

Klimaschutz durch Gründlandschutz

Zu den Hauptproblemen für die landwirtschaftlich genutzten Böden gehört der Verlust von organischer Substanz (Humus) auf Moor- und Anmoorstandorten in Folge der oft intensiven Bodenbearbeitung, mehr aber noch durch die starke Entwässerung. Wird Dauergrünland auf solchen Standorten umgebrochen, verstärken sich die Effekte noch. „Durch Torfschwund sind in den letzten 70 bis 80 Jahren die Humusgehalte von tausenden Hektar Moorflächen abgebaut worden. Das schädigt unser Klima in besonderer Weise – so stammen rund 9,3 Prozent der gesamten Treibhausgasemissionen Schleswig-Holsteins aus der landwirtschaftlichen Moornutzung. Dies kann außerdem zu kaum kalkulierbaren Nährstoffausträgen in das Grundwasser führen“, sagte Habeck.

Neben einem intensiven Moorschutzprogramm hat die Landesregierung deshalb die Umwandlung von Dauergrünland in Ackerland auf Moor- und Anmoorstandorten über das Dauergrünlanderhaltungsgesetz verboten. „Wir werden das Gesetz wie vorgesehen evaluieren, aber im Grundsatz hat sich dieses Instrument sehr bewährt. Es ist ein echter Gewinn für den Bodenschutz. Auf der Umweltministerkonferenz werde ich mich dafür einsetzen, dass es auf Bundesebene eine einheitliche Rechtsgrundlage gibt: Es wäre angeraten, einen dauerhaften Grünlandschutz besonders wichtiger Böden bundesweit zu etablieren, da Bodenschutz und Klimaschutz nicht an Landesgrenzen Halt machen. Zudem soll der Erhalt von Humus als Ziel in das geplante Klimaschutzgesetz des Landes mit aufgenommen werden.“

Flächeninanspruchnahme: Jeden Tag gehen 3,2 Hektar Fläche verloren

Ein großes Problem ist nach wie vor die Inanspruchnahme neuer Flächen. „Täglich gehen 3,2 Hektar Fläche für Landwirtschaft und Natur in Schleswig-Holstein verloren, durch den Bau von Gewerbegebieten, neuen Wohngebieten, Straßen, Autobahnen und den Bau von Windrädern oder Stromleitungen verloren“, sagte Habeck. Sollte das Ziel der bundesweiten Nachhaltigkeitsstrategie erreicht werden, müsste der tägliche Verbrauch in Schleswig-Holstein auf 1,3 Hektar gesenkt werden – bundesweit wären es 30. „Davon sind wir weit entfernt. Hier gilt es, eine breite Debatte zu führen“, so der Minister weiter.

Um die Flächeninanspruchnahme bei Infrastrukturmaßnahmen besser zu steuern, hilft unter anderem die noch bis 2019 laufende landesweite Biotopkartierung. Bei Infrastrukturvorhaben in der freien Landschaft, etwa bei Straßen oder Schienentrassen werden solche als wertvoll erkannten Biotope, allemal wenn sie einem gesetzlichem Schutz unterliegen, nach Möglichkeit umgangen. „Darüber hinaus wollen wir die Entsiegelung im Land mit Hilfe der Kompensationspolitik und dem Einsatz von Kompensationsgeldern vorantreiben, zunächst in Form eines Pilotprojekts“, sagte Habeck.

Hintergrund

Der Verlust fruchtbarer Böden steht weltweit im Fokus. Böden sind die Grundlage für mehr als 90 Prozent der weltweit produzierten Nahrung. Die für die Bodendegradierung ursächlichen Bodengefahren wie Erosion, Humusverlust, Wüstenbildung (auch in Europa), Verdichtung, Kontamination, Flächenverbrauch, Versalzung und Versauerung sind global weit verbreitet und können zum endgültigen Verlust von Bodenfunktionen führen. Etwa 24 Prozent der globalen Landfläche und 18 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche sind von Degradationserscheinungen bedroht, und damit ist unmittelbar die Lebensgrundlage von 1,5 Milliarden Menschen gefährdet. Jährlich gehen weltweit allein mehr als 15 Millionen Hektar durch Erosion verloren, dies entspricht etwa der zehnfachen Größe Schleswig-Holsteins.

In Schleswig-Holstein gehören neben dem Humusverlust auch Erosion, Verdichtung und der starke Maisanbau zu den Problemen.

• Erosion:

Wie im gesamten norddeutschen Raum ist in Schleswig-Holstein vor allem die Winderosion von Bedeutung. Hiervon sind insbesondere unbedeckte leichte Sandböden auf strukturarmen und windoffenen Geeststandorten sowie entwässerte und ackerbaulich genutzte Niedermoorböden betroffen. Die Gefährdung durch Winderosion wird durch den Umbruch von Dauergrünland und den stark gestiegenen Anbau erosionsanfälliger Kulturen mit weiten Reihenabständen und später Jugendentwicklung wie Silomais sowie durch zunehmend ausgeprägte Frühsommertrockenheiten zusehends verstärkt. In Schleswig-Holstein sind rund 16 Prozent der landwirtschaftlich genutzten Böden potenziell hoch oder sehr hoch durch Winderosion gefährdet (Dauergrünland ist abzuziehen, genauer Anteil kann nicht erhoben werden).

• Verdichtung:

Durch Bodenverdichtung und Strukturschädigung gefährdet sind vorwiegend moorige und lehmig-schluffige Böden mit hoher Verformbarkeit bei Befahrung mit schwerem Gerät bei nassem Zustand (Marschen und Niederungen sowie stauwasserbeeinflusste lehmige Böden im Östlichen Hügelland). Insbesondere bei ackerbaulicher Nutzung und dann, wenn diese nicht standortgerecht und gemäß guter fachlicher Praxis erfolgt, werden der Oberboden und insbesondere auch der Unterboden teilweise dauerhaft verdichtet mit der Folge, dass die Erträge sinken.

Bei größeren Bauvorhaben wie der Verlegung von Erdkabeln für den Stromtransport und Gasleitungen über weite Strecken wird der Schutz vor irreversiblen mechanischen Bodenbelastungen bisher oftmals nur unzureichend berücksichtigt. Hier sind aber über Maßgaben in Planverfahren, Beratung und einen unterstützenden Leitfaden schon gute Fortschritte erzielt worden.

• Maisanbau:

Problematisch ist aus Sicht des Bodenschutzes weiterhin der hohe Anteil der Maisanbaufläche. Dieser ist, auch durch den dynamischen Zubau von Biogasanlagen, bis zum Jahr 2011 auf etwa 19 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche (ca. 194.000 Hektar) angestiegen. Erst in den Jahren 2012 bis 2014 konnte eine Stagnation bzw. ein leichter Rückgang der Maisanbaufläche verzeichnet werden. Die vorläufige Statistik geht für 2014 von 176.000 Hektar aus, dies entspricht knapp 18 Prozent der landwirtschaftlichen Nutzfläche.

Durch die Umwandlung von Dauergrünland und den gestiegenen Maisanbau nimmt in Schleswig-Holstein insbesondere die Gefahr von Bodenerosion vor allem durch Wind, aber auch durch Wasser, Bodenverdichtung und Strukturschäden, Abbau der organischen Substanz auf kohlenstoffreichen Böden, Degeneration von Moorböden und Nitratverlagerung ins Grundwasser zu.

• Schadstoffbelastung und Altlasten:

Die Schadstoffbelastung der Böden in Schleswig-Holstein ist in der Fläche insgesamt gesehen gering, auch im Vergleich zu anderen Bundesländern. Höhere Belastungen der Böden durch Schwermetalle und organische Schadstoffe sind in den ehemaligen und aktuellen Überflutungsgebieten der Elbe und ihrer Zuflüsse (Dioxine, dl-PCB), im Bereich der städtischen Ballungsräume und in der Nähe größerer Emittenten vorhanden.

Lokal gibt es aufgrund gewerblicher oder industrieller Vornutzung Altlasten und altlastverdächtige Flächen, bei denen Handlungsbedarf zur Abwehr von Gefahren insbesondere für die Menschen und das Grundwasser besteht. Derzeit ist davon auszugehen, dass in Schleswig-Holstein noch ca. 10.400 altlastverdächtige Flächen weiter untersucht und rund 360 festgestellte Altlasten saniert werden müssen. Die Gefahrenerforschung und -abwehr durch die zuständigen Behörden wird vom Land jährlich mit etwa1 Million Euro gefördert. Hinzu kommen EU-Mittel für das Flächenrecycling in Höhe von rund. 4,5 Millionen Euro für die Förderperiode 2014-2020.

Aussender: Ministerium für Energiewende, Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume
Kontakt: Nicola Kabel
Redaktion: TG / Hallo-Holstein