Die Bundesregierung hat heute den vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegten Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels beschlossen.
„Der Gesetzentwurf ist ein wichtiger Schritt zur besseren Bekämpfung des Menschenhandels. Kinder und Frauen werden in Zukunft besser vor Menschenhandel geschützt“, betonte Bundesminister Heiko Maas. „Künftig werden weitere Formen von Menschenhandel strafbar sein. Und zum Schutz von minderjährigen Opfern wird die Altersgrenze heraufgesetzt: In Zukunft ist eine Mindestfreiheitsstrafe von sechs Monaten auch dann vorgesehen, wenn das Opfer unter 18 Jahren alt ist – und nicht wie bisher unter 14 Jahren“, erläuterte Maas.
Hintergrund:
Der Gesetzentwurf setzt die Richtlinie 2011/36/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. April 2011 zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer um. Dazu sind folgende Maßnahmen erforderlich:
1. Erstreckung der §§ 232, 233 StGB auf den Menschenhandels zum Zwecke der Aus-nutzung von Betteltätigkeiten und strafbaren Handlungen (Artikel 2 Absatz 3 der Richtlinie)
2. Erweiterung des Qualifikationstatbestandes des § 233a Absatz 2 Nummer 1 StGB (Förderung des Menschenhandels) auf den Fall, dass das Opfer unter 18 Jahre alt ist (Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe a der Richtlinie)
3. Erweiterung des Qualifikationstatbestandes des § 233a Absatz 2 Nummer 2 StGB auf den Fall der grob fahrlässigen Gefährdung des Lebens des Opfers (Artikel 4 Absatz 2 Buchstabe c der Richtlinie)
Nicht zwingend erforderlich, aber zur Klarstellung sinnvoll ist die Erstreckung der §§ 232, 233 StGB auf den Menschenhandel zum Zweck der Organentnahme (Artikel 2 Absatz 3 der Richtlinie), der nach geltendem Recht weitgehend als Beihilfe zu Straftaten nach dem Transplantationsgesetz strafbar ist, einige praktisch relativ wenig relevante Fallgestaltungen (z. B. Haupttat gelangt noch nicht einmal in das Stadium des Versuchs) allerdings nicht umfasst. Zur Umsetzung der Richtlinie nicht erforderlich, aber aus systematischen Gründen sollen die Qualifikationstatbestände der §§ 232, 233 StGB um die oben aufgeführten Fallgestaltungen (Opfer ist unter 18 Jahre alt, grob fahrlässige Gefährdung des Lebens des Opfers) erweitert werden.
Der Gesetzentwurf sieht zudem vor, dass in § 233 Absatz 1 Satz 2 StGB eine Ergänzung um die Wörter „zum Zweck der Ausbeutung“ aufgenommen wird. Damit soll klargestellt werden, dass auch das Bringen einer Person unter einundzwanzig Jahren zur Aufnahme oder Fortsetzung von Betteltätigkeiten, zur Begehung mit Strafe bedrohter Handlungen oder dazu, sich ein Organ entnehmen zu lassen, nur dann unter den Tatbestand des § 233 StGB fällt, wenn es zum Zweck der Ausbeutung geschieht. Im Gegensatz zu § 233 Absatz 1 StGB enthält § 232 Absatz 1 StGB bereits im Hinblick auf die dort genannten sexuellen Handlungen eine vergleichbare Regelung. Den gegenwärtig in § 233 Absatz 1 StGB genannten Verhältnissen – Sklaverei, Leibeigenschaft, Schuldknechtschaft oder Beschäftigung zu Arbeitsbedingungen, die in einem auffälligen Missverhältnis zu den Arbeitsbedingungen anderer Arbeitnehmerinnen oder Arbeitnehmer mit gleicher bzw. vergleichbarer Tätigkeit stehen – ist das Ausbeutungsmoment bereits immanent.
Artikel 2 des Gesetzentwurfs sieht als Folgeänderung die Anpassung der Formulierung des Straftatenkatalogs in § 100c Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe g der Strafprozessordnung (StPO) (akustische Wohnraumüberwachung) an die zu erweiternden §§ 232, 233 StGB-E vor, soweit in § 100c StPO – wie schon bisher – besonders schwere Tatbegehungsformen (§ 232 Absatz 2 bis 4, § 233 Absatz 3 StGB) erfasst sind.
Der vorliegende Entwurf ist ein erster Schritt zur Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Regelungen zur Bekämpfung des Menschenhandels. Lösungen weiterer Problemstellungen, die im politischen, fachlichen und gesellschaftlichen Raum erörtert werden, sollen im weiteren Verfahren zusammen mit den vorliegenden Regelungen umgesetzt und verabschiedet werden. Dazu werden u.a. eine Neukonzeption der §§ 232 ff. des Strafgesetzbuchs und eine Überprüfung des Tatbestandes des Menschenhandels zum Zweck der Ausbeutung der Arbeitskraft sowie der Prostitution gehören. Dabei soll insbesondere das Ausnutzen von Opfern von Menschenhandel und von weiteren Personen in Zwangslagen zu sexuellen Handlungen unter Strafe gestellt werden.
Scharbeutz – 28.01.2015, 19:20 Uhr
Redaktion: Torben Gösch
Aussender: Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz