Berlin/Straßburg – Der NABU hat die Entscheidung der EU-Kommission zu ihrem Arbeitsprogramm für das Jahr 2015 scharf verurteilt. Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und sein oberster Vizepräsident Frans Timmermans haben sich mit ihrer Forderung durchgesetzt, das bereits weitgehend ausgearbeitete Gesetzespaket zur Kreislaufwirtschaft zunächst zurückzuziehen. Auch die Zukunft der Vorschläge zur Verbesserung der Luftqualität bleibt in der Kommissionsvorlage, die am heutigen Mittwoch von den Umweltministern der Mitgliedstaaten beraten werden muss, unklar.
„Mit diesem Vorschlag haben Juncker und Timmermans alle Befürchtungen der vergangenen Monate bestätigt und sich zugunsten einer kurzsichtigen Wachstumsideologie gegen Fortschritte zum Schutz der Umwelt, der Ressourcen und der Gesundheit der Bürgerinnen und Bürger der EU entschieden“, sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller.
Da die Entscheidung Junckers und Timmermans entgegen den Forderungen der Zivilgesellschaft, des Europäischen Parlamentes, der Umweltminister der Mitgliedstaaten, der Industrie und dem Vernehmen nach auch gegen das Votum ihrer Fachkommissare gefallen sei, lasse dies auch Junckers Versprechen im Europawahlkampf und bei seiner Zustimmung im Europäischen Parlament zweifeln. „Juncker hat im Wahlkampf mehr Demokratie und mehr Transparenz versprochen. Am 22. Oktober hat er dem Parlament zugesagt, für eine nachhaltige Entwicklung einzutreten und diese im Arbeitsauftrag für Timmermans verankert. Glaubwürdigkeit sieht anders aus“, so Miller.
Da beide Gesetzespakete weitgehend ausgereift sowie mit Parlament und Rat ausgehandelt seien, widerspreche die Entscheidung auch Zusagen der neuen EU-Kommission, Bürokratie abzubauen und Entscheidungsprozesse zu beschleunigen. „Das Gegenteil ist der Fall, wenn die Diskussion zur Kreislaufwirtschaft jetzt wieder auf Anfang gestellt wird“, so NABU-Europadirektor Claus Mayr in Brüssel. Timmermans hatte seine Entscheidung gestern vor dem Parlament in Straßburg damit verteidigt, er wolle im nächsten Jahr ein umfassenderes und ambitionierteres („broader and more ambitious“) Gesetzespaket vorlegen.
Auch die Ungewissheit der Zukunft des Paketes zur Luftqualität ist für den NABU nicht akzeptabel. „Mehr als 400.000 vorzeitige Todesfälle pro Jahr, wie von der Europäischen Umweltagentur geschätzt, sollten eigentlich genügend Anlass zu schnellem Handeln sein“, so Mayr.
Der NABU forderte Bundesumweltministerin Barbara Hendricks und ihre Kollegen aus den anderen Mitgliedstaaten auf, bei ihrer heutigen Sitzung die Vorschläge der EU-Kommission deutlich zurückzuweisen. „Wenn die Umweltminister und das Parlament Timmermans Kahlschlag nicht stoppen, wird dies das Vertrauen der Bürger in die EU tief erschüttern. Nach allen Umfragen genießt vor allem die Umweltpolitik der Europäischen Union eine hohe Wertschätzung der Bürgerinnen und Bürger“, so Miller.
Aussender: NABU-Pressestelle
Kontakt: Kathrin Klinkusch, Iris Barthel, Nele Rissmann
Redaktion: Torben Gösch