Das Bundeskabinett hat heute den Entwurf für ein Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und im öffentlichen Dienst beschlossen. Der von der Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend und von dem Bundesminister der Justiz und für Verbraucherschutz vorgelegte Gesetzentwurf hat das Ziel, den Anteil von Frauen in den Führungsgremien von Wirtschaft und Verwaltung wesentlich zu erhöhen. Nach jahrelangen Debatten, gescheiterten Versuchen der Selbstverpflichtungen und zahlreichen Appellen steht fest: Die Geschlechterquote (Frauenquote) kommt, so wie im Koalitionsvertrag vereinbart.
Die Einführung einer gesetzlichen Quote ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zu tatsächlicher Chancengleichheit von Frauen und Männern und wird zu einem Wandel in der Wirtschafts- und Arbeitswelt beitragen.
Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig:
„Dass wir heute im Kabinett den Gesetzentwurf verabschiedet haben, ist ein Meilenstein auf dem Weg zu mehr Gleichberechtigung. Seit 20 Jahren garantiert das Grundgesetz in Art. 3 die gleichberechtigte Teilhabe von Männern und Frauen. Sie ist aber nicht Lebensrealität. Jetzt machen wir ernst – und sorgen mit der Quote für mehr Chancengleichheit für Frauen und Männer.
Es war immer so, dass Frauen sich Gleichberechtigung hart erkämpfen mussten. Und das gilt auch noch heute. Dieses Gesetz wird einen Kulturwandel in der Arbeitswelt einleiten. Nur wenn es an der Spitze eines Unternehmens Gleichberechtigung gibt, wird das auch für den Rest der Mannschaft gelten. Sobald mehr Frauen in Führungspositionen Verantwortung übernehmen, werden gleiche Chancen in den Unternehmen insgesamt selbstverständlicher.
Ich bin überzeugt: Mit diesem Gesetz kommt ein Prozess in Gang, der Führungs- und Unternehmenskultur in unserem Land verändern wird.“
Bundesjustizminister Heiko Maas:
„Heute ist ein guter Tag, nicht nur für die Frauen, sondern auch für die deutsche Wirtschaft: Die Frauenquote kommt – so wie im Koalitionsvertrag vereinbart. Die letzten Zuckungen eines jahrelangen Kulturkampfes um die Quote sind ausgestanden.
Die Quote wird für mehr Chancengleichheit sorgen. Den Vorwand, es gäbe nicht genug qualifizierte Frauen, lassen wir nicht gelten. Denn: Noch nie waren so viele Frauen so gut ausgebildet wie heute. Deshalb bin ich sicher, dass am Ende kein einziger Sitz in den Aufsichtsräten frei bleiben wird.
Davon werden auch Deutschlands Unternehmen profitieren. Frauen sind mindestens ebenso gute Chefinnen wie Männer. Die Quote wird Strukturen aufbrechen und die Unternehmenskultur verbessern. Mehr Frauen in Führungspositionen werden andere Frauen nachziehen. Ich hoffe, dass die Quote nur als eine Starthilfe erforderlich ist und die Unternehmen sie schon bald nicht mehr brauchen.“
Der Gesetzentwurf sieht für den Bereich der Privatwirtschaft im Wesentlichen folgende Regelungen vor:
* Für Aufsichtsräte von Unternehmen, die börsennotiert sind und der paritätischen Mitbestimmung unterliegen, gilt künftig eine Geschlechterquote von 30 Prozent. Die Quotenregelung greift damit bei Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien mit in der Regel mehr als 2000 Arbeitnehmern sowie bei Europäischen Aktiengesellschaften (SE), bei denen sich das Aufsichts- oder Verwaltungsorgan aus derselben Zahl von Anteilseigner- und Arbeitnehmervertretern zusammensetzt. Insgesamt betroffen sind derzeit 108 Unternehmen.
* Sie müssen die Quote ab 2016 sukzessive für die dann neu zu besetzenden Aufsichtsratsposten beachten. Bei Nichterfüllung ist die quotenwidrige Wahl nichtig. Die für das unterrepräsentierte Geschlecht vorgesehenen Plätze bleiben rechtlich unbesetzt („leerer Stuhl“).
* Unternehmen, die entweder börsennotiert oder mitbestimmt sind, werden verpflichtet, Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Aufsichtsräten, Vorständen und obersten Management-Ebenen festzulegen. Über die Zielgrößen und deren Erreichung müssen sie öffentlich berichten. Der Kreis der betroffenen Unternehmen erfasst neben Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien auch GmbHs, eingetragene Genossenschaften und Versicherungsvereine auf Gegenseitigkeit mit in der Regel mehr als 500 Arbeitnehmern. In der Summe unterliegen etwa 3500 Unternehmen der Zielgrößenverpflichtung.
* Eine Mindestzielgröße ist nicht vorgesehen. Die Unternehmen können sie selbst setzen und sich an ihren Strukturen ausrichten. Dabei sind folgende Vorgaben zu beachten: Liegt der Frauenanteil in einer Führungsebene unter 30 Prozent, so dürfen die Zielgrößen nicht hinter dem tatsächlichen Status Quo zurückbleiben.
* Die in 2015 erstmals festzulegende Frist zur Erreichung der Zielgrößen darf nicht länger als zwei Jahre sein. Die folgenden Fristen dürfen nicht länger als fünf Jahre sein.
Für den öffentlichen Dienst enthält der Gesetzentwurf folgende Regelungen:
* Damit der Bund mit gutem Beispiel vorangeht, wird das Bundesgremienbesetzungsgesetz mit dem Ziel der paritätischen Vertretung von Frauen und Männern in Gremien novelliert, deren Mitglieder der Bund bestimmen kann. Für die Besetzung von Aufsichtsgremien, in denen dem Bund mindestens drei Sitze zustehen, gilt ab 2016 eine Geschlechterquote von mindestens 30 Prozent für alle Neubesetzungen dieser Sitze. Ab dem Jahr 2018 ist es Ziel, diesen Anteil auf 50 Prozent zu erhöhen. Für wesentliche Gremien, in die der Bund Mitglieder entsendet, gilt das gleiche Ziel.
* Zur Erhöhung des Frauenanteils an Führungspositionen im öffentlichen Dienst des Bundes sowie zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Berufstätigkeit wird zudem das Bundesgleichstellungsgesetz umfassend novelliert. Die Bundesverwaltung wird künftig insbesondere verpflichtet, sich für jede Führungsebene konkrete Zielvorgaben zur Erhöhung des Frauen- beziehungsweise Männeranteils zu setzen. Zielvorgaben und Maßnahmen sind im Gleichstellungsplan der jeweiligen Dienststelle darzustellen.
Aussender: Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend
Redaktion: Torben Gösch