Rochester (07.12.2014) Experten der University of Rochester Medical Center http://urmc.rochester.edu haben Mäuse erschaffen, deren Gehirne zur Hälfte menschlich sind. Ziel des Projektes war ein besseres Verständnis von Erkrankungen des menschlichen Gehirns durch die Arbeit mit den ganzen Organen der Tiere und nicht nur mit Proben. Die veränderten Tiere verfügen immer noch über Mäuseneuronen, die rund die Hälfte ihrer Gehirnzellen ausmachen. Die Gliazellen in ihren Gehirnen, die die Neuronen unterstützen, sind jedoch menschlich.
Vermehrung auf zwölf Mio. Stück
Laut dem leitenden Forscher Steve Goldman handelt es sich immer noch um Gehirne von Mäusen. „Alle nicht nicht-neuronalen Zellen sind jedoch menschlich.“ Die Wissenschaftler haben unreife Gliazellen aus gespendeten menschlichen Föten gewonnen. Sie wurden Jungtieren injiziert. Dort entwickelten sie sich zu Astrozyten, einer sternenförmigen Art von Gliazellen. Innerhalb eines Jahres wurden die Gliazellen der Mäuse vollständig von den menschlichen Zellen übernommen. Die 300.000 menschlichen Zellen, die jedes Tier erhalten hatte, vermehrten sich, bis zur Zahl von zwölf Mio. Stück.
Astrozyten sind für bewusstes Denken von Bedeutung, da sie helfen, die Verbindungen zwischen den Neuronen zu stärken. Ihre Ausläufer spielen bei der Koordination von elektrischen Signalen über die Synapsen eine Rolle. Menschliche Astrozyten sind zehn bis 20 Mal so groß wie die der Mäuse und verfügen über 100 Mal mehr Ausläufer. Das bedeutet, dass sie zu einer viel rascheren Koordination der neuronalen Signale fähig sind. Eine Reihe von Standardtests zu Gedächtnis und Wahrnehmung hat gezeigt, dass die Mäuse mit den menschlichen Astrozyten schlauer waren als ihre normalen Artgenossen.
Goldman hat bereits 2013 Studienergebnisse präsentiert, laut denen Mäuse mit menschlichen Gliazellen klüger sind. Die injizierten menschlichen Zellen waren jedoch bereits erwachsen und fügten sich daher nur in das Gehirn der Tiere ein. Bei der aktuellen Studie wurden Vorgänger dieser Zellen injiziert, die in der Lage sind, sich zu teilen und zu vermehren. Daher waren sie laut dem Wissenschaftler auch in der Lage, das Gehirn der Mäuse so vollständig zu übernehmen. Ihre Vermehrung endete erst, als die räumlichen Grenzen erreicht waren.
Studien mit MS-Patienten geplant
Für ein weiteres Experiment injizierte Goldman Jungtieren unreife menschliche Gliazellen, die nur wenig Myelin produzierten. Dieses Protein dient der Abschirmung von Nerven. In den Gehirnen der Mäuse reifte eine große Anzahl der Zellen zu Oligodendrozyten, die Myelin produzieren. Die Zellen erkannten den Mangel und versuchten, ihn auszugleichen. Das Wissen könnte zur Behandlung von Krankheiten eingesetzt werden, bei denen die Myelinschicht geschädigt ist. Eine Genehmigung dafür, Patienten mit Multipler Sklerose mit den Vorläufern der Gliazellen zu behandeln, steht noch aus. Studien sollen in 12 bis 15 Monaten beginnen.
Laut Goldman machen die zusätzlichen Zellen die Mäuse jedoch nicht menschlicher. „Diese Zellen verbessern nur die Effektivität des neuronalen Netzwerkes der Tiere. Es sind immer noch Mäuse.“ Aus ethischen Gründen verwarfen die Wissenschaftler die Idee, Affen menschliche Zellen zu verabreichen. Derzeit finden jedoch erste Tests mit Ratten statt. Die Forschungsergebnisse wurden im „Journal of Neuroscience“ http://jneurosci.org veröffentlicht.
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Kontakt: Michaela Monschein
Foto: pixelio.de/A. Schweppe-Rahe
Redaktion: Torben Gösch