Fondspleiten 2015: Deutsche Anleger ziehen die Notbremse

Göttingen – Eine Welle neuer Fondspleiten setzt deutsche Anleger unter Zugzwang. Allein 60 Prozent der im Boom stark nachgefragten Schiffsfonds sind bereits von Insolvenz oder Notverkauf bedroht. Damit steht ein Anlagevolumen von 4,8 Milliarden Euro auf dem Spiel.

Während Großbanken die Papiere bereits als „vergiftete Assets“ auslagern, entdecken erste private Anleger eine Notbremse: Der Widerruf wegen falscher Belehrung bei Vertragsschluss ermöglicht häufig den Ausstieg. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Marktbeobachtung der bankenunabhängigen Kapitalschutzvereinigung für den Mittelstand e.V.

 

Fondsplatzierende Vertriebsorganisationen arbeiten seit vielen Jahren in enger Abstimmung mit den Hausbanken privater Kunden. Diese gewährten interessierten Anlegern in großer Zahl Kredite zur Finanzierung steuerbegünstigter Kapitalanlagen – beispielsweise in Form von Schiffsfonds. Bei solchen Darlehen an private Anleger handelt es sich jedoch um Verbraucherkredite, für die das Gesetz besondere Schutzrechte kennt.

„Wie die Praxis zeigt, beinhalten diese Verbraucherkredite in der überwiegenden Zahl der Fälle rechtswidrige Widerrufsbelehrungen, die dem Anleger noch heute die Möglichkeit eröffnen, sich rückwirkend vom Darlehensvertrag zu trennen“, sagt Helmut-Joachim König, von der Kapitalschutzvereinigung für den Mittelstand e.V. „Sind Darlehensvertrag und Anlagegeschäft – also hier die Fondsbeteiligung – ein einheitliches Geschäft, wirkt sich der Widerruf auch auf die Fondsbeteiligung aus. Der Anleger wird bei fehlender oder falscher Belehrung so gestellt, als hätte er die Fondsbeteiligung nicht gezeichnet und den Kredit nicht aufgenommen“, so König.

Im Falle des wirksamen Widerrufs erhält der Anleger sämtliche Eigenkapital-und Kapitaldienst-Raten zurück. Damit führt der Widerruf einheitlicher Geschäfte im Nachhinein zur vollständigen Sanierung gescheiterter Kapitalanlagen. Einzige Voraussetzung für diese Notbremse: Der Anleger der finanzierenden Bank muss seine Kapitalbeteiligung im Ausgleich zum Widerruf an das Institut abtreten. Dies wird ihn aber nicht sonderlich schmerzen, da seine Fondsbeteiligung in den meisten Fällen ohnehin wertlos ist.

Der Druck auf die Renditen der Schiffsfonds nimmt unterdessen weiter zu. So verzeichneten die Seefrachtgebühren auf der verkehrsreichsten Handelsroute zwischen Asien und Europa im November einen historischen Preissturz.

Kapitalschutzvereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V.

Die Kapitalschutzvereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V. vertritt deutschlandweit Anlegerinteressen im Hinblick auf abgeschlossene Kapitalanlage-, Darlehens- und sonstige Finanzverträge. Der Verein hat sich zum Ziel gesetzt, bestehende Verträge bankenunabhängig zu überprüfen. Hierbei stellt der Verein fest, ob den Anlegern bisher unerkannte Ansprüche zustehen und diese Verträge rechtlich angegriffen werden können.

Aussender: Kapitalschutzvereinigung für die mittelständische Wirtschaft e.V.
Kontakt: Thöring Heer & Partner
Redaktion: Torben Gösch