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Kleine Fehler beim Lernen sind gut fürs Gedächtnis – Wer beim Raten knapp daneben liegt, baut sich langfristig Stützen auf

Toronto – Kleine Fehler beim Lernen können letztlich helfen, sich etwas zu merken – allerdings nur, wenn der falsche Tipp von der Idee her zur richtigen Lösung passt. Das hat eine aktuelle Studie von Baycrest Health Sciences http://baycrest.org ergeben. Dieses Lernen mit Versuch und Irrtum funktioniert nicht nur bei jungen Menschen gut, sondern ebenso bei Senioren. Letzteres widerspricht gängigen Lehrmeinungen und könnte daher Auswirkungen darauf haben, wie ältere Menschen ihr Gedächtnis trainieren.Foto: Rainer Sturm, pixelio.de

Die Forscher haben 65 jungen Erwachsenen (Altersschnitt 22) und 64 Senioren (Altersschnitt 72) beim Lernen mittels Versuch und Irrtum studiert. „Zufälliges Raten scheint der späteren Erinnerung an die richtige Antwort nicht zu helfen, aber knapp daneben liegende Rateversuche fungieren als Sprungbrett für das Abrufen der richtigen Information“, fasst Andrée-Ann Cyr, Doktorandin bei Baycrest und an der University of Toronto. Das gilt der Untersuchung zufolge für Erwachsene jeden Alters – aber mit der Einschränkung, das ein Tipp von der Bedeutung her und nicht nur lexikalisch-abstrakt zur richtigen Antwort passen muss.

 

Rosige Verbindungen

Für den Test wurden die Probanden gebeten Begriffe wie „Rose“ zu lernen, für die sie zunächst einen groben Oberbegriff („Blume“) oder aber den Wortstamm („Ro-„) kannten. In der Hälfte der Fälle haben die Testpersonen das gesuchte Wort direkt erfahren, sonst mussten sie es erraten. Bei einem späteren Gedächtnistest hat sich gezeigt, dass sich die Teilnehmer immer dann am besten an Begriffe erinnern, wenn sie diese über verwandte Begriffe erraten haben, wie beispielsweise den Blumen-Tipp „Tulpe“. Das Raten über den Wortstamm und völlig unpassende Begriffe („rope“, engl. Für Seil) dagegen hat die Gedächtnisleistung sogar verschlechtert.

Cyr und ihre Kollegen vermuten, dass das daran liegt, wie das Gehirn Informationen sortiert, nämlich nach konzeptioneller Verwandtschaft und nicht nach lexikalischer Nähe. Falsche Tipps dürften daher nur dann zur Stütze werden, wenn sie von der Idee her mit der richtigen Antwort etwas gemein haben – wie die Früchte „Birne“ und „Apfel“ oder eben die Blumen „Tulpe“ mit der „Rose“. Durch das Lernen mittels Versuch und Irrtum wiederum denkt man intensiver über die Information nach und stellt daher Verbindungen her, die dem Gedächtnis helfen. Das Raten über den lexikalischen Wortstamm dagegen schadet eher, weil es keine wirklich sinnvolle Verbindung gibt.

Raten hilft in jedem Alter

Den Baycrest-Forschern zufolge ist besonders beachtenswert, dass sich das Raten anhand der Begriffsgruppe für beide Altersgruppen bewährt hat. Demnach scheint das Altern sich nicht darauf auszuwirken, wie wir durch Versuch und Irrtum lernen. Deshalb könnten die Ergebnisse profunde Auswirkungen haben. „Sie stellen traditionelle Ansichten über die besten Methoden der Gedächtnis-Rehabilitation bei gesunden Senioren auf den Kopf“, betont Baycrest-Forscherin Nicole Anderson, Professorin für Psychologie und Psychiatrie an der University of Toronto. Vorherrschende Lehrmeinung ist nämlich, dass ältere Menschen das Lernen durch Versuch und Irrtum eher vermeiden sollten.

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Kontakt: Thomas Pichler
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Redaktion: Torben Gösch