Noch immer werden in vielen Ländern selbst psychisch Kranke hingerichtet

Internationaler Tag gegen die Todesstrafe: Amnesty fordert von Japan, Pakistan, den USA und anderen Staaten zumindest die Vollstreckung von Todesurteilen an geistig Behinderten und psychisch Kranken zu stoppen

BERLIN, 10.10.2014 – Noch immer vollstrecken verschiedene Staaten Todesurteile gegen Menschen mit geistigen oder psychischen Behinderungen und verstoßen damit gegen internationales Recht, kritisiert Amnesty International anlässlich des internationalen Tags gegen die Todesstrafe am 10. Oktober. Japan, Pakistan, die USA: Sie gehören zu den Staaten, in denen Amnesty International drohende oder erfolgte Hinrichtungen von Menschen mit geistigen oder psychischen Behinderungen dokumentiert hat. Wenn diese Staaten nicht endlich ihre Strafjustiz reformieren, droht noch vielen weiteren Menschen dieses Schicksal.

 

„Das Völkerrecht verbietet die Anwendung der Todesstrafe gegen geistig und psychisch behinderte Menschen. Es geht nicht darum, entsetzliche Verbrechen zu entschuldigen – es geht um die Art der Strafe, die zur Anwendung kommen darf», erklärt Oliver Hendrich, Vorstandssprecher von Amnesty International in Deutschland und Experte zur Todesstrafe. „Amnesty International ist unter allen Umständen gegen die Todesstrafe. Sie ist grausam, unmenschlich und erniedrigend. Aber von denjenigen Staaten, die sie noch immer anwenden, fordern wir bis zur Abschaffung zumindest die internationalen Standards einzuhalten. Dazu gehört das Verbot der Todesstrafe für bestimmte schutzbedürftige Gruppen.“

Zum diesjährigen internationalen Tag gegen die Todesstrafe weisen Amnesty International und die Weltkoalition gegen die Todesstrafe besonders auf das Thema Todesstrafe und geistige oder psychische Behinderung hin.

„Das internationale Recht legt unmissverständlich fest, dass Menschen mit geistigen und psychischen Behinderungen nicht zum Tod verurteilt werden dürfen. In vielen Fällen werden solche Behinderungen im Verlauf des Prozesses aber gar nicht identifiziert“, sagt Oliver Hendrich. „Staaten, die noch immer Todesurteile aussprechen und vollstrecken, müssen deshalb unbedingt eine unabhängige und genaue Untersuchung des geistigen und psychischen Zustands der Betroffenen sicherstellen.

Weiterhin fordern wir von alle Staaten, die noch immer an der Todesstrafe festhalten, einen sofortigen Hinrichtungsstopp als ersten Schritt zu einer vollständigen Abschaffung.“

Beispiele von Todesurteilen und Hinrichtungen von psychisch und geistig Behinderten

USA:

• In Florida wurde am 7. Januar 2014 Askari Abdullah Muhammad hingerichtet. Er war für schuldig befunden worden, 1980 einen Gefängnismord begangen zu haben. Muhammad hatte eine lange psychische Krankheitsgeschichte, einschließlich der Diagnose paranoide Schizophrenie.

• In Texas wurde am 9. April der Mexikaner Ramo Hernandez Llanas exekutiert – im Widerspruch zur texanischen Verfassung, denn in insgesamt sechs IQ-Tests im Lauf der vergangenen 10 Jahre war ihm eine erhebliche Intelligenzminderung attestiert worden.

• In Florida dokumentiert Amnesty International zwei weitere Fälle von Todeskandidaten – Frank Walls und Michael Zack –, die beide unter ernsthaften psychischen Traumata leiden.

Japan:

• Mehrere Häftlinge mit geistigen und psychischen Krankheiten sind bereits hingerichtet worden. Andere sitzen noch im Todestrakt.

• Der heute 78-jährige Hakamada Iwao schaut auf die weltweit längste Inhaftierung im Todestrakt zurück. Er war im Jahr 1968 nach einem unfairen Prozess wegen Mordes zum Tod verurteilt worden. Während der jahrzehntelangen Isolationshaft entwickelte er schwere geistige und psychische Probleme. Im März 2014 wurde er vorübergehend freigelassen, weil der Prozess neu aufgerollt werden sollte.

• Matusmoto Kenji sitzt wegen Mordes seit 1993 im Todestrakt und muss jeden Moment mit seiner Hinrichtung rechnen – er leidet unter einer geistigen Behinderung aufgrund einer Quecksilber-Vergiftung (Minamata-Krankheit) und hat im Lauf seiner Inhaftierung eine Geisteskrankheit entwickelt.

Pakistan:

• Mohammad Ashgar, ein britischer Staatsbürger bei dem eine paranoide Schizophrenie festgestellt worden war, wurde Anfang 2014 in Pakistan wegen Blasphemie zum Tod verurteilt.

Aussender: AMNESTY INTERNATIONAL Sektion der Bundesrepublik Deutschland e.V.
Redaktion: Torben Gösch