Berlin (DAV). Das Bundesverwaltungsgericht hat am 1. Oktober 2014 (AZ: 6 C 35.13) das Auskunftsrecht der Presse gestärkt. Der Deutsche Anwaltverein (DAV), der für das Verfahren eine finanzielle Unterstützungszusage gegenüber dem Kläger erklärt hatte, begrüßt das Urteil. Damit ist das Auskunftsersuchen der Presse, die Namen von Personen, die an einem Gerichtsverfahren mitgewirkt haben, zu erfahren, gestärkt.
Geklagt hatte der Redakteur der „Anwaltsnachrichten Ausländer- und Asylrecht“ der Arbeitsgemeinschaft Ausländer- und Asylrecht im Deutschen Anwaltverein (DAV). Ihm war vom Amtsgericht Nürtingen eine anonymisierte Kopie eines Urteils für eine Veröffentlichung überlassen worden. Geschwärzt waren die Namen der Berufsrichterin, der Schöffen, des Vertreters der Staatsanwaltschaft, des Verteidigers und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle. Auf Nachfrage wurde dem Kläger lediglich der Name der Berufsrichterin mitgeteilt. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat die Klage abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof in Mannheim hat dann das Land verpflichtet, dem Kläger als Pressevertreter auch die Namen der Schöffen zu geben, im Übrigen die Klage aber abgewiesen.
Ausgangspunkt dieses Urteils war eine Verurteilung eines schwer traumatisierten Kindes aus Afghanistan zu sechs Monaten Haft auf Bewährung. Einzig und allein, weil das Kind von Griechenland mit dem Flugzeug weiter nach Deutschland geflogen war. Dort zeigte es ein ihm von Schleppern übergebenes Reisedokument. Dieselbe Strafe hat neben dem Staatsanwalt auch der Verteidiger gefordert. Das Kind verbrachte die meiste Zeit in einer Klinik, wo es ruhigstellende Medikamente erhielt. Die Ausländerbehörde wies das Kind wegen der Verurteilung aus. Das zuständige Bundesamt erkannte dem Kind später einen Schutzstatus zu.
Das Bundesverwaltungsgericht hat nunmehr entschieden, dass auch die Namen des Staatsanwalts und des Verteidigers mitgeteilt werden müssen. Das Persönlichkeitsrecht dieser Personen stehe hinter dem grundrechtlich geschützten Auskunftsinteresse der Presse zurück. Sie stünden Kraft des ihnen übertragenen Amtes bzw. ihrer Stellung als Organ der Rechtspflege im Blickfeld der Öffentlichkeit. Ein berechtigtes Interesse, ihre Identität nicht gegenüber der Presse preiszugeben, sei angesichts der hohen Bedeutung des Grundsatzes der Öffentlichkeit für ein rechtstaatliches Gerichtsverfahren nur dann anzunehmen, wenn sie erhebliche Belästigung oder eine Gefährdung ihrer Sicherheit zu befürchten haben. Dies war hier jedoch nicht der Fall. Es könne nicht den staatlichen Stellen überlassen werden, darüber zu bestimmen, welche Information unter welchen Aspekten von Nöten sind, um ein bestimmtes Thema zum Zwecke einer möglichen Berichterstattung über Gerichtsverfahren im Recherchewege aufzubereiten. „Der Staat hat nicht in eine journalistische Relevanzprüfung einzutreten“, heißt es in dem Urteil.
Der Deutsche Anwaltverein hat das Verfahren unterstützt. Hierzu erklärt der Präsident des Deutschen Anwaltvereins, Rechtsanwalt Prof. Dr. Wolfgang Ewer: „Es gehört zur Demokratie, dass Beteiligte an Urteilen mit ihrem Namen zu ihrer Verantwortung stehen“.
Aussender: Deutscher Anwaltverein
Kontakt: RA Swen Walentowski
Redaktion: Torben Gösch
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