Umweltrecht muss beim Ausbau erneuerbarer Energien eingehalten werden – Naturschutz wird bei Windkraftstandorten vernachlässigt

Hamburg/Berlin – Der NABU fordert beim Ausbau der erneuerbaren Energien die strikte Einhaltung des geltenden Umweltrechts und appelliert dabei an alle Entscheidungsträger und Investoren, den Klimaschutz nicht auf Kosten von Arten und Lebensräumen voranzutreiben. Der NABU befürwortet den Ausbau der Windkraft sowohl an Land als auch auf dem Meer, weist jedoch auf gravierende Versäumnisse bei der Standortwahl und Realisierung einzelner Projekte hin.

„Mit Sorge betrachten wir, dass trotz aller Bekenntnisse der Branche wiederholt festzustellen ist, dass Naturschutzbelange konsequent ignoriert und auch höchst kritische Projekte realisiert werden. Ein gutes Beispiel dafür ist der Offshore-Windpark Butendiek, der alle Naturschutzvorgaben missachtet und nie hätte genehmigt werden dürfen“, sagte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller am heutigen Montag anlässlich der Eröffnung der internationalen Windenergie-Messe „WindEnergy“.

 

Seit Frühjahr 2014 führt der NABU ein Klageverfahren gegen den Bau und Betrieb des Offshore-Windparks Butendiek in der Nordsee westlich von Sylt. Schweinswale und streng geschützte Meeresvögel werden in den eigens für sie eingerichteten Schutzgebieten gefährdet oder aus ihnen vertrieben. Nach Meinung des NABU ist dies unvereinbar mit den Zielen der europäischen FFH- und Vogelschutzrichtlinie.

Besonders scharf kritisiert der NABU vor diesem Hintergrund den Branchenriesen, die wpd-Gruppe. „wpd steht nicht nur hinter dem naturschutzfachlichen Sündenfall Butendiek, sondern entwickelt auch an Land mit dem Windpark Jördenstorf in Mecklenburg-Vorpommern ein weiteres Projekt, das den Natur- und Artenschutz mit Füßen tritt“, so Miller. In unmittelbarer Nähe des Baugebiets brüten fünf Paare streng geschützter Schreiadler, und damit fünf Prozent der vom Aussterben bedrohten deutschen Population. wpd gefährdet damit den Lebensraum dieser seltenen Adlerart in Deutschland. Gegen die ohne Umweltverträglichkeitsprüfung erteilte Genehmigung für diesen Windpark hat der NABU Widerspruch eingelegt und erwartet nun die Rücknahme der Genehmigung.

Um Fehlinvestitionen, Verzögerungen und Rechtsstreitigkeiten bei der Realisierung von Windkraftanlagen an Land zu vermeiden, appelliert der NABU an alle Investoren, bereits bei der Standortwahl die fachlichen Empfehlungen zum Abstand von wichtigen Vogelvorkommen zu berücksichtigen. Diese hatte die Länderarbeitsgruppe der staatlichen Vogelschutzwarten bereits 2007 veröffentlicht, ihre Gültigkeit als fachliche Messlatte wurde von Gerichten vielfach bestätigt. „Derzeit liegt eine aufgrund neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse aktualisierte Version dieser Abstandsempfehlungen in den Schubladen der Vogelschutzwarten. Auf Druck der Windpark-Lobby konnte diese allerdings bisher nicht veröffentlicht werden. Wir warnen dringend davor, diese fachliche Grundlage zu verwässern. Vögel und unsere Natur dürfen nicht zu den Leidtragenden der Energiewende werden“, so Miller.

Um den Ausbau der Offshore-Windkraft entsprechend der 2002 vorgegebenen Strategie der Bundesregierung naturverträglich zu gestalten, hat sich nach NABU-Meinung durch die reduzierten Ausbauziele des Erneuerbare-Energien-Gesetzes eine Gelegenheit zur Nachsteuerung ergeben. „Wir brauchen dringend transparente ökologische Kriterien für eine vorrangige Standortentwicklung. Zusammen mit der Netzanbindung müssen Politik und Fachbehörden entscheiden, wo und wie viel Windkraft entstehen darf und welche Gebiete frei zu halten sind. Das kann nicht Aufgabe der Branche sein. Wir brauchen eine Ausbauobergrenze in Nord- und Ostsee“, so Miller.

Auf Initiative des NABU hat die Bundesregierung die Einrichtung eines „Kompetenzzentrums Naturschutz und Energiewende“ in die Koalitionsvereinbarung aufgenommen. Dieses Zentrum soll helfen, Fehlentwicklungen rechtzeitig zu vermeiden und bestehende Regelungen zu verbessern.

Mehr zur Klage des NABU gegen den Offshore-Windpark Butendiek: www.NABU.de/butendiek

Aussender: NABU-Pressestelle
Kontakt: Kathrin Klinkusch, Iris Barthel, Nele Rissmann
Redaktion: Torben Gösch