Hamburg – Prof. Fritz Vahrenholt, Alleinvorstand der Deutschen Wildtier Stiftung, in einer Stellungnahme zum Entwurf des Klimaschutzgesetzes des Landes Sachsen-Anhalt der Fraktion Bündnis90/Die GRÜNEN am Mittwoch im Umweltausschuss des Landtages Sachsen-Anhalt:
Auszug aus der Stellungnahme: Schutz der heimischen Natur…
Durch den Biogasboom werden mittlerweile 2,7 Millionen Hektar Mais angebaut , das sind nun schon 20 % unserer Ackerfläche und jedes Jahr kamen bislang 200 000 Hektar hinzu. Mit der Vermaisung der Landschaft verschwinden Feldhase und Rebhuhn, Feldlerche und Goldammer. Auch für die unzähligen Arten von Wildbienen und die arbeitssame Honigbiene sind monotone Maiswüsten ein Desaster. Das Flächenverhältnis von Brachen zu Maisflächen betrug in den 1990iger Jahren etwa 1:1 , heute liegt das Verhältnis bei 1:20. Der Leiter des Biosphärenreservats Schorfheide, Dr. Martin Flade, spricht von einem „Biodiversitäts-Desaster“ auf Grund “ der hektischen Klima-, Energie- und Agrarpolitik“. Flade: „Die Bestände der Agrarvögel reagierten dramatisch. Von den 30 häufigsten Arten gibt es gerade 4, die ihre Bestände noch halten können, alle übrigen nehmen spätestens seit 2007 ab“. Der Schreiadler, auch Pommernadler genannt, ist nur noch mit 108 Brutpaaren in Deutschland vertreten und ist seit dem letzten Jahr in Sachsen-Anhalt ausgestorben. Er findet immer weniger Nahrung im zurückgehenden Grünland und der offenen Flur. Die Wege zwischen Brutplätzen und Nahrungsarealen werden immer länger und diese werden nun auch noch zunehmend durch Windkraftanlagen zugestellt.
Nun nimmt auch noch die Windenergie die Fauna der Wälder in die Zange. Vornehmlich Länder mit grünen Ministern (Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Baden-Württemberg, Brandenburg, Hessen,) haben durch Winderlasse die Nutzung von Wäldern durch Windkraftanlagen freigegeben. Um alle 500 Meter eine Windkraftanlage im Wald zu platzieren, sind 6 Meter breite befestigte Schneisen in den Wald zu schlagen, um die 100 Tonnen schweren Turbinen transportieren und später warten zu können. Um jede Turbine muss ein 5 ha großes freies Feld geschaffen werden, um den Flügelkranz durch riesige Kräne hochzuhieven.
Schon heute findet man jährlich 200 000 tote Fledermäuse unter den Windkraftanlagen. Die klugen Tiere orten die Rotoren, fliegen durch sie hindurch und im Lee hinter der Anlage, in der der Luftdruck stark abnimmt, platzen den Fledermäusen die Lungen. Besonders betroffen sind der Große Abendsegler, die Breitflügelfledermaus, der kleine Abendsegler oder die Zweifarbfledermaus. Hier wäre schon viel geholfen, wenn in den Monaten, in denen Fledermäuse besonders aktiv sind und einige Arten aus Nordosteuropa auf ihrem Zug in wärmere Gefilde sind, in der Abenddämmerung die Windkraftanlagen abgeschaltet werden.
Das Fledermausweibchen bekommt nur ein bis zwei Junge pro Jahr, so dass der Bestandserhalt dieser nützlichen Insektenfresser durch einen weiteren unkontrollierten Zubau von Windkraftanlagen gefährdet ist. Und klar ist, dass eine Verdoppelung der Windkraftkapazität, wie von der Bundesregierung geplant, nur unter Einbezug naturnaher Flächen Deutschlands möglich ist.
Folgt man der Bewertung des Deutschen Rats für Vogelschutz DRV und des Dachverbandes Deutscher Avifaunisten DDA (2012) ist der Rotmilan in besonderer Gefahr. Nach einer Untersuchung der Staatlichen Vogelwarte Brandenburgs ist der Rotmilan-Bestand in diesem Lande mit 3200 Windkraftanlagen nicht mehr gesichert. In Brandenburg allein werden über 300 Rotmilane durch Windkraftanlagen getötet. Die Deutsche Wildtier Stiftung wird im Herbst diesen Jahres gutachterlich belegen, dass die Ausweitung der Windenergie auf den Wald und naturnahe Habitate eine Bedrohung für zahlreiche Tierarten bedeutet. Den Rotmilan, dessen weltweites Hauptverbreitungsgebiet Deutschland ist, im Bestand zu bedrohen, ist durch Nichts zu rechtfertigen. Die Energiewende fördert die Monokultur nicht nur beim Maisanbau für die Biogaserzeugung. Mit Raps zur Biodiesel- und Weizen zur Bioethanolerzeugung könnten 2020 ein Drittel der Ackerfläche für Biogas, Benzin oder Strom belegt sein.
Ob dies verantwortbar ist, Weizen zu Sprit zu verarbeiten in Anbetracht der Verknappung der Nahrungsmittel weltweit, und sogar Weizen zu importieren, um die Biospritziele zu erfüllen, soll an dieser Stelle nicht erörtert werden.
Auch weltweit stellt sich die Frage, ob wir es uns in Anbetracht einer wachsenden Weltbevölkerung leisten können, ganze Landstriche wie in den USA oder in Brasilien der Nahrungsmittelerzeugung zu entziehen und Soja, Mais und Zuckerrohr zu verbrennen.
Aussender: Deutsche Wildtier Stiftung
Ansprechpartner: Eva Goris
Redaktion: Torben Gösch