Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage – Wer bestimmt, wohin das Geld fließt?

Berlin (DAV). Wer bestimmt eigentlich bei einer Verfahrenseinstellung gegen Geldauflage, an wen wieviel Geld fließen soll? Diese Frage stellen sich viele nach der nun vermeldeten Zahlung durch Bernie Ecclestone. Denn von den 100 Millionen US Dollar Geldauflage (umgerechnet 75 Millionen Euro) muss Ecclestone 99 Millionen Dollar an die Bayerische Staatskasse und eine Million Dollar an die Deutsche Kinderhospizstiftung im sauerländischen Olpe zahlen.

Die zugrunde liegende Einstellungsvorschrift in der Strafprozessordnung (StPO) überlässt die Wahl dem Gericht. Allerdings sind für die Verfahrenseinstellung gegen Auflage nach Anklageerhebung die Zustimmung der Staatsanwaltschaft und des Angeschuldigten erforderlich.

 

In der einschlägigen Einstellungsvorschrift, § 153a StPO, ist in einem nicht abgeschlossenen Katalog aufgelistet, was als Auflagen und Weisungen insbesondere in Betracht kommt. Dazu zählt auch, „einen Geldbetrag zugunsten einer gemeinnützigen Einrichtung oder der Staatskasse zu zahlen“. Für die Höhe der Auflage berücksichtigen die Gerichte die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse des Angeschuldigten. Eine Obergrenze gibt es nicht. Die genauere Wahl, wer Geld-Empfänger sein soll, überlässt die Vorschrift dem unabhängigen Richter.

„Da Staatsanwaltschaft und der Angeklagte der Einstellung zustimmen müssen, ist die Frage, wieviel die Staatskasse und/oder eine gemeinnützige Einrichtung erhalten soll, in gewissem Rahmen auch Verhandlungssache“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Stefan König, Vorsitzender des Strafrechtsausschusses des DAV. Auch darauf, welche gemeinnützige Einrichtung im Einzelnen ausgewählt wird, können Staatsanwaltschaft und Angeklagter Einfluss zu nehmen versuchen. Letztlich entscheiden die Gerichte unabhängig. In Hamburg gibt es allerdings eine Besonderheit. Dort wird das Geld in vier Sammelfonds eingezahlt, die jeweils von einem Gremium kontrolliert werden.

Bernie Ecclestones Verfahren ist nach § 153a Abs. 2 StPO durch das Gericht nach Anklageerhebung eingestellt worden. Diese Verfahrenseinstellung hat vor allem vier Voraussetzungen: 1. Bei der Straftat muss es sich um ein Vergehen handeln, d.h. die gesetzliche Mindeststrafe muss unter einem Jahr liegen, 2. die Schwere der Schuld darf nicht entgegenstehen, 3. die Erfüllung der Auflagen und Weisungen muss geeignet sein, das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung zu beseitigen und 4. Staatsanwaltschaft und Angeschuldigter müssen der Einstellung einschließlich Auflage und Weisung sowie Erfüllungsfrist zustimmen.

Im Fall von Bernie Ecclestone hatte der Vorsitzende Richter am Landgericht München I Peter Noll laut Medienberichten erklärt: „Der zur Last liegende Vorwurf wurde in wesentlichen Teilen nicht erhärtet“. Die Staatsanwaltschaft soll der Einstellung mit Blick auf das hohe Alter Ecclestones, die lange Verfahrensdauer und andere mildernde Umstände zugestimmt haben. Die bisher einmalige Höhe der Geldauflage in Höhe von 100 Millionen Dollar entspricht einem Jahreseinkommen von Ecclestone, wie das Gericht ermittelt hat.

Die Einstellung des Verfahrens erfolgt zunächst vorläufig. Hat das Gericht das Verfahren vorläufig eingestellt, so ist es auch das Gericht, das die Erfüllung der Auflagen und Weisungen überprüft. Erfüllt der Angeklagte die Auflagen oder Weisungen nicht, muss das Verfahren fortgesetzt werden. Erfüllt er sie, wie im Fall Ecclestone, kann die Tat als Vergehen nicht mehr verfolgt werden. Nur wenn sich der Verdacht einer Straftat ergibt, die mit einer Mindeststrafe von einem Jahr bedroht ist (Verbrechen), kann das Verfahren wieder aufgenommen werden. Der Angeklagte gilt als nicht vorbestraft. Diese Verfahrenseinstellung ist etwas anderes als Vereinbarungen über das Strafmaß, der so genannte Deal. Im Jahr 2012 wurden 210 000 Verfahren gegen Geldauflage eingestellt.

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Redaktion: Torben Gösch