Bürgermeister Bernd Saxe hat heute den ersten Jahresabschluss der Hansestadt Lübeck nach kaufmännischen Regeln zum Stichtag 31. Dezember 2010 der Öffentlichkeit vorgestellt. Voraussetzung waren die Werte der Eröffnungsbilanz zum Stichtag 1. Januar 2010, um darauf aufbauend die kommunale Rechnungslegung des Jahres 2010 durchführen zu können, wie Saxe bei der Präsentation im Rathaus erläuterte.
Bei einem Bilanzvolumen von annähernd 1,4 Milliarden Euro weist die Bilanz des Jahres 2010 ein negatives Eigenkapital in Höhe von rund 22 Millionen Euro auf – Lübeck ist demnach bilanziell überschuldet. Der Bürgermeister: „Jetzt ist es offiziell. Das mit der Eröffnungsbilanz noch ausgewiesene, geringe Eigenkapital von rund 39 Mio. Euro ist aufgebraucht!“.
Die Vorlage des Jahresabschlusses 2010 erfolgt spät, doch die Verzögerung von 3 Jahren und 1 Monat hat Gründe: Die Anfangsschwierigkeiten des Arbeitens in der neuen Systematik, also der kaufmännischen Buchführung, die deutlich anders und umfangreicher als die frühere Kameralistik ist, haben zu den Zeitverzögerungen geführt. Der Lübecker Systemwechsel besteht aus deutlich mehr als den unumgänglichen Bestandteilen – dies insbesondere mit dem Ziel einer verbesserten Steuerung. Der Lübecker Systemwechsel beinhaltet:
• Einführung einer flächendeckenden Kosten- und Leistungsrechnung
• Wechsel der Buchhaltungssoftware
• Einführung einer zentralen Datenbank für Einzahler und Zahlungsempfänger
• Aufbau einer Anlagenbuchhaltung für eine sehr heterogene Struktur der zu verwaltenden Wirtschaftsgüter sowie
• Integration von bisher in anderen Systemen vorgehaltenen Informationen
Bis die neue Art zu arbeiten selbstverständlich geworden ist und Arbeitsrückstände aus der Anfangsphase vollständig abgebaut sind werden nach den Erfahrungen Externer ca. 10 Jahre vergangen sein.
Für das Jahr 2010 wurde mit einem Verlust von rund 109 Mio. Euro gerechnet – es sind am Ende 2010 jedoch „nur“ rund 41 Mio. Euro. Die Differenz von 68 Mio. Euro resultiert aus
• den um ca. 13 Mio. Euro reduzierten Aufwendungen
• der Verbesserung bei Zinserträgen und -aufwendungen von ca. 9 Mio. Euro
• den Verbesserungen bei den Erträgen aus Zuwendungen (19 Mio. Euro; darin als größter Betrag die Fehlbetragszuweisung von 10 Mio. Euro) und Steuern (5 Mio. Euro) von zusammen rund 24 Mio. Euro
• den Steigerungen der sonstigen Erträge (u. a. Konzessionsabgaben und Grundstücksverkäufe) um ca. 22 Mio. Euro.
Zusammen mit dem ersten doppischen Jahresabschluss legt die Hansestadt erstmals einen Lagebericht vor – dieser war für die Eröffnungsbilanz nach den gesetzlichen Regeln noch nicht gefordert. Mit dem doppischen Jahresabschluss und dem Lagebericht für das Wirtschaftsjahr 2010 ist nicht nur ein zweiter großer Meilenstein im Rahmen der Umstellung von der Kameralistik auf die DOPPIK erreicht, sondern es liegt auch erstmals in der Geschichte der Hansestadt Lübeck eine auf einem kaufmännischen Jahresergebnis basierende umfassende Analyse der Vermögens-, Schulden-, Ertrags- und Finanzlage vor.
Bei der Betrachtung des Jahresabschlusses des Jahres 2010 ist wichtig, dass nunmehr eine Vergleichbarkeit mit doppischen Jahresabschlüssen anderer Kommunen möglich, jedoch eine Vergleichbarkeit mit Jahresabschlüssen von Unternehmen der Privatwirtschaft nur eingeschränkt sachgerecht ist, weil für diese eine Vielzahl anderer Ansatz- und Bewertungsregeln gelten.
Wichtig ist auch, dass unverändert eine Besserung der wirtschaftlichen Situation Lübecks angestrebt werden muss. Die erwarteten Beiträge zu dieser Entwicklung müssen u. a. aus den eigenen Konsolidierungsanstrengungen sowie den Landes- und Bundesmitteln (u. a. aus dem Konsolidierungsfonds Schleswig-Holstein) erwirtschaftet werden.
Der vollständige Jahresabschluss mit seinen Bestandteilen Bilanz, Anhang, Ergebnisrechnung, Finanzrechnung sowie Lagebericht ist über das Internet unter www.bilanzen.luebeck.de abrufbar.
Aussender: Presseamt Lübeck
Hallo-Holstein.Redaktion: Torben Gösch