Frankfurt/Main – Tropische Bergregenwälder sind durch menschliche Übernutzung stark bedroht. Die Wiederaufforstung dauert lange. Nun hat ein bolivianisch-deutsches Forscherteam im Fachmagazin „Journal of Ecology“ aufgezeigt, dass Ameisen bei der Wiederherstellung von Waldbäumen in solchen degradierten Regionen eine wichtigere Funktion übernehmen, als man bisher annahm.
„Die meisten Baumsamen werden in den Tropen von Vögeln und Säugetieren ausgebreitet, aber wir konnten erstmals zeigen, dass auch unscheinbare Akteure wie Ameisen dabei eine große Rolle spielen“, so Studien-Co-Autor Matthias Schleuning vom LOEWE Biodiversität und Klima Forschungszentrum http://bik-f.de gegenüber pressetext. „Ameisen können die Renaturierung des Waldes in Gang setzen, indem sie Samen an für die Baumetablierung geeignete Orte verschleppen.“
Renaturierung der Inselwälder
Am bolivianischen Ostabhang der Anden finden sich in der von langgezogenen Tälern geprägten Landschaft nur noch Restbestände des ursprünglichen Bergregenwaldes. „Diese Region ist recht dicht besiedelt, daher wurde der Wald durch Brandrodung stark ausgedünnt. Die Menschen nutzen die Flächen zum Koka-Anbau oder für andere landwirtschaftliche Bebauung. Viele Flächen bleiben jedoch nach kurzer Zeit ungenutzt. Dadurch sind die Waldreste von einer offenen, weitgehend degradierten Kulturlandschaft umgeben.“
Die Biologen untersuchten nun, wie Ameisen zur Ausbreitung einer häufigen Waldbaumart (Clusia trochiformis) beitragen und testeten, ob diese Ökosystemfunktion die Wiederbesiedlung und Renaturierung der entwaldeten Gebiete fördert. „Unsere Untersuchungen zeigten deutlich, dass Ameisen den Samenfraß durch Nagetiere reduzieren und gleichzeitig den Keimungserfolg der Samen erhöhen“, erklärt Schleuning.
Ameisen fördern Wiederbewaldung
„Die Ameisen transportieren die anfallenden Samen recht schnell ab“, berichtet Studien-Leitautorin Silvia Gallegos. Der rote, fettreiche Samenmantel ist nämlich willkommene Nahrung für allerlei Tiere. 48 Stunden sowie einen Monat nach Anlegen der Depots suchten die Biologen in einem Radius von 2,5 Metern erneut nach den Samen und fanden mehr als 80 Prozent wieder.
„Bei den meisten Samen hatten die Ameisen den Samenmantel entfernt. Dadurch reduzierten sie die Gefahr eines Pilzbefalls und erhöhten damit die Wahrscheinlichkeit, dass die Samen keimten“, so der Forscher. „Zudem konnten wir feststellen, dass gerade in den degradierten Habitaten die abtransportierten Samen seltener gefressen wurden und häufiger keimten als die nicht bewegten Samen.“
Stark bedrohter Andenwald
„Die Wiederbewaldung der Bergregenwälder dauert sehr lange. Zudem gibt es sehr oft das Problem, dass statt der wichtigen Bäume Sträucher oder Farne gedeihen und das Wachstum der Bäume behindern“, erklärt der Biologe. „Unser Wissen können wir nutzen, um Clusia bei der Etablierung in den gerodeten Gebieten zu unterstützen und so die Renaturierung der entwaldeten Gebiete voranzutreiben“, meint Gallegos.
„Die Dienstleistung der Ameisen in den entwaldeten Gebieten lässt einen besseren und nachhaltigen Besiedlungserfolg erwarten. Damit werden mittelfristig wieder Lebensbedingungen für eine ganze Reihe anderer Tier-und Pflanzenarten des Ökosystems Bergregenwald geschaffen“, fügt Schleuning hinzu. „Angesichts einer wahrscheinlichen Zunahme von Trockenperioden in den Anden wird die Ökosystemfunktion der Ameisen für die Renaturierung von Bergregenwäldern in der Zukunft noch wichtiger werden“, meint der Forscher abschließend im pressetext-Interview.
Die Ameisengärtner in den bolivianischen Anden kann man im angefügten Video beobachten.
pressetext.redaktion
Ansprechpartner: Wolfgang Weitlaner