Frankfurt am Main – Die Chefvolkswirte der deutschen Banken gehen von einem leichten Wirtschaftswachstum in Europa 2014 und einem Ende des Investitionsrückstaus in Deutschland aus. Auch wenn es 2015 nochmal eine Konjunkturdelle geben könnte, stimmt der längerfristige Ausblick zuversichtlich. Die Emerging Markets werden sich weiter dynamisch entwickeln, auf dem Globus gibt es genügend Kapital für den deutschen Mittelstand. Keine andere Volkswirtschaft sei so gut aufgestellt für den künftigen Internationalisierungsprozess, so der Tenor am dritten Tag des Deutschen Eigenkapitalforums http://eigenkapitalforum.com in Frankfurt.
Jörg Zeuner, Chefvolkswirt der KfW Bankengruppe http://kfw.de , spricht von einer guten Lage am Arbeitsmarkt und einem moderaten Anstieg der Industrieproduktion. Er ist optimistisch für Europa, dass davon auch die deutsche Wirtschaft profitieren wird. Alle Kennzahlen deuten nach oben, wobei man aber zwischen großen und kleineren Unternehmen unterscheiden müsse. Letztere seien nicht so gut unterwegs. Hier fehle das Kapital und damit die Nachfrage nach Investitionen. Insgesamt habe die Krise dazu geführt, dass die Unternehmen ihre Eigenkapitalbasis gestärkt haben.
Positive Prognose für Binnennachfrage
Der Chefvolkswirt der LBBW http://lbbw.de , Uwe Burkert, nennt als Grund für die positive Prognose 2014 die Binnennachfrage und damit weniger den Export. Für 2015 gibt sich der Fachmann skeptischer, je nach Schwung, der da mitgenommen werden kann. Die Investitionsschwäche der vergangenen Jahre sei eine Folge der Eurokrise und der dadurch ausgelösten Unsicherheit. Da die Banken im Zuge der Regulierung nicht mehr so wie bisher agieren, haben sich Unternehmen auch zunehmend nach anderen Finanzierungsformen umgesehen.
Kurt Demmer, Chefvolkswirt der der IKB http://ikb.de , fasst die Entwicklung in Zahlen. Die klassische Bankfinanzierung habe in den vergangenen zehn Jahren abgenommen, bei großen Unternehmen im Schnitt von 20 auf 13 Prozent, bei kleineren Unternehmen von 33 auf 25 Prozent. Die Eigenkapitalquote ist im selben Zeitraum hoch über 20 Prozent gestiegen, bei großen Unternehmen sogar auf über 30 Prozent. Die Zahl der Insolvenzen sank dagegen von 40.000 im Jahr 2003 auf 32.000 im Jahr 2010. Die Unternehmen seien „strukturell besser und stabiler geworden“, so Demmer. Und sie sind „sehr solide finanziert“. Aber die Investitionstätigkeit habe darunter gelitten.
Investitionsschwäche drückt auf Konjunktur
„Sand im Getriebe“ sieht KfW-Volkswirt Zeuner vor allem bei den kleineren Mittelständlern, die im F&E-Bereich tätig sind. Da gäbe es Rückgänge, einen Rückfall der Eigenkapitalquote auf unter 20 Prozent und jedes zehnte Unternehmen kämpfe mit negativem Eigenkapital – und das trotz des gutes Wachstums seit 2011. Insgesamt ist er aber zuversichtlich, denn die Finanzierungsbedingungen seien so gut wie noch nie, das Umfeld für Planungssicherheit deutlich besser als in anderen europäischen Ländern. „Die Frage gilt jetzt nicht mehr den Finanzierungskonditionen, sondern den Finanzierungspartnern. Wer begleitet mich in die Finanzierung hinein? Und wie sieht der richtige Mix aus?“, ergänzt Burkert.
Kapitalbedarf ist jedenfalls vorhanden, aber nicht in Deutschland, sondern in Asien und in den USA, zeigt Burkert die Perspektiven auf. Auch IKB-Volkswirt Demmer sieht für die nächsten Jahre immense Potenziale in den Wachstumsmärkten Asien und Amerika, wenn Mittelstandsunternehmen ihre Vertriebs- und Service-Standorte zu Entwicklungs- und Produktionsstandorten ausbauen. Das wird großen Investitionsbedarf auslösen. Da werde sich dann zeigen, wie lieferfähig die Banken sind. Allerdings, stärker global unterwegs zu sein, bedeute auch „Größe zu haben“. Da müsse man sich dann gegebenenfalls auch mit anderen Unternehmen zusammenschließen, um durchzuhalten.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Dr. Wilfried Seywald