Bayreuth – Eine wirtschaftswissenschaftliche Studie zeigt: Wenn das geplante Abkommen zwischen der EU und den USA über die Beseitigung von Zöllen deutlich hinausgeht, ergeben sich daraus für beide Partner spürbare ökonomische Vorteile. Dabei sollte der Gefahr, dass die Liberalisierung des transatlantischen Handels einseitig zu Lasten von Schwellen- und Entwicklungsländern geht, möglichst frühzeitig entgegengewirkt werden.
Seit Juli diesen Jahres verhandeln die Europäische Union und die USA über ein Abkommen, das den wechselseitigen Handel liberalisieren soll. Prof. Dr. Mario Larch, der an der Universität Bayreuth den Lehrstuhl für Empirische Wirtschaftsforschung leitet, und Prof. Gabriel Felbermayr, PhD, vom ifo Institut in München, haben die wirtschaftlichen Folgen des geplanten Freihandels untersucht.
Zollfreiheit allein reicht nicht aus
Wie die beiden Ökonomen in einem Beitrag für die „Wirtschaftspolitischen Blätter“ hervorheben, ist eine transatlantische Freihandelszone nur dann mit spürbaren Vorteilen für die Bürger in der EU und in den USA verbunden, wenn sie nicht nur Importzölle, sondern auch so genannte „nicht-tarifäre Handelsbarrieren“ abbaut. Hierfür gibt es zahlreiche Möglichkeiten: Die für Waren und Dienstleistungen geltenden Standards beispielsweise können einander angenähert werden, so dass europäische Unternehmen leichter in die USA exportieren können – und umgekehrt. Zudem können bürokratische Hürden gesenkt und mengenmäßige Beschränkungen von Exporten aufgehoben werden.
Steigende Pro-Kopf-Einkommen der Bürger
Eine Umfrage bei Industrieverbänden hat gezeigt, dass vor allem mittelständische Unternehmen vom Abbau nicht-tarifärer Handelsbarrieren profitieren würden. Dem transatlantischen Handel stünde ein nachhaltiger Aufschwung bevor. Im EU-Durchschnitt ist eine Steigerung des realen Pro-Kopf-Einkommens von 5 Prozent möglich, wie die Modellrechnungen von Larch und Felbermayr zeigen. Dabei ergibt sich für Deutschland ein Gewinn von 4,7 Prozent. Ärmere EU-Länder würden hingegen überdurchschnittlich stark profitieren. Die USA können sogar mit einer Steigerung des Pro-Kopf-Einkommens um 13,4 Prozent rechnen.
Schwächerer innereuropäischer Handel
Der zu erwartende Anstieg des transatlantischen Handels schwächt allerdings den innereuropäischen Handel erheblich. „Die Schwächung der Handelsverflechtungen innerhalb von Europa ist der Preis dafür, dass die Freihandelszone ihre positiven Effekte auf den Wohlstand in den EU-Ländern voll entfalten kann“, meint Larch. „Weil insbesondere ärmere EU-Länder davon profitieren und sich dem Niveau reicherer EU-Nachbarn annähern können, dürfte der transatlantische Freihandel – trotz des schwächeren innereuropäischen Handels – auch positive Wirkungen auf den innereuropäischen Zusammenhalt haben.“
Plädoyer für eine Einbeziehung von Drittländern
Je stärker der transatlantische Handel wächst, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Länder in Südamerika, Asien und Afrika erhebliche Marktanteile in der EU und den USA verlieren. Die Folgen wären Wohlstandseinbußen, die diese Länder nicht durch einen verstärkten Handel untereinander ausgleichen könnten. „Eine derartige Entwicklung ist aber vermeidbar. Die transatlantische Freihandelszone sollte sich nicht gegenüber Drittländern abschotten, sondern auch ihnen gegenüber Zölle und nicht-tarifäre Handelsbarrieren schrittweise abbauen“, fordert Larch. „Eine entschlossene Multilateralisierung des Freihandels kann und sollte verhindern, dass die Liberalisierung des Handels zwischen den USA und der EU einseitig zu Lasten von Schwellen- und Entwicklungsländern geht.“
Christian Wißler M.A. – WissenschaftskommunikationPressestelle der Universität Bayreuth