London – Das Posten von Spam-Links auf Facebook ist zu einem einträglichen Geschäft geworden. Jährlich verdient die zwielichtige Branche damit rund 150 Mio. Euro, wie italienische IT-Experten herausgefunden haben. Das Team unter der Leitung von Andrea Stroppa und Carlo De Micheli haben hunderttausende Facebook-Postings analysiert und ihren Fokus auf das Identifizieren von Spam gelegt. Dem sozialen Medium sind diese Störenfriede ein gehöriger Dorn im Auge. Sie tragen nichts zu den Einnahmen des Konzerns bei und untergraben die Glaubwürdigkeit der dargebotenen Inhalte. Hinzu kommt, dass laut den geltenden AGB Links von Drittparteien ohne ausdrücklicher Zustimmung verboten sind.
Gekürzte URL als Indiz
Zuckerberg ist darum bemüht, sein Biotop so sauber wie möglich zu halten. Nicht zuletzt deswegen, weil man sich nicht die eigenen Kunden vergraulen will, die ihre Werbung auf Facebook schalten. Gegenüber dem Guardian erklärt ein Sprecher des Unternehmens: „Für uns hat es oberste Priorität, unsere User zu schützen. Wir haben eine Reihe automatisierter Systeme entwickelt, die potenziell schädliche Links identifizieren und ihre Weiterverbreitung stoppen.“ Zu diesem Maßnahmenpaket zählt auch der kürzlich vorgestellte Filter, der den Facebook News Feed von Spam entrümpeln und für mehr Qualität sorgen soll. Bei den ominösen Links handelt es sich meist um URLs, die mithilfe von Bitly oder Tinyurl gekürzt wurden und somit User vermutlich leichter draufklicken lassen. Der Vorteil an den gekürzten Adressen ist, dass Interessierte deren Verbreitung abfragen können.
Die Links führen zu Webseiten von Drittparteien. Diese wiederum profitieren von dadurch generiertem Traffic, der die Erlöse von Werbeanzeigen nach oben klettern lässt. Die Ausformungen sind freilich unterschiedlich. Neun Prozent der Spam-Links auf Facebook führen auf Seiten, die Werbung mittels AdSense schalten, dem Anzeigenprogramm von Google. Der Suchmaschinen-Riese und Facebook-Rivale verdient dadurch auch mit – ein weiterer Grund für Zuckerberg, den Spammern den Garaus zu machen. Es kann aber auch sein, dass der Link zu einem YouTube-Video führt, das so eingestellt ist, dass es beim Aufruf der Seite automatisch zu laufen beginnt. Der Clou: Das Video ist monetarisiert und mit Werbeanzeigen bestückt. Ergebnis: Der Rubel rollt – auch für Google.
Boston-Attentat missbraucht
In vielen Fällen gehen Spammer auf Facebook selbst in die Offensive und gründen eine Fanpage. Haben sie erst einmal genug „Gefällt mir“ eingeheimst und verfügen über eine größere Anhängerschaft, bieten sie anderen Spammern das Posten ihrer Links auf der Fanpage an – gegen Geld. Den Akteueren geht es dabei um den blanken Profit, wie unlängst eine zu diesem Zweck gegründete Gedenkseite für die Opfer des Bombenattentats in Boston gezeigt hat (pressetext berichtete: http://pte.com/news/20130424029 ).
Im Gespräch mit den italienischen Experten betont ein Spammer unterdessen, dass er mit seiner Tätigkeit das Social-Media-Netzwerk unterstütze. „Facebook sperrt uns deshalb nicht, da wir Content generieren. Jeden Tag poste ich lustigen und interessanten Content, der tausendfach geteilt und geliked wird.“ Ohne Fanpages würde Facebook ein leerer Raum sein sein. Laut Stroppa und De Micheli kostet ein Posting auf einer Fanpage mit 30.000 Fans umgerechnet knapp zehn Euro. Für ein Posting auf Seiten mit 100.000 Fans muss man schon tiefer in die Tasche greifen – es kostet 43 Euro.
Ähnlich ist es bei Fake-Accounts. Auch deren Preis wird von der Quantität bestimmt. Doch nicht nur Facebook hat damit Probleme. Auch der Kurznachrichtendienst Twitter kämpft gegen gefakte Accounts. 1.000 Follower kosten ungefähr einen Dollar, eine Mio. Follower kosten 1.000 Dollar, so die Schätzung. In den vergangenen Jahren ist dieser Schwarzmarkt im Web 2.0 für viele zu einer veritablen Einkommensquelle geworden.
Einen Screenshot von einem verbotenen Spam-Link auf Facebook finden Sie unter http://bit.ly/156DZjc .
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Sebastian Köberl
Facebook: beinahe alles lässt sich zu Geld machen (Foto: flickr/Franco Bouly)