Washington – Die tragischen Ereignisse rund um das Bombendrama von Boston und die letztendlich erfolgreiche Jagd nach den mutmaßlichen Tätern hat in den USA eine heftige Debatte um die Möglichkeiten moderner Videoüberwachungs- und Personenidentifizierungssysteme ausgelöst. Die bundespolizeiliche Ermittlungsbehörde FBI http://www.fbi.gov hat nun unter dem Titel „Next Generation Identification“ (NGI) ein Milliarden Dollar teures Programm initiiert, das die technologische Entwicklung von ausgeklügelten biometrischen Informationssystemen vorantreiben soll. Ziel ist eine neuartige Fahndungs-Software, die es ermöglicht, hochgeladenes Foto- oder Videomaterial von Verdächtigen in Windeseile mit einer Datenbank von Millionen Bildern abzugleichen.
„Die Mission des NGI-Programms ist es, terroristische und kriminelle Aktivitäten zu reduzieren, indem die Möglichkeiten der biometrischen Identifizierung deutlich verbessert und ausgeweitet werden“, heißt es auf der entsprechenden FBI-Webseite. Mithilfe der Initiative sollen letztendlich technische Lösungen gefunden werden, die heute bereits eingesetzte Hilfsmittel wie das Integrated Automated Fingerprint Identification System (IAFIS) längerfristig ersetzen können. Um Verdächtige möglichst rasch zu identifizieren, sollen aber auch völlig neue Funktionalitäten entwickelt werden. Wie diese genau aussehen könnten, bleibt aber im Dunkeln.
Iris-, Sprach- und Gesichtserkennung
Fest steht lediglich, dass die noch zu programmierenden Fahndungssysteme gleich mehrere biometrische Informationsdaten erfassen und auswerten können sollen. Konkret wird auf der FBI-Seite vor allem von Software gesprochen, die Iris-Scans sowie Sprach- und Gesichtserkennungsdaten verarbeiten kann. Um die ambitionierten Pläne umzusetzen, hat die US-Behörde bereits mehrere einschlägige Kooperationspartner an Land gezogen, die sich über teilweise mehrjährige Verträge in Millionenhöhe freuen dürfen. Genannt werden unter anderem die Rüstungskonzerne Lockheed Martin und BAE Systems, der IT-Riese IBM sowie der Beratungs- und Technologiedienstleister Accenture.
Laut Information des FBI wird das NGI-Programm keinesfalls vor dem nächsten Jahr voll operationsfähig sein. Ein erster Schritt besteht dabei aus der Zusammenstellung einer Datenbank mit Porträtfotos von insgesamt zwölf Mio. Personen. Die angestrebte Software, die im Wesentlichen einer stark verbesserten Facebook-Bildersuche gleichkommt, soll Strafverfolgungsbehörden dann erlauben, Foto- und Videomaterial von Verdächtigen direkt vom Tatort aus mit dem vorhandenen Datenbankbestand abzugleichen.
Zu wenig effizient
Dass das FBI gerade zum jetzigen Zeitpunkt Milliarden Dollar in die Hand nimmt, um die Effizienz von technischen Hilfsmitteln zur Verbrecherjagd zu verbessern, kommt natürlich nicht von ungefähr. So haben die jüngsten Bombenanschläge in Boston offensichtlich klar aufgezeigt, dass derartige Systeme im Ernstfall noch nicht den gewünschten, schnellen Erfolg versprechen. „Das Leistungsvermögen solcher Lösungen hängt sehr stark von der jeweiligen Bildqualität ab“, zitiert Businessweek aus einem internen FBI-Papier. Im Fall der Terrorattacken in Massachusetts sei das vorhandene Bildmaterial der Überwachungskameras etwa nur schwer zu verwerten gewesen, so die US-Behörde weiter.
pressetext.redaktionAnsprechpartner: Markus Steiner
Verbrecherjagd: FBI setzt auf Fahndungs-Software (Foto: fbi.gov)